Wermelskirchener Falknerin Wenn Logan die Flügel ausbreitet

Wermelskirchen · Gabriele Fiebig ist Falknerin. Auf ihrem Hof leben Bussard, Kauz, Uhu und Habicht. Sie kehren immer wieder zurück.

 Gabriele Fiebig mit Logan, einem amerikanischen Wüstenbussard, auch Harri´s Hawk genannt.

Gabriele Fiebig mit Logan, einem amerikanischen Wüstenbussard, auch Harri´s Hawk genannt.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Es wirkt als würde Logan die Aussicht genießen. Der Amerikanische Wüstenbussard sitzt in der Spitze des Baumes und blickt auf den bergischen Winter hinunter. Seine dunkelbraunen Flügel hat er angelegt, aber seinen Kopf erhoben. Logan verpasst nichts. Als Gabriele Fiebig entschlossenen Schrittes ihren Spaziergang durch den Schnee beginnt, folgt ihr der stolze Greifvogel. Er fliegt von Baumspitze zu Baumspitze, mal segelt er ganz dicht über ihrem Kopf, dann wieder sucht er Abstand. „Auch wenn ich ihn manchmal nicht direkt sehe, Logan hat mich im Blick“, sagt Gabriele Fiebig. Und als sie ein paar Sekunden später ihre Hand zur Tasche wandern lässt, einen Hühnerfuß entnimmt und in die Luft hält, ist Logan sofort da. Er nimmt mit den scharfen Fängen auf dem Lederhandschuh Platz, den die Falknerin um ihren Arm geschnallt hat und lässt sich den Happen schmecken – bevor er wieder den Weg in die Bäume sucht. „Er könnte wegfliegen“, sagt Gabriele Fiebig, „die Freiheit liegt ihm vor den Füßen, aber er kommt immer zurück.“ Und genau das macht für die 60-Jährige die große Faszination der Falknerei aus. „Wir sind ein Team“, sagt sie, „und wir haben Vertrauen.“ Sie weiß, dass der Greifvogel aus den Baumwipfeln zurückkehrt. Und Logan weiß, dass Gabriele Fiebig es gut mit ihm meint. Das allerdings musste der Wüstenbussard erst lernen.

Mit vier Monaten kam der Greifvogel aus einer Zucht zu Familie Fiebig. Da hatte er das wichtigste von seinen Eltern bereits mitbekommen. Nun galt es, das neue Umfeld zu verstehen. „Wir haben zusammen gefrühstückt, zusammen mittaggegessen und abendgegessen“, erzählt die Falknerin, „wir haben zusammen Ferngesehen und meinen Mann im Büro besucht.“ Und so wurde aus Gabriele Fiebig und Logan ein Team. In ihrem Training wurden die Abstände zwischen Tier und Mensch immer größer, bevor die Falknerin die Lockleine löste. „Dann bekommt man kurz Schnappatmung und hofft, dass der Vogel zurückkommt“, sagt die Falknerin. Logan kam immer zurück – für den Zweifelsfall trägt er allerdings einen Sensor am Bein.

Nach anderthalb Stunden im Wald signalisiert Gabriele Fiebig dem Greifvogel, dass der Spaziergang für heute beendet ist. Zur Belohnung für seine Arbeit bekommt er eine volle Mahlzeit. Nichts für schwache Nerven, denn Logan liebt Küken. Als der Greifvogel und die Falknerin Zuhause ankommen, werden sie nicht nur vom Bellen der Hunde und Schnauben der Pferde begrüßt, sondern auch vom Rufen der gefiederten Kollegen.

Vor drei Jahren entschieden sich Gabriele Fiebig und ihr Mann, sich den Traum von der Falknerei endlich zu erfüllen. „Schon als Kind habe ich immer verletzte Vögel gepflegt“, erzählt sie. Berührungsängste habe sie nie gehabt. Ganz im Gegenteil: „Ein Leben ohne Tiere? Das wäre für mich nicht vorstellbar.“ Als sie dann ihre Arbeit in der Tierheilpraxis zurückfuhr, entstand endlich Raum und Zeit. Sie machte den nötigen Jagdschein, dann den Falknerschein und begleitete Mentoren auf ihren Spaziergängen mit den Tieren. Dann zogen Logan und dazu ein Wüstenbussardweibchen, Steinkauz Speedy, Waldkauz Paulinchen, Habicht Kiki, Uhu Henry und Schleiereule Willi bei den Fiebigs ein. „Sie gehören heute zur Familie“, sagt die Falknerin. In ihrem eigenen Revier macht sie sich mit den Tieren auf Wanderschaft, lässt ihnen ihren Jagdtrieb. „Und wir werden auch gerufen, wenn auf Friedhöfen oder in Parks die Kaninchen Überhand nehmen“, sagt Gabriele Fiebig. Dann gehen die Vögel auf die Jagd – und bekommen Unterstützung vom Frettchen. „Ein gesundes, schnelles Kaninchen allerdings hat eine reelle Chance gegen Logan“, weiß Gabriele Fiebig.

 Wenn die Vögel nicht auf der Jagd sind oder auf dem Hof, dann besuchen die Fiebigs mit ihnen Schulen und Senioreneinrichtungen, sie ermöglichen Tuchfühlung. „Nur, wenn die Menschen die Tiere und ihren Lebensraum kennen, dann schützen sie ihn auch“, sagt die Wermelskirchnerin. Und deswegen sei die Öffentlichkeitsarbeit mit Logan und seinen Kollegen so wichtig. Die Kinder schließen vor allem den kleinen Speedy ins Herz – und achten beim nächsten Waldbesuch darauf, den Müll in der Tasche zu lassen.

Logan hat inzwischen auf einem Ast auf dem Hof Platz genommen – und verdaut. Hin und wieder erreicht ihn ein Ruf des Weibchens auf der anderen Seite des Weges. Bald beginnt die Balzzeit – und dann wird es laut auf dem Hof von Familie Fiebig.

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