Neue Vorschläge in Klimadebatte Baumprämie, Flugverbot und Abwrackprämie für Ölheizungen

Bonn · Seit Tagen überschlagen sich Politiker mit Vorschlägen für mehr Klimaschutz. Von der Baumprämie über Fleischverzicht bis hin zu Abwrackprämien für Ölheizungen. Wir haben die verschiedenen Forderungen gesammelt.

 Teilnehmer an der «Fridays for Future» - Klimastreikdemo im April in Berlin.

Teilnehmer an der «Fridays for Future» - Klimastreikdemo im April in Berlin.

Foto: dpa/Paul Zinken

So plädierte die evangelische Theologin Margot Käßmann für einen bedachten Fleischkonsum. "Wir sehen doch, wie sehr die Fleischproduktion unsere Umwelt belastet", schrieb sie in der "Bild am Sonntag". Die Verbraucher müssten sehen, dass "billig" nicht das einzige Kriterium beim Einkauf sein könne, forderte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Als Kind habe es in ihrer Familie nur sonntags Fleisch gegeben. Es sei für sie völlig in Ordnung, wenn wieder gelte: "Fleisch ist wertvoll! Das gibt es am Sonntag und sonst nur zu ganz besonderen Gelegenheiten".

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte in einem Gastbeitrag der "Welt am Sonntag", sie unterstütze den Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), den Umweltschutz in der Verfassung zu verankern. Gemeinsam mit Unions-Fraktionsvize Andreas Jung schrieb sie: "Der Grundsatz der Nachhaltigkeit muss Grundregel allen politischen Handelns werden. Solche grundlegenden Prinzipien werden in Deutschland im Grundgesetz festgeschrieben." Zur Nachhaltigkeit gehöre die "Schwarze Null" als Beitrag zur Generationengerechtigkeit, aber auch die "grüne Null im Sinne von Klimaneutralität".

Dabei solle es aber auch Entlastungen für Bürger und Betriebe sowie klimafreundliche Anreize geben - etwa eine "Abwrackprämie" für Ölheizungen. "Das bestehende Gesamtgebäude aus Entgelten, Umlagen, Abgaben und Steuern im Energiesektor muss grundlegend umgebaut werden", schrieben Kramp-Karrenbauer und Jung in dem Beitrag. Bei der Reform solle es aber nicht um mehr Staatseinnahmen, sondern um einen besseren Klimaschutz gehen. "Wir haben nicht zu wenig Steuern, wir haben zu wenig Steuerung", heißt es in dem Gastbeitrag.

Durch die Reform soll der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zum zentralen Maßstab gemacht werden. Die Bereitschaft zur Einführung einer solchen CO2-Bepreisung auch im Verkehrsbereich oder oder bei Gebäuden gibt es in der Bundesregierung parteiübergreifend. Uneinigkeit besteht allerdings über den Weg dorthin.

Die Grünen haben den Vorstoß von Kramp-Karrenbauer für mehr Klimaschutz begrüßt, fordern jedoch mehr Mut zu neuen Schulden. "Besser spät als nie, wenn die Union nun bemerkt, dass wir die Infrastruktur unseres Landes auf Verschleiß fahren und Zukunftsinvestitionen vor allem für den Klimaschutz verschlafen haben", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion. "Seit Jahren wird über Dinge wie steuerliche Förderung der Gebäudesanierung und Abwrackprämien für Ölheizungen diskutiert. Passiert ist nichts oder das Gegenteil: Die Bundesregierung fördert sogar noch den Einbau neuer Ölheizungen", kritisierte er. "Um all das nachzuholen, was in den letzten Jahren an Investitionen für Klimaschutz, Bildung und Infrastruktur von der Bundesregierung versäumt wurde, braucht es jetzt einen Aufbruch", forderte Krischer. "In Zeiten, in denen der Staat sogar Geld mit der Kreditaufnahme verdient, braucht es eine Erweiterung der Schuldenbremse um eine Investitionsregel. Die soll Zukunftsinvestitionen vor allem in den Klimaschutz und die öffentliche Infrastruktur ausdrücklich möglich machen", sagte Krischer.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte in der "Bild" mit Blick auf einen bayerischen Vorstoß für ein nationales Verbot von Plastiktüten: "Mein Ministerium erarbeitet gerade die gesetzliche Regelung für ein Plastiktütenverbot."

Einen Ausgleich von Dienstflügen der Abgeordneten forderte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). "Der Bundestag sollte komplett klimaneutral werden und auch die notwendigen Flüge ausgleichen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sein Ministerium gehe voran und werde bis Ende des Jahres klimaneutral. Zuvor war bekannt geworden, dass Bundestagsabgeordnete 2018 deutlich größere Strecken mit dem Flugzeug zurückgelegt haben als 2017.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, forderte ebenfalls einen Ausgleich für Dienstflüge. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte dagegen, so werde das Grundproblem nicht behoben. "Wir brauchen attraktivere Alternativangebote zum Fliegen, zuverlässige und zügige Bahnverbindungen." Linken-Chefin Katja Kipping forderte in der "Bild", den Parlamentariern sollten künftig keine Inlandsflüge mehr von der Bundestagsverwaltung erstattet werden.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) plädierte unterdessen dafür, künftig an allen deutschen Botschaften "Klima-Attaches" einzusetzen. "Unsere äußere Sicherheit ist inzwischen durch den Klimawandel genauso bedroht wie durch Terror oder Aufrüstung", sagte er der "Bild". Die brennenden Wälder Sibiriens, die aufgetauten Permafrostböden oder das Abholzen des Regenwaldes in Brasilien gefährdeten "unsere Sicherheit mehr, als wir mit noch so großen Anstrengungen hier bei uns kompensieren können".

Laschet regte zudem eine "Baumprämie" an. "Wir müssen in großem Umfang aufforsten. Die, die das tun, sollten eine Anerkennung bekommen. So wie die, die sehr viel CO2 produzieren, einen Preis zahlen müssen, sollten die, die Wald aufforsten oder erhalten, dafür auch eine Baumprämie erhalten", so der Politiker.

(felt/kna)
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