Leiterin der Allgemeinen Frauenberatungsstelle „Der Gewalttätige steht im Zweifelsfall immer daneben“

Wermelskirchen · Es gibt keine besondere Steigerung bei Terminen wegen häuslicher Gewalt bei der Frauenberatungsstelle. Das liegt vor allem daran, dass der gewalttätige Partner in der Corona-Krise mehr Möglichkeiten zur Kontrolle hat.

 Die Leiterin der Allgemeinen Frauenberatungsstelle für den Rheinisch-Bergische Kreis, Magdalene Holthausen.

Die Leiterin der Allgemeinen Frauenberatungsstelle für den Rheinisch-Bergische Kreis, Magdalene Holthausen.

Foto: Bettina Dahm

Es ist ein trauriger Trend. 2019 wurden laut einer jüngst veröffentlichten Statistik des Bundeskriminalamts 141.792 Menschen Opfer von Gewalt ihrer aktuellen oder früheren Partner, vier von fünf Betroffenen waren Frauen. Knapp mehr als noch 2018. Die Hälfte der Opfer lebte zum Tatzeitpunkt mit dem Täter in einem Haushalt. Für das Krisen-Jahr wird mit deutlich mehr Fällen von häuslicher Gewalt gerechnet.

Die Allgemeine Frauenberatungsstelle für den Rheinisch-Bergischen Kreis führt in der Corona-Krise nicht mehr Beratungsgespräche mit Frauen, die Gewalt in ihrer Beziehung erleben, als in den Jahren zuvor. Doch: „Nur weil die Termine nicht mehr geworden sind, heißt das nicht, dass es weniger häusliche Gewalt gibt. Es gibt viele Gründe dafür, dass sich Frauen in der Pandemie nicht an uns wenden können“, sagt Magdalene Holthausen, Leiterin der Frauenberatungsstelle.

So arbeiteten viele Menschen derzeit von Zuhause aus. Wenn die Frau oder ihr Mann, oder auch beide Partner, berufstätig seien, gebe es normalerweise ein Zeitfenster am Tag, in dem die Frau sich „mehr oder weniger frei bewegen“ könne. „Das fällt in der Pandemie bei vielen Paaren weg. Das bedeutet für die betroffene Frau, dass sie von ihrem Partner viel stärker überwacht und kontrolliert werden kann“, erklärt die Diplom-Sozialarbeiterin. In der Pandemie sei es dementsprechend viel schwieriger für die Frauen, sich Hilfe zu holen. „Selbst wenn die Frau nur online nach Hilfsangeboten suchen möchte – der Gewalttätige steht im Zweifelsfall immer daneben“, sagt Holthausen. Hinzu komme, dass vor allem im ersten Lockdown viele Frauen verunsichert waren, ob die Beratungsstelle überhaupt geöffnet war.

Ob es im nächsten Jahr, wenn die Pandemie vielleicht besiegt ist, mehr Frauen gibt, die aus einer gewaltsamen Beziehung fliehen wollen und bei der Frauenberatungsstelle Hilfe suchen, kann Holthausen nicht sagen. Was sie aber sagen kann ist: „Es wird nach wie vor Frauen geben, denen häusliche Gewalt widerfährt und die Unterstützung suchen.“

Wichtig ist, betont die Leiterin der Beratungsstelle, dass Freunde, Nachbarn oder Angehörige auch in der Pandemie helfen können, wenn ihnen auffällt, dass der Partner in einer Beziehung körperliche Gewalt ausübt. Sie können Betroffene auf das Angebot der Allgemeinen Frauenberatungsstelle aufmerksam machen oder diese zu einer Beratung begleiten. „Grundsätzlich ist für viele Frauen schon der emotionale Beistand eine große Unterstützung“, sagt Magdalene Holthausen. Immer wieder zu sagen: Ich bin für dich da. Jedes Hilfs- oder Kontaktangebot sei besser, als zu schweigen. Und: „Auch wenn es vielleicht schwer fällt, man sollte die Frau zu nichts drängen“, erklärt Holthausen. „Und vor allem nicht urteilen, wenn sie trotz Misshandlung bei ihrem Mann bleibt. Und schließlich können sich auch Menschen, die eine von Gewalt betroffene Frau kennen, bei uns Unterstützung holen.“

Die Allgemeine Frauenberatungsstelle für den Rheinisch-Bergischen Kreis ist zu erreichen unter Tel. 02202 45112 oder frauenberatungsstelle-bgl@t-online.de

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