89-jähriger Hobbykünstler aus Wermelskirchen Eigener Schliff für jede Schieferplatte

Wermelskirchen · Walter Wick malt, was er sieht. Dabei kommen detailgetreue Ansichten des Bergischen Landes heraus, Bilder von Motoren und Oldtimern. Und der 89-Jährige ist noch lange nicht fertig.

 Walter Wick (89) und seine Kunst .    Foto: Jürgen MOll

Walter Wick (89) und seine Kunst . Foto: Jürgen MOll

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Walter Wick kräuselt die Stirn. „Ich bin noch nicht richtig zufrieden“, sagt er dann und dreht den Pinsel zwischen den Fingern. Vor ihm auf der Staffelei steht eine Ansicht des Marktes – als das alte Büdchen noch stand. „Ich habe es schon mit einem Auto versucht“, erzählt er deutet auf die leere Straße im Vordergrund. Aber das Fahrzeug habe dann irgendwie doch nicht ins Bild gepasst. Also mischte er die Farben neu und überpinselte das Auto wieder. „Jetzt überlege ich noch, was dort fehlt“, sagt er und blickt nachdenklich auf sein Werk. Irgendwann wird es seinen letzten Schliff bekommen, aber nicht jetzt. Der 89-Jährige erinnert noch an die Geschichte des Büdchens, erzählt von seinem Besuch im Freilichtmuseum in Lindlar, taucht kurz in die Stadtgeschichte ein und dann nimmt er sich das nächste Werk vor, an dem er gerade arbeitet. Ein Motorradrennen. 

„Ich male meistens an mehreren Bildern gleichzeitig“, erklärt er. Das habe auch mit den Ölfarben zu tun, die für manche Werke erst trocknen müssten, um weiter zu malen. Wer Walter Wick beim Malen beobachtet, der erkennt eine gewisse Routine. Der sieht, wie der Pinsel geübt zur Kachel mit den Farben gleitet, wie er mischt, wie der Hobbykünstler nach dem nächsten Pinsel greift, wie er sie auswäscht und dann manchmal ganz nah mit der Nase zum Bild rückt. „Irgendwie scheint mir da etwas gegeben zu sein“, sagt er bescheiden. Denn gelernt habe er das Malen nie. „Ich hatte nur schon immer Spaß daran“, erzählt er.

Danach machte er seine Lehre zum Schreiner. „Ein bisschen hat das auch mit Kunst zu tun“, sagt er und deutet auf den schmucken Wohnzimmerschrank, den er mit seinen eigenen Händen geschaffen hat. Und noch etwas brachte dieser Beruf mit sich: „Wir haben in vielen alten Häusern in Wermelskirchen und im ganzen Bergischen Land die Fenster gemacht“, sagt er. Und dann holt er ein paar kleinere Gemälde hervor mit Ansichten bergischer Häuser, mit Ausschnitten der berühmten Fenster oder schmucken Türen. „Ich kannte das ja alles“, sagt er, „wusste genau, wie die Scharniere und Leisten aussehen.“ Viele der Häuser, in denen er als Schreiner gearbeitet hatte, malte er später. Allerdings erst im Ruhestand. „Vorher hatte ich da keine Gelegenheit für“, sagt er. Aber dann brachte ihn ein Freund zurück zur Kunst, gab ihm Tipps und machte ihm Mut. Künstlerische Freiheit braucht er nicht, Wick mag die Details. Manchmal projiziert er alte Postkarten auf Leinwände, dann wieder tourt er durchs Bergische Land und macht Fotos. „Am Anfang habe ich die Bilder in viele kleine Karos aufgeteilt“, erzählt er. Mit einem Aquarellstift zeichnet er die Motive dann ab oder übernimmt sie vom Bild des Projektors, danach kommt die Ölfarbe ins Spiel. „Es muss so aussehen, dass man keine Fehler entdeckt“, sagt er. Jede einzelne Schiefer an den Gebäuden nimmt er unter die Lupe und malt sie nach, jede Spur an Holzfenstern empfindet er nach, alte Stadtansichten erwachen unter dem Pinsel zum Leben.

„Es gab mal eine Dame, die wollte gerne lernen, so zu malen“, erzählt Walter Wick, „aber wenn Sie kein ruhiges Händchen, gute Nerven und viel Geduld haben, dann können Sie gleich wieder aufhören.“ Walter Wick ist eindeutig der geduldige Typ, einer, der tüftelt und so lange weitermalt, bis die Ansicht stimmt.

Inzwischen wenden sich Menschen an ihn und bitten ihn um Auftragsarbeiten – etwa von Motorrädern. Und weil Wick selbst über Jahrzehnte im Motorradsattel saß, weiß er auch hier, was er malt. „Nur Porträts male ich nicht“, sagt er. Und dann deutet er auf ein Gemälde von Ehefrau Christel, die vor neun Jahren gestorben ist. „Sie bleibt mein einziges Porträt“, sagt er leise. Und dann malt er weiter, schließlich hat er noch viel vor.

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