Wermelskirchen „Gutes Bier ist wie guter Wein“

Wermelskirchen · Biere der Privat-Brauerei Dellmann’s werden in der Stadt gerne getrunken. Simon Felbick, einer von gleichberechtigten Personen der Brauerei, spricht über das Brauen und Biere von der Stange.

 Simon Felbick gab die Initialzündung, die zur Brauerei-Gründung und vom „Kochtopf“ zum Sud-Kessel führte.

Simon Felbick gab die Initialzündung, die zur Brauerei-Gründung und vom „Kochtopf“ zum Sud-Kessel führte.

Foto: Dellmann's Bräu

Wie kommt man denn auf die Idee, sein eigenes Bier zu brauen?

Simon Felbick Das war eine Entwicklung. Wir mögen Bier, waren aber irgendwann von den gängigen, recht einheitlichen Sorten gelangweilt. Also habe ich unterschiedlichste Craftbeer-Sorten, also handgemachte Biere, besorgt und die im Freundeskreis immer mal wieder probiert. Dann folgten eigene Brauversuche in ganz kleinem Rahmen in der heimischen Küche im Kochtopf – die Freunde mussten dann stets zum Probieren vorbeikommen. Gleichzeitig entstand ein Boom, der die Craftbeer-Szene förmlich hat explodieren lassen – da gab es wohl viele, die ähnlich gedacht und empfunden haben. So war dann irgendwann die eigene Brauerei keine Schnaps-, sondern eine Bier-Idee.

Welche Materialien muss man dafür anschaffen?

Felbick Natürlich Rohstoffe. Dazu die Sud-Kessel, die Gär-Gefäße und die Lagermöglichkeiten, in denen das Bier schließlich reift. Menge und Größe hängen davon ab, wie viel pro Braugang maximal produziert werden soll beziehungsweise kann. Bei unserer Größenordnung mussten natürlich zudem Räumlichkeiten her, die wir komplett saniert und renoviert haben – eine Garage reicht da nicht mehr aus. Das ist alles in Kontakt mit den Behörden geschehen, um den Vorgaben von Gesundheitsamt und dem Zoll zu entsprechen.

Wo kann man das Brauen denn lernen?

Felbick Wir Dellmann‘s-Brauer sind allesamt Autodidakten. Anfangs haben uns Braumeister viel geholfen, sie waren bei unseren ersten großen Braugängen dabei. Mit denen stehen wir nach wie vor in Kontakt, tauschen uns aus, geben uns Tipps und Inspiration. Das Grundprinzip setzt auf einen natürlichen Prozess und ist deshalb immer identisch, unabhängig davon, wie viel Liter am Ende entstehen. Es gibt viele kleine „Stellschrauben“ und Details, die man beeinflussen kann und beachten muss – dabei hilft Erfahrung. Uns ist immens wichtig, den Brauvorgang seinen natürlichen Lauf zu lassen und ihn nicht mit Zusatzstoffen oder ähnlichen Tricks zu beeinflussen. Gutes Bier ist wie guter Wein oder guter Whiskey ein handwerklich produziertes Naturprodukt.

Wie viele Braugänge mussten Sie machen, ehe das Ergebnis trinkbar war?

Felbick Das hat von Anfang an gut geklappt. Was eher passieren kann, ist, dass eine Rezeptur nicht ganz so gelingt, wie erwartet. Sprich: Es kommt ein gutes und leckeres Bier heraus, das aber nicht so wirklich zur Ursprungsidee passt. Dann muss an der Rezeptur geschraubt werden. Deshalb machen wir ja immer Probe-Braugänge, bis die Rezeptur steht. Auf diesem Weg kann eine neue Biersorte entstehen, die vorher gar nicht auf dem Plan stand. Diese Vorgänge dokumentieren wir genau, so dass Rezept-Ideen nicht verloren gehen.

Und wie lange dauert die Komposition einer Ihrer fünf Sorten?

Felbick Von der theoretischen Ausarbeitung einer Rezeptur bis zur endgültigen Umsetzung kann es schnell gehen – dann reden wir von zwei Monaten, denn die Lagerzeit zur Reifung gehört ja dazu. Wir haben uns aber auch schon fast eineinhalb Jahre Zeit gelassen – das war bei unserem Pils der Fall, weil wir gleichzeitig die Rezeptur unserer Sorte Biir leicht abgewandelt haben, damit sich diese beiden Sorten gut in unsere Palette einfügen.

Wird es auch einmal eine alkoholfreie Sorte geben?

Felbick Darüber haben wir schon nachgedacht, weil es dafür einen Markt gibt. Wir arbeiten daran. Es ist nicht ganz so einfach, ein alkoholfreies Bier ohne industrielle Hilfsmittel zu produzieren. Vor allem ist die Rechtslage streng: Wo alkoholfrei drauf steht, muss alkoholfrei drin sein.

Warum haben Sie Ihr Bier Dellmann’s genannt?

Felbick Der Name des Pfarrers Dellmann ist in Wermelskirchen Legende, die Wermelskirchener sind stolz darauf, Dellmänner und -frauen zu sein. Somit lag der Name nahe, war für uns alternativlos und unterstreicht unsere Regionalität, worin eine unserer Stärken liegt. Manche Sorten geben sich ihren Namen von selbst – Pils ist Pils, Märzen ist Märzen. Manchmal bedienen wir uns beim Bergisch Platt, wie beim Biir oder Sonensching. Oder bei Pfarrer Dellmann.

Wann haben Sie gemerkt, dass es kein Hobby mehr ist, sondern zum Geschäft wird?

Felbick Das war schnell klar. Wer Bier brauen und verkaufen will, braucht eine Produktionsstätte und muss gesetzliche Vorschriften einhalten, zu deren Umsetzung es eine Struktur braucht. Das alles kostet Geld, das erwirtschaftet werden muss.

Wieviel Zeit nimmt die Brauerei in Anspruch und wie groß ist Ihr Team?

Felbick Das Team besteht aus fünf gleichberechtigten Personen, manchmal helfen Familienmitglieder oder Freunde. Das ist eine freundschaftlich verbundene Truppe, die auch über die Arbeit in der Brauerei hinaus gerne zusammen ist – wenn nicht gerade Corona dagegen spricht. Jeder von uns Dellmann‘s-Brauern hat schwerpunktmäßige Aufgabengebiete, bei denen die anderen nach Bedarf unterstützen. Nicht alle Aufgaben werden in der Brauerei erledigt – etwa Buchhaltung, Social-Media-Management oder Auslieferungen.

Das Prinzip des Bierbrauens zu Hause ist weit verbreitet. Woher kommt der Wunsch nach dem eigenen Bier?

Felbick Das hat bestimmt mit der Bierbrau-Tradition in Deutschland zu tun. Obendrein gibt es natürlich einen nachvollziehbaren Trend zur Regionalität, die beim Bier gerade in Süddeutschland weit verbreitet ist. Und die Menschen besinnen sich besonders bei Lebensmitteln auf Qualität und Authentizität. Unsere Stammkunden betrachten, glaube ich, Dellmann‘s Bräu ein Stück weit auch als ihr eigenes Bier – und das ist gut so. Deshalb kommen diese Kunden gerne zu unseren Werksverkäufen, um mit uns zu reden, besuchen gerne unsere Tasting-Termine, um mehr über uns und unsere Sorten zu erfahren und nehmen an den kleinen Brau-Kursen in unserer Brauerei teil, um mehr über Bier zu lernen.

Können Sie ein Bier von der Stange eigentlich noch genießen?

Felbick Es ist ja nun nicht so, dass wir uns bei einem Bier von der Stange vor Ekel schütteln – das wäre vollkommen übertrieben, denn auch diese Biere haben ihre Berechtigung und sind ja nicht von ungefähr so verbreitet. Ich kann in einem Restaurant gut aus den angebotenen Bieren auswählen. Besonders freue ich mich natürlich, wenn da ein Dellmann‘s dabei ist.

Wie geht ein kleiner Betrieb mit der Corona-Pandemie um?

Felbick Bei unseren Partnern im Lebensmittel- und Getränkehandel waren und sind wir mit unseren Bieren vertreten. Unsere beliebten Werksverkauf-Termine haben wir, wie Tasting-Abende oder Besichtigungen, ausgesetzt. Mit Beginn der Einschränkungen haben wir auf unserer Homepage einen Online-Shop mit kostenlosem Lieferservice innerhalb von Wermelskirchen eingerichtet. Das wird gut angenommen und fängt die ausfallenden Werksverkäufe teilweise ab - die Begegnung und Gespräche ersetzt das sicherlich nicht. Der Ausfall des Absatzes in der Gastronomie und bei Veranstaltungen lässt sich damit allerdings nicht kompensieren. Wir haben die vorgesehene Produktionsplanung gedrosselt.

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