Wermelskirchen "Vielen Azubis fehlt Allgemeinbildung"

Wermelskirchen · Gegen den Trend: In Wermelskirchen gibt es derzeit mehr Bewerber als Ausbildungsstellen. Stellen in Nahrungsberufen bleiben unbesetzt. Ein Wermelskirchener Personalchef beklagt das mangelnde Allgemeinwissen der Azubis.

 Die Firma Ortlinghaus in Wermelskirchen sucht zum 1. September einen Auszubildenden zum Zerspannungsmechaniker. Vielen Azubis fehlt die Allgemeinbildung, beklagt Ortlinghaus-Personalchef Reiner Nau.

Die Firma Ortlinghaus in Wermelskirchen sucht zum 1. September einen Auszubildenden zum Zerspannungsmechaniker. Vielen Azubis fehlt die Allgemeinbildung, beklagt Ortlinghaus-Personalchef Reiner Nau.

Foto: hans-Jürgen-Bauer (Archiv)

Die Bundesregierung warnt in ihrem Berufsbildungsbericht 2013 vor einem dramatischen Lehrlingsmangel. Als Ursache gelten vor allem die Abschwächung der Konjunktur im zweiten Halbjahr 2012 sowie der weitere Bewerberrückgang aufgrund der demographischen Entwicklung.

In der Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, zu deren Einzugsgebiet die Städte Wermelskirchen, Leichlingen und Burscheid gehören, entwickeln sich die Zahlen gegen den Trend: hier gibt es mehr Bewerber als offene Stellen. 173 Jugendliche (Wermelskirchen: 76) suchen derzeit in der Geschäftsstelle noch nach einem Ausbildungsplatz. 121 Ausbildungsstellen (Wermelskirchen: 66, in 52 Unternehmen) sind derzeit unbesetzt. Im Mai des vergangenen Jahres registrierte die Arbeitsagentur für die Geschäftsstelle 152 Bewerber ohne Ausbildungsplatz. 112 Ausbildungsstellen waren unbesetzt.

Unbesetzt blieben vor allem Lehrstellen in der Gastronomie und in Nahrungsberufen, wie Metzger und Bäcker, berichtet Regina Wallau, Sprecherin der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach. Beliebt bei den Jugendlichen seien der Bereich Maschinenbau und der strategische Bereich — dazu gehören Ausbildungsberufe wie Industriekaufmann, Sachbearbeiter und Betriebsprüfer. Für eine Ausbildung zum Bäcker oder Metzger entschieden sich wegen der unattraktiven Arbeitszeiten dagegen weniger junge Leute.

"Die Zahlen spornen uns an, für die zehn Bewerber auch noch einen Ausbildungsplatz zu finden", kommentierte Walter vom Stein, stellvertretender Vorsitzender Wirtschaftsgremium Wermelskirchen, die Zahlen. "Die jungen Leute werden in den Schulen gut vorbereitet. Wir müssen das Beste daraus machen." Reiner Nau, Personalchef bei Ortlinghaus, berichtet, dass es vor allem im gewerblichen Bereich immer schwieriger werde, geeignete Bewerber zu finden. "Wir stellen bei unseren Einstellungstests fest, dass es den jungen Leuten zunehmend an Allgemeinwissen mangelt", betont Nau. Offenbar habe die schulische Ausbildung nicht mehr die Qualität wie noch vor zehn Jahren. Vor allem im mathematischen Bereich gebe es erhebliche Defizite, berichtet der Personalchef, der für September noch einen Zerspannungsmechaniker-Azubi sucht. Das Problem sei nicht die Motivation der Jugendlichen: "Die jungen Leute müssen auch ausbildbar sein."

Dankmar Stolz vom WiW-Arbeitskreis Handwerk sagt: "Die Schulen leisten sehr gute Arbeit. Die Auszubildenden sind gut vorbereitet. Es gibt nur wenige Irrläufer." Das liege vor allem an Aktionen wie dem "Shadowing Day", bei dem Schüler zur Orientierung in unterschiedliche Berufe hineinschnuppern können. "Früher haben die Leute aus der Not heraus einfach irgend etwas gemacht. Das ist heute nicht mehr so." Auch von der Wermelskirchener Unternehmerschaft habe er positive Rückmeldungen erhalten. Wer genügend Eigeninitiative mitbringe, habe in der Regel auch Erfolg bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, betont Stolz.

(RP/ac)
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