Hunderttausende bei Trauerzug Die Queen ist zurück in London

London · Queen Elizabeth II. ist mit einem Trauerzug vom Buckingham Palace zur Westminster Hall gebracht worden. Hunderttausende sind nach London gekommen, um von ihrer Königin Abschied zu nehmen. Bis zur Beisetzung am Montag hat die Öffentlichkeit Gelegenheit ihr die letzte Ehre zu erweisen.

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Der letzte Abschied vom Buckingham-Palast - Kinder der Queen schreiten hinter dem Sarg

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Foto: AFP/MARCO BERTORELLO

Die Queen ist wieder in London. Aus Schottland zurückgekehrt, ruhte Elizabeth II. in der Nacht zum Mittwoch ein letztes Mal im Buckingham Palast, bevor ihr Sarg am Nachmittag in einer feierlichen Prozession vom Palast zum Parlament, genauer: zur Westminster Hall gebracht wurde. Dort, in einer der ältesten und prachtvollsten Hallen des Landes, wurde er auf einem Katafalk aufgebahrt. Von 17 Uhr am Mittwoch bis um 6.30 Uhr am kommenden Montag, dem Tag der Beisetzung, wird die Öffentlichkeit Gelegenheit haben, am Sarg vorbeizugehen.

„Ich muss gesehen werden, um geglaubt zu werden“, hatte die Queen immer wieder ihren Höflingen eingeschärft. Das inoffizielle Motto ihrer Regentschaft herrscht auch im Tod. Die Pflicht zur Repräsentation gilt bis zuletzt. Während der Prozession ruhte ihr Sarg auf einer Lafette, gezogen von sechs Rappen. Er war bedeckt mit ihrer persönlichen Flagge, dem Royal Standard, auf dem ein violettes Samtkissen ruhte mit der „Imperial State Crown“, ihrer nobelsten Krone.

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Zehntausende Menschen auf Londons Straßen warten auf die Queen

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Foto: AP/Markus Schreiber

Hinter dem Sarg schritten König Charles III. und die engsten Familienmitglieder, daunter Seite an Seite die Brüder Prinz William und Prinz Harry. Angeführt wurde der Trauerzug von den Soldaten der königlichen Leibgarden und einer Militärkapelle mit den charakteristischen Bärenfellmützen. Die „Mall“, der Prachtboulevard, der vom Palast nach Whitehall führt, war über und über mit riesigen „Union Jacks“ beflaggt, der weiß-rot-blauen Nationalfahne.

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Foto: dpa/-

Der Luftraum über London ist bis zum Montag gesperrt. Der Flughafen Heathrow hatte zusätzlich versichert, während der Prozession Flüge auszusetzen oder umzuleiten, damit kein Fluglärm den Trauerzug stört. So waren lediglich das stetige Schlagen der Basstrommel und die Trauermärsche der Militärkapelle zu hören, punktiert von minütlichen Salutschüssen und dem feierlichen Läuten von Big Ben, dem Glockenturm des Parlaments. Wie schon zuvor in Schottland, als der Sarg erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen war, herrschte vornehmlich ergriffenes Schweigen unter den tausenden Zuschauern. Nur kurz bevor der Trauerzug um drei Uhr am Parlament eintraf, brauste auch einmal Applaus auf.

Schon lange bevor der Sarg öffentlich aufgebahrt wurde, waren die ersten Superfans nach London geeilt, um sich einen Platz zu sichern. Loretta Barrat, eine Schuldirektorin der Dorrington Academy, hatte am Mittwoch den ersten Zug um 5.40 Uhr von Birmingham aus genommen. „Es ist ein aufwühlendes Gefühl für mich, hier zu sein“, sagte sie, „weil ich die Queen so sehr geliebt habe.“ Sie will sich in die Warteschlange für die Westminster Hall einreihen, die sich schon am Dienstag zu bilden begann. „Elizabeth war“, schwärmte Barratt, „eine so wunderbare Frau, die die Vielfalt gefeiert und uns nicht beurteilt hat, sondern wollte, dass wir das Beste tun, was wir können.“

Die Warteschlange wird lang werden, warnte die Regierung. Waren vor 20 Jahren, als Elizabeths Mutter, die Queen Mum, starb, rund 200 000 Menschen nach London gekommen, so werden es diesmal nach behördlichen Schätzungen mindestens 750 000 sein. Nach anderen Prognosen sollen sich weit über eine Million Trauernde einfinden. Schon jetzt sind kaum noch Hotelzimmer zu haben, und die wenigen, die zu haben sind, kosten flugs das Vierfache.

„Sie werden viele Stunden stehen müssen“, mahnen offizielle Leitlinien diejenigen, die zur öffentlichen Aufbahrung wollen, „möglicher Weise sogar die ganze Nacht, und kaum Möglichkeit haben, sich zu setzen, da die Schlange sich ständig bewegen wird.“ Vom Southwark Park in Südlondon bis zum Parlament zieht sich die Schlange, gut acht Kilometer, geschätzte Wartezeit, bis man bis zum Katafalk kommt: bis zu 35 Stunden. An der Westminster Hall angekommen, wird es einen „flughafenähnlichen Sicherheitskontrollpunkt geben“, soll heißen: Größere Taschen darf man nicht mit hineinnehmen, auch keine Getränke oder Blumen. Kleidung „mit politischen oder anstößigen Slogans“ ist nicht gestattet, und schon gar nicht erlaubt ist: am Sarg das Handy für Fotos oder Filmchen zu zücken.

Viele der Menschen, die jetzt nach London aufbrechen, werden enttäuscht werden. Offizielle Schätzungen gehen davon aus, dass während der knapp 110 Stunden, die die öffentliche Aufbahrung dauern soll, nur etwa 350 000 Kondolierende zum Katafalk zugelassen werden können – wohl gerade nur ein Drittel derer, die es wünschen. Eine beispiellose Herausforderung kommt nun auf Polizei und Sicherheitskräfte zu – auch das Militär wird jetzt großzügig für Sicherheitsaufgaben eingesetzt . Man hat einen solchen Ansturm auf die Hauptstadt noch nicht erlebt. Auf den Autobahnen, die nach London führen, sollen alle Baustellen geschlossen werden. Bahnlinien schreiben den Fahrplan um und setzten Sonderzüge ein. Werden die Massen gar zu groß, gibt es einen Notfallplan: Dann soll London praktisch geschlossen und die Anreise in die Hauptstadt verhindert werden.

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