Nach Missbrauchsvorwürfen Vatikan verhängte Disziplinarmaßnahmen gegen Friedensnobelpreisträger

Rom · Ende der 90er Jahre war Carlos Ximenes Belo ein bewunderter Mann. 2002 wurde er unversehens von Osttimor nach Mosambik versetzt. Erst jetzt gibt der Vatikan bekannt, dass er ihn Jahre später nach Missbrauchsvorwürfen gemaßregelt hat. Ob es einen Zusammenhang gab, lässt er offen.

Der Friedensnobelpreisträger Carlos Filipe Ximenes Belo zeigt seine Urkunde und Medaille während der Nobelpreisverleihung im Rathaus von Oslo am 10. Dezember 1996.

Der Friedensnobelpreisträger Carlos Filipe Ximenes Belo zeigt seine Urkunde und Medaille während der Nobelpreisverleihung im Rathaus von Oslo am 10. Dezember 1996.

Foto: AP/Bjoern Sigurdsoen

Der Vatikan hat nach Missbrauchsvorwürfen in den vergangenen beiden Jahren Disziplinarmaßnahmen gegen den timorischen Bischof und Friedensnobelpreisträger Carlos Ximenes Belo verhängt. Die zuständige Stelle im Vatikan sei 2019 über Vorwürfe gegen Belo informiert worden, sagte Vatikansprecher Matteo Bruni am Donnerstag. Ein Jahr später sei ihm Kontakt mit Minderjährigen und nach Osttimor verboten worden. Auch seien Belos Amtsführung und seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden. Im November 2021 sei die Strafe verschärft worden.

Das niederländische Magazin „De Groene Amsterdammer“ hatte berichtet, Belo habe in den 90er Jahren mehrere Jungen sexuell missbraucht. „Der Bischof hat mich in jener Nacht vergewaltigt und sexuell missbraucht“, sagte ein heute 45-Jähriger, der sich Roberto nannte und seinen wirklichen Namen nicht nennen wollte, dem Blatt. Belo habe ihm Geld gegeben, damit er nichts sage und diesem weiter zu Willen sei.

Ein 42-Jähriger sagte, er sei von Belo einmal in der Residenz des Bischofs in Dili in Osttimor missbraucht worden. „Ich dachte: Das ist ekelhaft. Da gehe ich nicht mehr hin“, sagte der Mann, der sich Paulo nannte und ebenfalls anonym bleiben wollte. Das Magazin schrieb, Recherchen legten nahe, dass Belo bereits in den 80er Jahren Jungen missbraucht habe.

Die Nachrichten über Belo erschütterten das überwiegend katholische Osttimor, wo Belo als Held der Unabhängigkeit von Indonesien gilt. Ein Mitarbeiter der Erzdiözese Dili sagte der Nachrichtenagentur AP. „Auch wir hier sind schockiert, diese Nachricht zu hören.“

Belo war 1996 zusammen mit dem heutigen Präsidenten José Ramos-Horta für seinen Einsatz für die Unabhängigkeit Osttimors mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Das Nobelpreiskomitee lobte insbesondere, dass Belo zwei Zeugen eines Massakers von 1991 aus dem Land geschmuggelt hatte, damit sie vor der UN-Menschenrechtskommission in Genf aussagen konnten, während er sich um eine von den Vereinten Nationen vermittelte Volksabstimmung über die Unabhängigkeit bemühte. Diese brachte 1999 die Unabhängigkeit von Indonesien.

Drei Jahre später nahm der damalige Papst Johannes Paul II. ein Rücktrittsgesuch Belos an, der damals erst 54 Jahre alt war, und versetzte den Bischof nach Mosambik. Auch dort arbeitete Belo mit Kindern. Weshalb er versetzt wurde, sagte Vatikansprecher Bruni nicht. Normalerweise müssen katholische Bischöfe ihren Rücktritt erst mit 75 anbieten. Der Vatikan zitierte im Fall Belo 2002 das Kirchenrecht, das einen Rücktritt auch aus gesundheitlichen oder anderen ernsten Gründen zulässt.

Belo selbst verwies drei Jahre später auf seine schwache Gesundheit. Er wurde nicht mehr als Bischof eingesetzt, sondern arbeitete als Priester. „Ich bin von oben nach unten abgestiegen“, sagte er.

Belo lebt inzwischen offenbar in Portugal und reagierte nicht auf Anfragen des Senders Radio Renascença. Das Nobelpreiskomitee und die Vereinten Nationen äußerten sich zunächst nicht. Das Magazin schrieb, die Vorwürfe seien der timorischen Regierung ebenso bekannt gewesen wie Mitarbeitern der Kirche und humanitärer Organisationen. Ramos-Horta sagte, er warte die nächsten Schritte des Vatikans ab und könne und wolle die Sache nicht weiter kommentieren.

(mzu/dpa)
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