Kabarett in der Wermelskirchener Katt Erfrischend uneitel, witzig und klug

Wermelskirchen · Matthias Reuter singt und liest in der Katt über Hass und Rüstungsexporte, über Rüdesheim und das NRW-Abi.

 Sein Metier ist die Kleinkunst: Matthias Reuter trat in der Katt auf.

Sein Metier ist die Kleinkunst: Matthias Reuter trat in der Katt auf.

Foto: Veranstalter

Es gibt diese Kabarettisten, die sich anbiedern. Und jene, die es auf Kosten anderer krachen lassen. Die frisierten Stars aus dem Fernsehen, die nach dem günstigsten Licht suchen. Matthias Reuter ist anders. Manchmal geht er sich mit beiden Händen durch seine Haare, die schon vorher in alle Richtungen abstanden. Und er trinkt Leitungswasser. Er will etwas sagen und er will, dass die Menschen das auch verstehen. „Das ist der Unterschied zwischen großer Kunst und Kleinkunst“, sagt er. Letztere ist sein Element. Kleinkunst. Und die kommt so uneitel und ehrlich daher, so schonungslos und wirklich witzig, dass er das Publikum am Samstagabend in der Kattwinkelschen Fabrik schnell auf seiner Seite hat.

Man sieht ihm gerne zu, wenn er ausrastet. Wenn er von seinem Malheur im Zug erzählt, an dessen Ende der Pudel (mit Wein) begossen ist und er selbst auf dem Bahnsteig steht. Wenn er sich dann ans Klavier setzt und den „Ersten Deutschen Club der Hassabstinenzler“ gründet. „Es gibt so viele Menschen, die sind süchtig nach Hass“, sagt er, „was würde ohne Hass passieren?“ Die Antwort gibt er musikalisch, sie heißt „Deutschland hat nen bundesweiten Hassausfall“ – und sie macht Spaß. Dann reimt sich Adel Tavil auf „ich krieg nicht zu viel“ und Richard David Precht auf „mir wird gar nicht schlecht“. Dann backt die AfD Baklava, den Glatzen wachsen Haare, Beatrix von Storch trägt Burka und Björn Höcke „trennt halt im Garten, die Arten, mit Spaten“.

Und während manch ein Zuhörer noch in sich hineinlächelt ob der wunderbaren Bilder, nimmt sich Reuter die Rüstungsexporte vor – mit einer Fabel über den pazifistischen Hasen. „Rüstungsexporte sind im Grunde ein schwieriges Thema für Fabeln“, sagt er noch, bevor er loslegt und das Gegenteil beweist. 200 Patronen für den Maulwurf, Granaten für den Wolf: Der Hase verkauft Waffen. Am Ende steht der Wald in Flammen und der pazifistische Hase liegt in der Sonne am Strand.

Matthias Reuter will diese politischen Themen, will sich wehren mit seiner Kunst und seinem Wortwitz. Und er macht das richtig gut – ohne fies zu werden. Meistens. Und wenn doch, dann nimmt er eben auch sich selbst nicht so ernst. Dann erzählt er von der heimischen „Schrömmelschublade“, in der Feuerzeuge, Buttons und unzählige Pfeifen von Stutenkerlen rumfliegen. „Wenn mal Stutenkerle vorbeikommen, die rauchen möchten“, sagt Reuter, „wir haben die Pfeifen schon da.“

Und dann macht er sich mit dem Publikum auf die Suche nach dem Sinn und Zweck von „diesem weißem, wichtigen Dingens“. „Ich weiß, das war wichtig, aber ich habe vergessen wofür“, sagt er. Und während er den Klokasten und fast auch die Spülmaschine demoliert, kommt der Pizzamann mit dem Abendessen. Und dort thront als Abstandhalter zwischen Käse und Schachtel das „weiße, wichtige Dingens“.

Das Publikum ist begeistert. Mal mit Gitarre, mal am Klavier und mal am Lesepult: Reuter zaubert mit Worten. Er erzählt vom Ausflug nach Rüdesheim, von Ernie und Bert, vom Aussterben der Innenstädte, von russischen Hackern – in wunderbarem Dialekt. Und zum großen Finale nimmt sich der Wortkünstler dann das NRW-Abi vor. „Ne eins in Malen und keine Ahnung von Naturwissenschaften.“ Bahnvorstand Ronald Pofalla, der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, BER-Flughafenmanager Engelbert Lütke Daldrup: „Sie haben NRW-Abitur“, singt Reuter und am Ende jubelt das Publikum, bedankt sich für einen guten Abend und Matthias Reuter verbeugt sich. Und geht sich noch mal durch die Haare.

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