Bundespräsident weiter unter Druck Staatsrechtler rät Wulff zur Selbstanzeige

Düsseldorf · Bundespräsident Christian Wulff gerät wegen seines umstrittenen Hauskredits von neuem in den Mittelpunkt kritischer Fragen und Ermahnungen. So riet der Verfassungsrechtler Jörg-Detlev Kühne dem Staatsoberhaupt und früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten (2003–2010), von sich aus den niedersächsischen Staatsgerichtshof als neutrale Instanz mit der politisch, möglicherweise auch juristisch heiklen Angelegenheit zu befassen.

Petra Diroll ist Wulffs neue Sprecherin
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Bundespräsident Christian Wulff gerät wegen seines umstrittenen Hauskredits von neuem in den Mittelpunkt kritischer Fragen und Ermahnungen. So riet der Verfassungsrechtler Jörg-Detlev Kühne dem Staatsoberhaupt und früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten (2003—2010), von sich aus den niedersächsischen Staatsgerichtshof als neutrale Instanz mit der politisch, möglicherweise auch juristisch heiklen Angelegenheit zu befassen.

Kühne sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", eine Selbstanzeige könne Selbstreinigungs-Charakter haben. Zur Debatte steht, ob Wulff als Regierungschef wegen der Kreditvergünstigung gegen das Ministergesetz des Landes verstoßen hat. Nach Artikel 40 der niedersächsischen Verfassung steht es ehemaligen Mitgliedern der Regierung offen, entsprechende Vorwürfe beim Staatsgerichtshof in Bückeburg prüfen zu lassen. Stefan Schostok, SPD-Fraktionschef in Hannover, forderte Auskünfte von der Landesregierung zu Wulff und drohte indirekt mit einem Untersuchungsausschuss, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats der baden-württembergischen BW-Bank verlangen unterdessen nähere Informationen über den zinsgünstigen Kredit, den Wulff zur Ablösung des 2008 von der Unternehmergattin Edith Geerkens erhaltenen Privatkredits bekommen hatte. BW-Bank-Aufsichtsrat Michael Kienzle (Grüne) forderte rasche Aufklärung über die Darlehens-Konditionen. Am 15. Dezember hatte Wulff verlauten lassen, der Privatkredit sei in einen Hypothekenkredit mit üblichem Zins umgewandelt worden. Demgegenüber gibt es Berichte, wonach die landeseigene BW-Bank bislang Zinsen berechnet hat, die um die Hälfte niedriger (zwischen 0,9 und 2,1 Prozent) als bei sonstigen Kreditkunden gewesen seien.

Die BW-Aufsichtsrätin Roswitha Blind (SPD) empörte sich darüber, dass Prominente überhaupt Sonderkonditionen erhalten. Ein Bankenfachmann nannte die Vorwürfe der fehlenden Einschaltung des Aufsichtsrates "Kokolores". Der Aufsichtsrat befasse sich nicht mit Häuslebauern. Eine andere Frage sei die nach dem gehörigen Fingerspitzengefühl des Vorstandes.

Nach Ansicht von Wolfgang Schuster (CDU), BW-Aufsichtsratschef und Stuttgarts OB, lag die Kreditvergabe in der "klaren operativen Verantwortung des Bankvorstands". Dennoch erwartet er, dass sich der Aufsichtsrats mit dem Thema befasst, sagte Schuster der "Welt". Der SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Claus Schmiedel, fordert als BW-Aufsichtsrat eine bankinterne Revision.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter plädierte dafür, dass Wulff, wenn er nicht zurücktrete, die Pension gekürzt wird.

(RP/pst/rm)
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