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Merkel und Rice fordern Abzug Russlands Moskau unterzeichnet Waffenstillstand mit Georgien

Tiflis/New York (RPO). Nach der Unterzeichnung einer Waffenstillstandsvereinbarung für den Kaukasus durch Georgiens Präsident Michail Saakaschwili hat nun auch Russland das Schriftstück unterzeichnet. Sein Land werde das durch die EU vermittelte Abkommen genau umsetzen, sagte Russlands Staatschef Dmitri Medwedew am Freitag in einem Telefonat mit seinem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy.

Die Opfer des Krieges am Kaukasus
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Außenministerin Condoleezza Rice hatten zuvor Russlands Abzug aus Georgiens Kerngebiet gefordert. Im UN-Sicherheitsrat stockten die Verhandlungen über eine Resolution zu der Waffenruhe.

Russland hat am Mittag das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet und wird das Abkommen"gewissenhaft" einhalten, sagte Medwedew nach Angaben des Präsidialbüros in Paris bei seinem Telefonat mit Sarkozy. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow sicherte die Umsetzung des Waffenstillstands mit Georgien zu. Dies habe Lawrow in einem Telefonat mit Rice deutlich gemacht, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums.

Während Rices Besuch in Tiflis hatte der georgische Staatschef Saakaschwili das Waffenstillstandsabkommen mit Russland bereits unterzeichnet. Rice sagte, die "Integrität des georgischen Gebiets" müsse erhalten bleiben und forderte einen "sofortigen" Abzug der russischen Soldaten und paramilitärischen Gruppen aus Georgien. Tiflis und Moskau hatten Mitte der Woche im Grundsatz einem Sechs-Punkte-Plan zugestimmt. Dieser sieht vor, dass die georgischen Truppen sich in ihre vorherigen Stellungen zurückziehen und die russische Armee hinter die Grenzen "vor Ausbruch der Feindseligkeiten" zurückkehrt.

Ausgangspunkt für eine politische Lösung in Georgien müsse die territoriale Integrität Georgiens sein, sagte auch Merkel nach ihrem Treffen mit Medwedew am Freitag im Schwarzmeer-Ort Sotschi. Den russischen Militäreinsatz kritisierte sie als "unverhältnismäßig". Sie habe im Gespräch mit Medwedew darauf gedrungen, dass der Sechs-Punkte-Friedensplan schnell umgesetzt werde, sagte die Kanzlerin weiter. Keinesfalls könnten Friedenstruppen aufgestellt werden, die nicht von den Beteiligten akzeptiert werden.

Russland sei nicht gegen eine internationale Friedenstruppe im Kaukasus, sagte Medwedew. Aber die Abchasen und Osseten vertrauten nur den Russen und daher sehe Moskau sich als "Garant" der Sicherheit in der Kaukasus-Region. Es sei "unwahrscheinlich", dass diese Regionen wieder in den georgischen Staat eingegliedert werden könnten, sagte Medwedew.

US-Präsident George W. Bush übte deutliche Kritik an Moskau. "Schikane und Einschüchterung sind im 21. Jahrhundert keine akzeptablen Mittel der Außenpolitik", sagte er am Freitag.

Trotz der Einigung auf eine Waffenruhe rückte nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP ein Konvoi von zehn russischen Panzerfahrzeugen bis auf 40 Kilometer an Tiflis heran. Im Zentrum von Gori waren am Freitag hingegen keine russischen Soldaten zu sehen. Zahlreiche Panzerfahrzeuge der russischen Armee waren aber wenige Kilometer entfernt stationiert. Hunderte Menschen versammelten sich in Gori, um Hilfsgüter zu ergattern.

Verhandlungen

Die Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat über eine Resolution zum Waffenstillstand im Kaukasus gerieten offenbar wegen russischer Widerstände ins Stocken. Russland bestehe darauf, dass die Resolution keinerlei Verweis auf die territoriale Integrität Georgiens enthalten dürfe, hieß es am Freitag aus Verhandlungskreisen in New York. Laut einem westlichen Diplomaten zeichneten sich schwierige Verhandlungen ab.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon setzte für Samstag Gespräche mit den Botschaftern der USA, Russlands und Georgiens über den Konflikt im Kaukasus an. Anschließend werde Ban am Nachmittag eine Pressekonferenz abhalten, sagte ein UN-Vertreter am Freitag (Ortszeit) in New York. Der UN-Sicherheitsrat berät derzeit über eine Resolution, die den von der EU vermittelten Waffenstillstand formalisieren soll. Nach Angaben eines UN-Sprechers führte Ban diese Woche bereits ein Telefongespräch mit Saakaschwili, konnte den russischen Staatschef Dmitri Medwedew jedoch noch nicht erreichen.

Der Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag teilte mit, zu Georgiens Vorwurf, Russland habe Menschenrechtsverletzungen in den Regionen Abchasien und Südossetien begangen, fänden vom 8. bis 10. September öffentliche Anhörungen statt.

Nato-Beitritt

Vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkels (CDU) an diesem Sonntag in Georgiens Hauptstadt Tiflis haben sich mehrere führende deutsche Außenpolitiker gegen einen schnellen NATO-Beitritt Georgiens ausgesprochen. Der außenpolitische Sprecher der FDP, Werner Hoyer, sagte der "Bild"-Zeitung: "Es gibt keinen Grund, jetzt den NATO-Beitritt Georgiens zu forcieren. Die Bundesregierung sollte in dieser Frage bei ihrer vorsichtigen Haltung bleiben."

SPD-Außenexperte Gert Weisskirchen sagte der Zeitung: "Ein neues NATO-Mitglied muss vor der Aufnahme ins Bündnis frei von inneren Konflikten sein. Diese Regel gilt auch für Georgien." Auch der CSU-Außenexperte Karl-Theodor zu Guttenberg ist vorsichtig: "Ein Beitritt Georgiens zur NATO ist durch die Ereignisse der letzten Tage sicherlich nicht näher gerückt.

Kauder wirft Russland "massive Gewalt" vor

Eine unverhältnismäßige Reaktion hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) Russland im Kaukasus-Konflikt vorgeworfen. "Die massive Gewalt war nicht gerechtfertigt", sagte er der "Nordwest-Zeitung". Er warnte aber davor, reflexartig Kalte-Kriegs-Szenarien wieder aufleben zu lassen. "Wir müssen Russland klarmachen, dass Konflikte nicht militärisch zu lösen sind und wir es als Partner brauchen", sagte Kauder.

Von Georgien forderte er eine demokratische Verfassung, die Beachtung des Völkerrechts und die friedliche Lösung seiner regionalen Konflikte als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der NATO.

(afp2)
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