Mixtur aus Comedy, Stand-Up und Poetry Slam Stefan Danziger im „Auenland der Republik“

Wermelskirchen · Der Comedian gastierte in der Katt und hatte sich im Vorfeld gut über Wermelskirchen informiert. Dass der Akteur auch Stadtführer in Berlin ist, war in jeder Minute des zweistündigen Programms spürbar.

Die Antwort auf die Frage „Was machen Sie eigentlich tagsüber?“, die sein aktuelles Programm betitelt, gibt Stefan Danziger in einem fast atemlosen Staccato über zwei Stunden aus Witzen, Gags und Episoden für manch einen. Insbesondere die Berliner und deren Geschichten sowie Geschichte kriegen dabei ihr „Fett weg“. Kein Wunder, denn der Comedian, der in der DDR geboren wurde und mit seinen Eltern zwischenzeitlich in der Sowjetunion lebte („Wir sind auf der Flucht in die BRD falsch abgebogen“) ist mittlerweile Berliner. Dort führt er Touristengruppen durch die Stadt, woraus er viele Gimmicks seines Programms bezieht und kokettiert dabei unverhohlen mit seiner Berliner Schnauze.

Stefan Danziger stellt sich mutig vor die rund 130 Besucher auf die Bühne der Kleinen Halle der Kattwinkelschen Fabrik. Er ist nicht verkleidet, tritt in ziviler Straßenkleidung auf, weit und breit keine Requisiten. Ein „Rückzugsrefugium“ oder gar „Versteck“ braucht Danziger nicht, seine Geschichten, seine Mimik und seine sparsam, aber pointiert eingesetzten Gesten ziehen das Publikum schnell in ihren Bann. Danzigers Mixtur aus Comedy, Stand-Up und Poetry Slam füllt die Bühne aus. Seine laufend eingestreuten, ironischen Bemerkungen lässt Danziger beiläufig wirken, nur um ihrem Tiefgang noch mehr Wucht zu verleihen, weil er die grauen Gehirnzellen des Publikums animiert: „Ich will das auf dem Handy haben, weil Handys sind ja umweltfreundlicher als Papier“, erteilt Danziger dem Digitalwahn eine Absage.

Das Publikum holt Stefan Danziger gleich zu Beginn und danach immer wieder mit Zwiegesprächen ab – die Besucher machen heiter und gut gelaunt bereitwillig mit, die vermeintlichen Bergischen Dickschädel sind offenbar zu Hause geblieben. Dass Danziger in Berlin Stadtführer ist und sich in dieser Rolle wohl fühlt, zeigt seine Bereitschaft, sich über den Ort, in dem er gerade gastiert, vorher zu informieren.

Das ist durch die Brille eines Außenstehenden nicht nur lustig, sondern erzeugt Nähe zwischen Künstler und Publikum: „Das ist hier schon eine spezielle Gegend, ihr macht hier die Dachziegel auch an die Seite der Häuser heran.“ Und die Amphitheater-ähnliche Form der Kleinen Katt-Halle erinnere ihn zwar an ein Ex-Schwimmbad, sei aber einst eine Schuhfabrik gewesen, fand Danziger bei seinen Recherchen heraus. Er berlinert: „Wat hab ick gelesen – eure Polizei zieht ins Stadt-Café?!? Dat ist hier wohl dat Auenland der Republik, wa.“

Berlin stehe seit 300 Jahren unter dem Motto „Party-Stadt und pleite“, dank „fleißiger“ Städte wie Wermelskirchen: „Wenn Berlin wegfällt, hätte Deutschland 0,3 Prozent mehr Wirtschaftsleistung.“ Danziger bestreitet einen rasanten Ritt, der Parcours springt vom sächsischen Geheimagenten „Ronny Bond“ zum Mauerfall, den er in zehn Minuten so humorvoll und bildgewaltig skizziert, dass jedes Bild, das man davon im TV gesehen hat, vor dem inneren Auge wieder auftaucht.

Wer einen Danziger-Auftritt gesehen hat, wird bei seinem nächsten Berlin-Besuch sicherlich eine Stadtführung bei dem Comedian buchen.

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