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Ungewöhnliche Ideen Neue Strategien gegen Fachkräftemangel

Wermelskirchen · Betriebe finden keine Auszubildenden, Fachkräfte sind Mangelware: Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Rhein-Berg entwickelt Strategien gegen den Fachkräftemangel – und geht dabei ungewöhnliche Wege.

 Werben für mehr Selbstbewusstsein und Authenzität im Wettbewerb um Fachkräfte: Bianca Degiorgio und Volker Suermann von der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft.   Foto: Demski

Werben für mehr Selbstbewusstsein und Authenzität im Wettbewerb um Fachkräfte: Bianca Degiorgio und Volker Suermann von der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Foto: Demski

Foto: Theresa Demski

Landschaftsgärtner und Zahntechniker, Schreiner und Sanitärbetriebe sind verbunden durch ein gemeinsames Problem: Sie finden keine Fachkräfte. „Das ist kein branchenspezifisches Thema mehr“, sagt Volker Suermann, Geschäftsführer der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (RBW) und erinnert an den demografischen Wandel. Ausbildungsbildungsplätze seien immer schwieriger zu besetzen, um die Fachkräfte habe ein Wettbewerb begonnen. „Für uns als Wirtschaftsförderung ist das seit 2013 eines unserer grundlegenden Arbeitsfelder“, erklärt Suermann. Damals galt es erst mal, viele Unternehmen überhaupt für das Thema zu sensibilisieren. Für nur 20 Prozent der Betriebe sei der Fachkräftemangel damals überhaupt präsent genug gewesen, um Strategien dagegen zu entwickeln. Nun hat sich das Blatt gewendet: Unternehmen suchen nach Strategien, nach Partnern, mit denen sie beim Thema „Fachkräftemangel“ zusammenarbeiten können.

Und die RWB tritt von der Sensibilisierungs- in die Projektphase ein. Inzwischen wurde die Fachkräfteinitiative „Kluge Köpfe bewegen – Fachkräfte für den Rheinisch-Bergischen Kreis“ gegründet, Arbeitsfelder wurden entwickelt.

„Es beginnt mit einem Umdenken“, sagt Bianca Degiorgio, die bei der RBW für das Thema Fachkräftesicherung und Fachkräftemarketing verantwortlich ist. Dieses Umdenken betreffe zum Beispiel die Sicht auf die Bewerber: Vor sechs Jahren sei noch nicht von einem Bewerbermarkt gesprochen worden. „Heute gibt es eine andere Haltung: Man muss auf den Bewerber zugehen“, sagt Bianca Degiorgio. Und weil die Fachkräfte und Schüler heute wüssten, was für ein rares Gut sie seien, hätten sich auch ihre Erwartungen verändert. „Das müssen Betriebe erstmal akzeptieren“, weiß die Expertin der RWB.

Dabei wollen die Wirtschaftsförderer helfen und haben eine Unternehmenswerkstatt zum Thema „Arbeitgebermarke“ gegründet – mit Experten aus dem Bereich Marketing. Viele Unternehmen aus der Region haben an der ersten Workshop-Runde teilgenommen und Bianca Degiorgio hat festgestellt: „Es war erst mal wichtig, die eigene Bescheidenheit zu überwinden und die eigenen Stärken auch zu kommunizieren.“ Kleine Unternehmen müssten da lauter rufen als die großen, auf der anderen Seite könne die Mittelschicht vieles schneller umsetzen als große Unternehmen. Am Ende sei es eine Frage des Marketings. „Unsere Empfehlung: Das muss nicht Hochglanz sein, sondern authentisch.“ Und deswegen müssten Unternehmen ihre Mitarbeiter zu ihren Fans machen, die dann als Botschafter werben. „Unternehmen müssen sagen, was ihre Stärken sind und was sie nicht wollen und können“, sagt die Fachfrau. Erste Erfolge seien bereits messbar, ergänzt Volker Suermann. Im Herbst beginnt eine neue Runde der Unternehmenswerkstatt – noch gibt es freie Plätze.

Währenddessen ist die RBW gemeinsam mit den Netzwerkpartnern der Fachkräfteinitiative aber auch in den Unternehmen unterwegs: Das gilt etwa für das Programm Pflegelotsen. „Arbeitgebern muss es heute gelingen, betriebliche Anforderungen mit den Herausforderungen des Familienlebens ihrer Mitarbeiter in Einklang zu bringen“, sagt Bianca Degiorgio. Diese weichen Standortfaktoren seien wichtig im Wettbewerb um die Fachkräfte. Eine dieser Herausforderungen ist jene Situation, wenn Mitarbeiter plötzlich die Pflege ihrer Angehörigen übernehmen müssen. „Wir bilden Pflegelotsen aus, die in den Unternehmen als Ansprechpartner für die Mitarbeiter gelten“, erklärt Bianca Degiorgio. Wo gibt es Fördermöglichkeiten? Wie sind flexible Arbeitszeiten nutzbar? Wer hilft in diesen Situationen? „Im ersten Durchgang mussten wir für dieses Thema ganz schön Klinken putzen“, erzählt die Fachfrau, „der zweite Durchgang ist ausgebucht.“ Ein ähnliches Programm gibt es bereits für das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Das sei auch eine Frage der Haltung von Führungsetagen, wissen die RBW-Fachleute und laden im Herbst zum Workshop ein.

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