Trotz Ausbauten und Neubauten Immer noch fehlen 211 Kita-Plätze

Wermelskirchen · Mit Aus-, An- und Neubauten will die Stadt dem Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung gerecht werden. Die Schaffung der gewünschten Infrastruktur ist ein Kraftakt. Im Frühjahr wird der Bedarfsplan aktualisiert.

 Die meisten Eltern wünschen sich eine Kita-Betreuung für ihr Kind. Aber es gibt in Wermelskirchen – wie in vielen anderen Städten – nicht genügend Plätze.

Die meisten Eltern wünschen sich eine Kita-Betreuung für ihr Kind. Aber es gibt in Wermelskirchen – wie in vielen anderen Städten – nicht genügend Plätze.

Foto: Monika Skolimowska

Die Stadt Wermelskirchen steht in Sachen fehlender Kindergartenplätze nicht alleine da: Im Oberbergischen Kreis müssen über 600 Plätze in Kindergärten und -tagesstätten (Kita) geschaffen werden. Für betroffene Eltern, denen in der Zeit des anstehenden Jahreswechsels die ersten Zu- oder Absagen für die Plätze ins Haus flattern, und für die Stadt macht dies die Lage nicht besser – in Wermelskirchen fehlen 211 Kitaplätze. 75 Plätze sind unlängst durch die Reaktivierung des Kindergartens (einst in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt) geschaffen worden – sechs zusätzliche Maßnahmen sollen weitere Abhilfe schaffen. Aber, so stellt Andreas Voß vom Jugendamt im Jugendhilfeausschuss fest: „Diese Maßnahmen werden realistischerweise nicht zum Beginn des kommenden Kindergartenjahres 2019/2020 fertig sein.“

Selbst wenn einige Politiker von einer wachsenden Einwohnerzahl Wermelskirchens träumen und die Zielmarke von gar 40.000 Einwohnern vor Augen haben, Stefan Görnert, Erster Beigeordneter, denkt sogleich an die Folgen für seinen Aufgabenbereich. „6000 Einwohner mehr, vor allem wenn es sich wie gewünscht um jungen Familien handelt, sind eine enorme Herausforderung für die Infrastruktur dieser Stadt.“ Vor allem im Bereich Kitas und Schulen müsste viel geplant und investiert werden, um die Bedarfe zu decken. Auch ohne steigende Einwohnerzahlen ist die Deckung des Bedarfs in den Kindertagesstätten ein Kraftakt. Die Stadt muss in den Einrichtungen neue Plätze schaffen und obendrein neue Kitas bauen (lassen), damit sie dem Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kitaplatz für ihr Kind Rechnung tragen kann. Dazu ist ein Trend klar: Neben steigenden Geburtenzahlen wächst parallel die Nachfrage nach einer Kinderbetreuung für U3-Kinder. Gingen die Planer landauf landab ursprünglich davon aus, dass nur rund jede dritte Familie ihr Kinder unter drei Jahren in die Obhut von Tagesmüttern und Erziehern gibt, rechne man heute mit einer ähnlichen Entwicklung der Nachfrage wie im Ü3-Bereich, also rund 80 bis 90 Prozent. Der Rechtsanspruch setzt die Stadt daher unter Zugzwang.

Einen Überblick über Anmeldungen für das neue Kita-Jahr, die online über das System „Little Bird“ erfolgen, gewinne das Jugendamt erst im März. „Die Träger regeln das autonom, wir bekommen erste Zahlen erst im Dezember“, sagt Barbara Frank, pädagogische Leiterin im Amt für Jugend, Bildung und Sport: „Wir brauchen belastbare Zahlen, um den Kita-Bedarfsplan anpassen zu können.“

Im derzeit gültigen Kindergarten-Bedarfsplan der Stadt sind 286 fehlende Kitaplätze festgestellt – 75 davon durch den Standort Jörgensgasse bereits realisiert. „Wir werden diese bestehenden Zahlen im Frühjahr 2019 mit den Anmeldungen und abgefragten Bedarfen abgleichen und entsprechend aktualisieren“, erläutert Andreas Voß.

Neben der Reaktivierung des Jörgensgasse-Kindergartens ist das Nest für U3-Kinder am Bussardweg frisch eingeweiht, obendrein die Wald-Kita in Betrieb. Mit Anbauten werden Erweiterungen realisiert in der Kita Am Ecker in Pohlhausen, Am Forstring, in Grunewald und in der Evangelischen Kita Tente (eine Gruppe). „Parallel bauen wir auch die Kindertagespflege aus“, erinnert Barbara Frank. Den geplanten Anbau in Grunewald schätzt die Stadtverwaltung anders ein als der ehemalige Träger Lebenshilfe. „Unsere Planung liegt unter dem, was die Lebenshilfe kalkuliert hat“, so Voß.

Ganz neue Einrichtungen sollen mit dem sogenannten Träger-Investoren-Modell geschaffen werden. Das heißt, die künftigen Träger stellen nicht nur das Personal, sondern bauen auch die neue Einrichtung. „Wir haben einige Anbieter angeschrieben und waren überrascht, wie groß das Interesse ist. Damit haben wir nicht gerechnet“, räumt Stefan Görnert ein. Allerdings muss die Stadt die entsprechende Vorarbeit leisten. Will die Stadt eigene Grundstücke verkaufen, muss der Gutachterausschuss zunächst den Bodenrichtwert ermitteln wie für die Grundstücke an der Eichholzer Straße und an der Hilfringhauser Straße, wo je eine dreigruppige Kita entstehen soll. Das Träger-Investoren-Modell sei Neuland für die Stadt. Während Bergisch-Gladbach die Träger über ein Interessenbekundungsverfahren gewonnen habe, ist in Wermelskirchen ein Ausschreibungsverfahren politisch gewollt. „Das ist aufwendiger und langwieriger“, sagte Görnert. Bei allem Ehrgeiz beim Kita-Ausbau müsse die Stadt darauf achten, dass keine Überkapazitäten geschaffen werden.

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