Machtkampf in Venezuela Bringt ein russisches Flugzeug die Goldreserven außer Landes?

Caracas · Angeblich sollen 20 Tonnen Gold zur Seite geschafft werden. Die Ankunft eines großen russischen Passagierflugzeugs in Venezuela hat für Spekulationen gesorgt. Die Opposition beschuldigte die Regierung, damit die Goldreserven ins Ausland schaffen zu wollen.

Der Oppositionsabgeordnete und ehemalige Zentralbankdirektor José Guerra sagte, er habe von Quellen in der Notenbank erfahren, dass das Flugzeug gechartert worden sei, um 20 Tonnen Gold zu transportieren. Die Boeing 777 mit Platz für 400 Passagiere gehört der russischen Nordwind Airlines und war am Montagabend eingetroffen. Auch am Mittwochmorgen war sie noch auf dem Flughafen Maiquetiá nahe der Hauptstadt Caracas zu sehen. „Dies muss sehr ernst genommen werden“, sagte Guerra in einer Rede vor Abgeordneten. „Diese Reserven gehören nicht Calixto Ortega, sie gehören Venezuela“, sagte er mit Blick auf den Zentralbankpräsidenten, einen engen Vertrauten von Präsident Nicolás Maduro. Maduros Regierung reagierte zunächst nicht. Ein Vertreter von Nordwind Airlines bestätigte die Ankunft des Flugzeugs, sagte aber nicht, wer es gechartert hat, was es befördert und wohin es fliegen soll.

Russland steht an der Spitze mehrerer Widersacher der USA, die Maduro zur Seite stehen, nachdem Washington den selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó anerkannt hat. Russland hat Maduro viel Geld geliehen und ihm Waffen geliefert. Der staatlich kontrollierte Ölkonzern Rosneft hat zudem in venezolanische Ölfelder investiert.

Das Nordwind-Flugzeug ist vermutlich zum ersten Mal nach Venezuela geflogen. Flugdaten zeigen, dass es gewöhnlich innerhalb Russlands und nach Südostasien fliegt.

Derweil spitzt sich der Machtkampf zwischen Präsident Nicolas Maduro und seinem Herausforderer Juan Guaido zu. Die Maduro verpflichteten Justizbehörden leiteten Ermittlungen gegen den selbst ernannten Gegenpräsidenten Guaido ein. Dieser kündigte eine Massenkundgebung gegen die sozialistische Regierung an. Die innenpolitische Krise vertieft auch die Kluft zwischen den USA und Russland. Während US-Präsident Donald Trump am Mittwoch mit Guaido telefonierte, dankte Maduro dem russischen Präsidenten Wladimir Putin für dessen Hilfe. Russlands Außenminister Sergej Lawrow brachte eine internationale Schlichtung ins Spiel. Sein deutscher Kollege Heiko Maas kündigte in Berlin an, am Donnerstag würden die EU-Außenminister das weitere Vorgehen gegenüber Venezuela beraten. Das Oberste Gericht Venezuelas ordnete ein Reiseverbot für Guaido an und sperrte dessen Bankkonten. Die Richter folgten damit einem Antrag des Generalstaatsanwalts, der die Maßnahmen gegen Guaido mit den "gewaltsamen Vorfällen" der vergangenen Tage begründet hatte. Dem 35 Jahre alten Oppositionsführer und Präsidenten des weitgehend entmachteten Parlaments droht damit eine Festnahme. Guaido hatte sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten ausgerufen und war sofort von den USA anerkannt worden. Mehrere europäische Staaten, darunter Deutschland, verlangen, dass bis spätestens Sonntag eine Neuwahl ausgerufen wird. Andernfalls wollen sie Guaido als Staatschef anerkennen. Maas sprach Maduro jede Legitimation für sein Amt ab. Guaido hat für das Wochenende zu einer Massenkundgebung aufgerufen, um den Druck auf Maduro zu verstärken. Die Opposition erkennt die Wiederwahl Maduros im Mai nicht an. Auch die USA, einige lateinamerikanische Länder und mehrere EU-Staaten werfen dem Sozialisten vor, seine Wahl habe nicht demokratischen Standards entsprochen. Trump und Guaido hätten in einem Telefonat einen regelmäßigen Austausch verabredet, sagte eine US-Regierungssprecherin. Trump habe seine Unterstützung für die Rückkehr Venezuelas zur Demokratie bekräftigt.

"Die Präsidentenwahl in Venezuela hat stattgefunden, und wenn die Imperialisten eine neue Wahl wollen, dann müssen sie bis 2025 warten", sagte Maduro der russischen Nachrichtenagentur RIA mit Blick auf den nächsten regulären Wahltermin. Dagegen zeigte er sich offen für eine vorgezogene Parlamentswahl. In der Nationalversammlung halten derzeit Regierungsgegner unter Führung Guaidos eine deutliche Mehrheit. Maduro setzte jedoch 2017 die Einrichtung einer ihm ergebenen Verfassungsgebenden Versammlung durch, die über dem Parlament steht. Der russische Außenminister nahm das Angebot Maduros auf, den innenpolitischen Streit durch ausländische Mediatoren schlichten zu lassen. Man sei darüber in Verhandlungen mit China, lateinamerikanischen und europäischen Staaten, sagte Lawrow. Er rief die venezolanische Opposition auf, Ultimaten fallenzulassen und sich einem Dialog zu öffnen. In den Reihen der Oppositionellen ist die Bereitschaft dafür angesichts früherer gescheiterter Vermittlungen, darunter auch eine unter Schirmherrschaft des Vatikans, gering.

Maduro dankte Putin für seine Hilfe und erhob schwere Vorwürfe gegen den US-Präsidenten. "Donald Trump hat ohne jeden Zweifel den Befehl gegeben, mich zu töten", sagte er RIA. Demnach solle die Regierung in Kolumbien und die Mafia in dem Land ihn ermorden.

(felt/dpa/Reu)
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