Bundeskanzlerin verspricht unbürokratische Hilfe Wie Merkel ihren Besuch im Flutgebiet plante

Passau/Pirna/Greiz · Angeblich hat Horst Seehofer darauf bestanden, dass die Kanzlerin zuerst die bayerische Stadt besucht. Anschließend reiste sie nach Pirna und Greiz.

 Die Kanzlerin macht sich mit Rettungskräften in Pirna ein Bild der Lage.

Die Kanzlerin macht sich mit Rettungskräften in Pirna ein Bild der Lage.

Foto: AFP

Beim Überflug mit dem Hubschrauber nimmt Angela Merkel das ganze Ausmaß des Hochwassers in Bayern wahr. "Es ist ersichtlich, dass dies kein Jahrhundertereignis ist, sondern ein exorbitantes", sagt die sichtlich erschütterte Kanzlerin nach der Landung in Passau. Die Situation sei noch dramatischer als beim Jahrhunderthochwasser 2002.

"Es ist eine schwere Stunde für die Menschen", sagt die CDU-Chefin. Sie hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, ausgestattet mit einer Signaljacke des Roten Kreuzes, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (beide CSU) und Bayerns FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil im Schlepptau. Merkel hat Millionen als Soforthilfe versprochen. Aber bei ihrer ersten Station steht das Finanzielle nicht im Vordergrund. Sie bedankt sich bei den Einsatzkräften und spricht Betroffenen Mut zu. Immer wieder spricht sie mit Menschen, die versuchen, ihre Geschäfte in der Innenstadt zu säubern. "Ihr Oberbürgermeister hat Sie schwer gelobt", sagt sie zu Männern und Frauen des Technischen Hilfswerkes und ruft den anderen Helfern ein lautes "Danke schön, vielen Dank" zu. "Es ist ersichtlich, dass es eine gute Zusammenarbeit aller Kräfte gibt."

Merkel war frühzeitig klar, dass sie eine "Jahrhundertflut" nicht ignorieren könne. Gestern früh hatte sie deshalb gleich die passenden Schuhe aus ihrer Privatwohnung in Berlin-Mitte mit ins Kanzleramt gebracht. Um 9 Uhr stieg sie mit Innenminister Friedrich, Regierungssprecher Steffen Seibert, Fotografen des Bundespresseamtes und mehreren Personenschützern in den Hubschrauber der Bundeswehr, der im Garten des Kanzleramtes wartete. Für Vizekanzler Philipp Rösler war indes kein Platz mehr. Der FDP-Chef hatte vergeblich bei Merkel angefragt, ob er mitfliegen könne.

Schon am vergangenen Wochenende hatte die Bundeskanzlerin nach Gesprächen mit Vertrauten entschieden, die Hochwassergebiete zu besuchen. Zwar wies ihr Sprecher jegliche Verbindung zur anstehenden Bundestagswahl zurück, doch intern wird die positive Wirkung eines Besuchs im Hochwassergebiet eingeräumt. "Katastrophen sind immer die Stunde der Exekutive", heißt es in Regierungskreisen. So telefonierte Merkel mehrfach mit den betroffenen Unions-Länderchefs Horst Seehofer (Bayern), Rainer Haseloff (Sachsen-Anhalt), Christine Lieberknecht (Thüringen) und Stanislaw Tillich (Sachsen), um Ort und Ablauf ihres Besuchs zu klären. Seehofer, der sich im September auch einer Landtagswahl stellt, soll angeblich darauf bestanden haben, dass Merkel zuerst Passau besucht.

Die moralische Unterstützung der Kanzlerin kommt bei den Flutopfern in der schwer getroffenen Dreiflüssestadt gut an. So zaubert das kurze Gespräch mit Merkel ein Lächeln ins Gesicht der Besitzerin eines kleinen Teeladens. Anschließend packt diese ihren Wischer und geht mit neuer Kraft an die Arbeit.

Nach etwa einer Stunde reist die Regierungschefin weiter: Im sächsischen Pirna wird der Hochwasserscheitel noch erwartet. Sie wünsche allen "sehr viel Kraft und Zusammenstehen in dieser schwierigen Nacht". Dann reiht sie sich ein in eine Menschenkette und verlädt einen Sandsack. Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) berichtet von 2002, als das Wasser schon einmal die Innenstadt flutete. Pirna sei wieder eine bezaubernde Stadt geworden, sagt der Rathauschef fast schon verzweifelt — Merkel zeigt Verständnis. "Viele Menschen haben noch den Schock von 2002 in den Knochen, und die Dinge sind gerade wiederhergestellt", meint die Besucherin und blickt auf einen Fluss, der an die Gassen herankriecht. In Passau, Pirna und auch im thüringischen Greiz habe sie aber überall eine kämpferische Atmosphäre vorgefunden, betont Merkel. "Wir lassen uns nicht unterkriegen, auch wenn die Natur ihre harte Seite gezeigt hat."

(brö)
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