Bischof Franz-Josef Overbeck im Aufwacher-Podcast „Um Gottes Willen“: Mehr Teilhabe für die Gläubigen ist nötig
Exklusiv | Essen · In einer neuen Folge des Aufwacher-Podcasts „Um Gottes Willen“ am Sonntag spricht der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck über nötige Reformen, die Zukunft des Bischofsamtes und westfälischen Weizenkorn.
Bischof Franz-Josef Overbeck gehört zu jenen hohen Würdenträgern hierzulande, die bereit sind, ihre Positionen zu überdenken und manchmal auch zu ändern. Als er 2009 Bischof von Essen und damit Ruhrbischof wurde, lud ihn Anne Will in ihre TV-Sendung ein. Und auf ihre Frage, ob für ihn Homosexualität eine Sünde sei, sagte er gemäß der katholischen Lehre: Ja. Die Diskussion, die über die Sexuallehre der Kirche, vor allem aber über den jungen Bischof darauf einsetzte, war enorm. Sie habe in ihm einen „Denkprozess“ ausgelöst, sagt er in der neuen Aufwacher-Folge unseres Podcast „Um Gottes Willen“, der ab Sonntag, 18. September, zu hören ist. Diesen Satz, so Overbeck, „würde ich so nie wieder sagen“.
Zu seinen Leitsätzen gehört ganz in diesem Sinne auch diese Aussage: „Wenn Sie mir heute bescheinigten, ich wäre noch derselbe wie vor zehn Jahren, dann empfände ich das als Niederlage.“ Ein Satz, den auch heute in Deutschland längst nicht alle Bischöfe unterschreiben würden.
Overbeck zählt zu den Reform-Bischöfen, die sich beim Synodalen Weg engagieren; und so leitet er auch das Forum zu „Macht und Gewaltenteilung“, in dem über Machtabgabe diskutiert wird und darüber, ob künftig nicht auch Gläubige bei einer Bischofswahl mitstimmen dürfen. Sägt der Ruhrbischof damit also an genau jenem Ast, auf dem er selbst sitzt oder die katholische Kirche ihn gesetzt hat? Nein, erwidert Overbeck im Podcast, denn der Ast ist heute – gerade nach der Zäsur durch das Bekanntwerden des Missbrauchsskandals seit 2010 – ein ganz anderer. Seine Macht und Autorität, so empfindet es Overbeck, erhalte er nicht einfach aus sich heraus durch Sendung und Weihe oder direkt durch den Papst, sondern immer zusammen mit den Gläubigen. Auch das ist für ihn ein Reflex auf die Welt, in der wir leben und auf die die Kirche angemessene Antworten finden muss.
Es geht nach seinen Worten ganz wesentlich um Teilhabe der Gläubigen an vielen Gestaltungsfragen in der katholischen Kirche. Aber die Diskussionen hierzulande über das Bischofsamt – die in Rom überaus skeptisch gesehen werden – verfolgt Overbeck „ganz gelassen“. Zumal das Amt in seiner heutigen Gestalt aus dem 19. und 20. Jahrhundert stamme. Und im Mittelalter, so sagt er lachend, hätte er ohnehin nie eine Chance gehabt, Bischof zu werden. Aus dem einfachen Grund, weil er nicht adelig ist. In den aktuellen Fragen ans Amt sieht er vor diesem Hintergrund einen historisch bedeutsamen Eintrag, der die Kirche nach vorne bringen könnte. Es gehe um das Bischofsamt in einer Zeit und einer Gesellschaft, in der die Christen nicht mehr in der Mehrheit sind und das Reden über Gott keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Benedikt XVI. spielte auf dem Lebensweg von Overbeck ebenfalls eine große Rolle. Von Kardinal Ratzinger wurde er in Rom zum Priester geweiht, und als Papst ernannte er ihn zum Weihbischof von Münster. Da war Overbeck gerade erst 43 Jahre alt und der jüngste Bischof der katholischen Kirche in Deutschland. Mit seinem Rücktritt habe Benedikt zu einer „klugen Vermenschlichung“ dieses Amtes beigetragen, wie er im Podcast erzählt. Benedikt machte deutlich, dass dieses Amt keineswegs auf Lebenslänglichkeit hin angelegt sein muss. Diese Form der Demut, auch Abschied nehmen zu können, sei ein wichtiges Zeichen gewesen.
Zum Schluss hat der heute 58-Jährige Bischof, der aus Marl stammt und Spross einer Landwirtschaftsfamilie ist, noch einen Tipp. Denn seit Ende des 19. Jahrhunderts wird in seiner Familie westfälischer Korn gebrannt. Früher habe er gern gesagt, wenn „euch Overbecks Geist auf die Nerven fällt, dann tröstet euch mit Overbecks Korn“. Das habe jetzt aber ein Ende gefunden, so dass nur noch Reste des guten Weizenkorns vorhanden seien. Dennoch rät er aus verständlichen Gründen zur Zurückhaltung „bei einem solchen Getränk“.
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