Nach Fristablauf keine Lösung in Tel Avivi Netanjahu scheitert mit Regierungsbildung in Israel

Jerusalem · Israels Langzeit-Ministerpräsident gelingt es nicht, eine Koalition zu bilden. Jetzt bekommt sein größter Rivale eine Chance. Oder es wird erneut gewählt – zum fünften Mal in zwei Jahren.

 Benjamin Netanjahu bei einer Gedenkveranstaltung - auch nach der vierten Parlamentswahl ist der Ministerpräsident mit einer Regierungsbildungin Israel gescheitert.

Benjamin Netanjahu bei einer Gedenkveranstaltung - auch nach der vierten Parlamentswahl ist der Ministerpräsident mit einer Regierungsbildungin Israel gescheitert.

Foto: dpa/Debbie Hill

Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist nach der vierten Parlamentswahl binnen zwei Jahren mit der Bildung einer Regierung gescheitert. Eine entsprechende Frist lief um Mitternacht in der Nacht ab. Nun muss Staatspräsident Reuven Rivlin über das weitere Vorgehen entscheiden. Netanjahus politische Zukunft ist damit offen, seine Likud-Partei könnte zum ersten Mal seit zwölf Jahren in die Opposition gedrängt werden.

Seit dem 23. März, an dem die vierte Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren stattfand, war es Netanjahu nicht gelungen, eine Koalition mit einer Mehrheit von wenigstens 61 der 120 Knesset-Abgeordneten zu schmieden. Zuletzt gab ihm Naftali Bennett von der rechten Partei Jamina einen Korb, dem er am Montag ein Rotieren im Amt des Ministerpräsidenten angeboten hatte.

Rivlin könnte nun Oppositionsführer Jair Lapid mit der Regierungsbildung beauftragen. Oder er könnte die Angelegenheit dem Parlament überlassen, das dann direkt einen Ministerpräsidenten wählen könnte. Scheitern diese Optionen, stünde eine weitere Parlamentsneuwahl an, die fünfte in etwas mehr als zwei Jahren. Rivlin erklärte kurz nach Mitternacht, er werde nun die 13 in der Knesset vertretenen Parteien kontaktieren, um das weitere Vorgehen zu erörtern.

Lapid hat bereits gesagt, er sei bereit, sich das Amt des Ministerpräsidenten mit Bennett zu teilen. Bennett wird die Rolle eines Königmachers zugeschrieben. Bislang gibt es allerdings keine Vereinbarung zwischen Lapid und Bennett.

Netanjahus Likud machte dessen einstigen Verbündeten Bennett für das Scheitern der Regierungsbildung verantwortlich. Wegen Bennetts Weigerung, auf eine rechtsgerichtete Regierung einzugehen, habe Netanjahu das Mandat zurückgegeben, hieß es.

Verteidigungsminister Benny Gantz, Vorsitzender des Bündnisses Blau-Weiß, rief Netanjahus Gegner auf, sich hinter Lapid zu versammeln. Zum Wohl des Staats und seiner Bürger müsse so rasch wie möglich eine Regierung gebildet werden, sagte er.

Am 23. März wurde Netanjahus Likud-Partei stärkste Fraktion in der Knesset, hat aber mit 30 Abgeordneten eine eigene Mehrheit bei weitem verfehlt. Die Opposition besteht aus einem breiten Spektrum von Parteien, die wenig gemeinsam haben außer ihrer Abneigung gegen Netanjahu. Sollten sie sich nicht auf eine Regierung einigen, bliebe Netanjahu bis zur nächsten Wahl im Amt.

Netanjahu muss sich seit dem vergangenen Jahr in einem Korruptionsprozess vor Gericht verantworten. Er ist der Bestechlichkeit, des Betrugs und Vertrauensbruchs in drei Fällen angeklagt. Er hat die Anschuldigungen als eine „Hexenjagd“ zurückgewiesen.

(juju/dpa)
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