Polit-Sommerpause endet Große Koalition muss sich Berg von Problemen stellen

Berlin · Für viele Bürger enden die Sommerferien. Und auch die Politik muss wieder ran. Für die Große Koalition könnte es allerdings ein schwieriger Herbst werden. Union und SPD haben viel Konfliktstoff angehäuft. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengestellt.

 Ein Blick auf das Plenum im Bundestag (Archivbild).

Ein Blick auf das Plenum im Bundestag (Archivbild).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dieser Woche ihre ersten öffentlichen Auftritte nach dem Urlaub absolviert, scheinen die großen Probleme noch weit weg. So ist sie am Dienstag dabei, wenn in Greifswald ein Schulneubau übergeben wird. Und im Stralsunder Ozeaneum stellt sie sich Fragen von Zeitungslesern. Doch der Kanzlerin und ihrer Koalition steht ein heißer Herbst bevor.

Union und SPD sind unter Druck, bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September drohen herbe Verluste. Die Sozialdemokraten sind bis auf Weiteres reichlich mit sich selbst und ihrer Suche nach einem neuen Vorsitzenden beschäftigt - die meisten bisherigen Bewerber wollen lieber früher als später raus aus der Koalition. Der Brexit, das abgekühlte Verhältnis zu den USA unter Donald Trump und neue Euro-Sorgen im Zeichen der italienischen Regierungskrise markieren internationale Unsicherheiten und der Konjunkturmotor stottert. Ein Blick auf einige Baustellen des Regierungsbündnisses zeigt reichlich Konfliktstoff:

KLIMASCHUTZ: Fliegen und Tanken teurer, Bahntickets dafür billiger, vor allem aber ein Preis für den Ausstoß von CO2 - kaum ein Thema treibt die Politik derzeit so um wie Maßnahmen gegen die Klimakrise. Am 20. September soll das Klimakabinett die Pläne der Bundesregierung beschließen. Am Sonntag ging nun auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in die Offensive: In einem gemeinsamen Gastbeitrag mit Unionsfraktionsvize Andreas Jung in der „Welt am Sonntag“ plädierte sie für eine klimapolitische Steuerreform, eine Abwrackprämie für Ölheizungen und die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung als Staatsziel ins Grundgesetz.

Die einzelnen Ministerien haben ihre Ideen für das Klimakabinett schon eingereicht, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet, was sich Deutschland wann wie leisten kann. So gut wie sicher scheint, dass der Ausstoß von Treibhausgasen teurer wird - das dürfte sich an der Tankstelle und beim Heizen auswirken. Das Geld sollen die Bürger an anderer Stelle zurückbekommen. Wie genau der CO2-Preis letztlich umgesetzt wird, ist allerdings noch hoch umstritten.

HAUSHALT 2020: Die schwarze Null steht, doch große Spielräume bietet der Haushalt von Olaf Scholz für das nächste Jahr nicht. Dabei sind noch nicht einmal die erwartbaren Ausgaben für mehr Klimaschutz berücksichtigt. Alle notwendigen Investitionen könnten gestemmt werden, hat Scholz versprochen - doch das dürfte ab September im Bundestag noch für Diskussionen sorgen. Müssen für den Klimaschutz neue Schulden gemacht werden? Die erste Lesung ist für den 10. bis 13. September, der erste Durchgang im Bundesrat für den 20. September geplant.

GRUNDRENTE: Wer 35 Jahre gearbeitet oder Rentenansprüche durch Kindererziehung erworben hat, aber trotzdem nur auf eine Minirente kommt, soll einen Aufschlag erhalten. Doch die Union stemmt sich vehement dagegen, dass die Grundrente auch dann ausgezahlt wird, wenn der Betroffene gar nicht bedürftig ist, etwa weil er mit einem Partner mit gutem Einkommen zusammenlebt. Auch im Koalitionsvertrag ist so eine Bedürftigkeitsprüfung vorgesehen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) pocht hingegen auf sein Modell ohne solch eine Prüfung, unter anderem um Bürokratie zu vermeiden.

MIETEN UND WOHNEN: Umstritten sind in der Bundesregierung mehrere geplante Erleichterungen für Mieter und Immobilienkäufer. So will Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) regeln, dass Vermieter bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse die zuviel gezahlte Miete auch rückwirkend zurückzahlen müssen. Außerdem soll beim Hauskauf derjenige den Makler bezahlen, der ihn auch beauftragt - also meist der Verkäufer und nicht wie bisher der Käufer. Ebenfalls geplant ist eine Reform der Mietspiegel, die zur Bestimmung zulässiger Mieterhöhungen herangezogen werden. Weil man sich in vielen Details noch nicht einig ist, setzen sich die zuständigen Minister gerade immer wieder zu Sonderrunden zusammen. Wenn sich der Wohngipfel am 21. September jährt, will man sichtbare Fortschritte haben.

PFLEGE: Um mehr dringend benötigte Pflegekräfte zu gewinnen, plant die GroKo eine ganze Palette von Maßnahmen. Unter anderem will sie eine bessere Bezahlung durchsetzen. Doch die Finanzierung der Kosten von bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr ist offen. Möglich wären höhere Beiträge, ein Staatszuschuss wie bei der Rente oder höhere Eigenanteile für Pflegebedürftige und Angehörige.

SICHERHEITSPOLITIK: Soll das auslaufende Mandat für den Bundeswehreinsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak verlängert werden? Die Union und Außenminister Heiko Maas (SPD) sehen dafür gute Gründe, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erteilte einer Verlängerung hingegen eine Absage. Eine Entscheidung steht auch über die Zukunft des Ende September endenden Rüstungsexportstopps nach Saudi-Arabien an - in der Union sind viele dagegen.

Doch stößt die Koalition keineswegs überall an ihre Grenzen. So hat Finanzminister Scholz nun einen Gesetzentwurf für die Teilabschaffung des Soli vorgelegt. Der Aufschlag auf die Einkommenssteuer soll ab dem Jahr 2021 für 90 Prozent der heutigen Soli-Zahler abgeschafft werden. Für weitere 6,5 Prozent soll die Abgabe zumindest teilweise wegfallen.

Geld vom Bund fließt absehbar für Schulen und Kitas: Mehr als zehn Milliarden Euro stellt der Bund in den kommenden Jahren zur Verfügung über das „Gute-Kita-Gesetz“ und den „Digitalpakt Schule“. Das Geld für die Kitas kann erst fließen, wenn mit jedem einzelnen Bundesland ein entsprechender Vertrag ausgehandelt ist. Das soll bis spätestens Ende des Jahres passiert sein. Gleichzeitig dürfte im Herbst ein erster Überblick vorliegen, wie eifrig die Schulen in Deutschland die Mittel aus dem „Digitalpakt Schule“ abrufen und einsetzen. Das Geld steht seit Mai bereit.

(felt/dpa)
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