„Zehn Gebote der Zuwanderung“ in Niederösterreich Dankbarkeit zeigen mit einem Stück Sachertorte?

Meinung | Düsseldorf · In Niederösterreich hat der zuständige Integrationsminister einen kuriosen Vorschlag gemacht. Asylbewerber sollen gemäß „Zehn Geboten der Zuwanderung“ leben. Wie soll das aussehen, fragt unsere Autorin.

Das sind die „Zehn Gebote“ aus Niederösterreich
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Das sind die „Zehn Gebote“ aus Niederösterreich

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Foto: dpa/Carsten Rehder

Manchmal fragt man sich, ob Politiker eigentlich wissen, was für einen Unsinn sie verbreiten. Gottfried Waldhäusl, der in Niederösterreich für Asyl und Integration zuständige Landesminister, will jedem Asylbewerber ein Dokument zum Unterschreiben vorlegen, das dem Namen nach einen bemerkenswerten Anspruch hat: die „Zehn Gebote der Zuwanderung“.

Gegen eine klar verständliche Auflistung der Regeln, an die sich Menschen in Österreich zu halten haben, ist nichts einzuwenden. Und so haben einige „Gebote“ des Dokuments durchaus ihre Berechtigung: etwa die Aufforderung, die im Land geltende Religionsfreiheit zu achten oder darauf aufmerksam zu machen, dass es ein Tierschutzgesetz gibt, das es einzuhalten gilt.

Schwieriger wird es schon bei der Vorgabe, das eigene Verhalten und die Erziehung der Kinder an „österreichischen Werten“ zu orientieren, stellt sich doch sofort die Frage, was genau die „österreichischen Werte“ sind. Das schönste Exemplar ist allerdings das zehnte Gebot – eine Aufforderung von formvollendeter Absurdität: „Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben.“

Der Satz vereint, was unvereinbar ist: „Du sollst“ und „Dankbarkeit“. Dankbarkeit, das kann man nicht empfinden, weil man es soll. Genauso wenig wie man Sebastian Kurz sympathisch oder Klachelsuppe lecker finden kann, nur weil man soll. Dankbarkeit ist ein Gefühl, entweder man empfindet es, oder nicht.

Womöglich ist den Autoren der Gebote genau das aufgefallen, weswegen sie nicht das Empfinden, sondern das Leben von Dankbarkeit vorschreiben. Das macht die Sache aber überhaupt nicht einfacher, muss man sich doch fragen, wie man Dankbarkeit eigentlich lebt. Einmal im Monat in die Einwanderungsbehörde gehen und sich bei seinem Sachbearbeiter für den positiven Asylbescheid bedanken? Mit einem Stück Sachertorte?

Nein, diese Gebote haben nichts mit dem Anspruch zu tun, Menschen zu integrieren. Sie sind reine Symbolpolitik, die nur innenpolitische Profilierung zum Ziel hat. Vielleicht sollte man über zehn Gebote für Menschen nachdenken, die in die Politik wollen. Erstes Gebot: Du sollst anständige Politik machen.

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