Frist der EU-Richtlinie abgelaufen Vorratsdatenspeicherung: Piraten loben Ministerin

Hamburg · Die kontroverse Debatte um die Haltung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) zur Vorratsdatenspeicherung hält unvermindert an. Von der Piratenpartei erhielt sie dafür jetzt Lob, während aus der CDU erneut harsche Kritik kam. Doch auch ihre eigene Partei dringt auf eine "konstruktive Lösung". Auch die SPD will, dass die Koalition ein schnelles Ergebnis findet.

Wer will was speichern und warum?
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Foto: ddp

Die anlasslose Speicherung von Daten verstößt nach Ansicht der Piratenpartei gegen das Grundgesetz und gegen die informationelle Selbstbestimmung. "Wir begrüßen, dass die Justizministerin der Europäischen Union die kalte Schulter bei der Vorratsdatenspeicherung zeigt. Bei dem Thema ist die Piratenpartei voll auf der Seite von Frau Leutheusser-Schnarrenberger", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Piraten, Bernd Schlömer, dem "Hamburger Abendblatt" (Mittwochausgabe).

Zudem führe das blinde Sammeln von Daten erwiesenermaßen nicht zu einem größeren Erfolg der Polizei bei der Verfolgung von Einzeltätern, so Schlömer. Das habe die Aufdeckung der Sauerlandgruppe und des Kölner Kofferbombers gezeigt. "Es geht auch ohne Vorratsdatenspeicherung," sagte Schlömer.

Frist abgelaufen

Die Verweigerungshaltung der Justizministerin dürfe nicht das letzte Wort sein, warnte Wolfgang Bosbach (CDU), der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, nach Fristauslauf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, "sonst droht ein echter Konflikt in der Koalition". Die Unions-Innenexperte sieht in einer befriedigenden Regelung ein Muss im Kampf gegen das Verbrecher und Terroristen. Der Fall der Zwickauer Rechtsterroristen zeige, "wie wichtig und unverzichtbar die Vorratsdatenspeicherung ist", sagte Bosbach der "Passauer neuen Presse".

Der CDU-Innenexperte nannte es "wirklich interessant, dass sich ausgerechnet eine Justizministerin weigert, europäisches Recht umzusetzen". Da die Frist dazu bereits abgelaufen sei, müsse Deutschland jetzt mit Strafzahlungen rechnen. "Frau Leutheusser-Schnarrenberger lenkt vom Thema ab, wenn sie darauf hinweist, dass die Richtlinie in Brüssel überarbeitet werden soll.
Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die überarbeitete Richtlinie noch strengere Vorgaben machen würde als das Bundesverfassungsgericht", sagte Bosbach.

Unter Druck

Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung gerät Leutheusser-Schnarrenberger auch unter Druck aus der eigenen Partei. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Innen und Recht der FDP-Bundestagsfraktion, Hartfrid Wolff, dringt auf eine konstruktive Lösung. "Wir bereiten eine vernünftige Kompromisslinie vor. Damit wir für den Fall, dass die EU ein Strafverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet, eine tragfähige rechtsstaatliche Lösung haben", sagte Wolff der Zeitung "Die Welt".

Gemeinsam mit Unions-Vizefraktionschef Günter Krings (CDU) lade er Innen- und Rechtsexperten der Koalition zu einem Treffen Ende Januar in Berlin ein, um beim Thema Vorratsdaten zu "konstruktiven Ergebnissen" zu kommen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, hat die Bundesregierung aufgefordert, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. "Ich würde der Bundesregierung wünschen, dass sie ihre Blockade überwindet", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Außerdem haben wir eine Verpflichtung gegenüber der EU. Ich bin deshalb für eine begrenzte Vorratsdatenspeicherung zur Gefahrenabwehr."

Die Frist der EU-Kommission, innerhalb derer Deutschland die Vorratsdatenspeicherung hätte einführen müssen, lief am Dienstag ab.
Die Kommission kann Deutschland jetzt vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen, was wiederum zu erheblichen Strafzahlungen führen dürfte.

(DAPD)
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