Wolfgang Wittmann in Wegberg Ist das Tier der bessere Mensch?

Wegberg · Dieser Frage ist Wolfgang Wittmann in seinem Auftritt in der Schrofmühle nachgegangen. Der literarisch-musikalische Rundgang hat wegen der Pandemie lange in der Schublade liegen müssen.

 Wolfgang Wittmann präsentierte unterhaltsam die Premiere seines neuen literarisch-musikalischen Programms in der Schrofmühle in Wegberg.

Wolfgang Wittmann präsentierte unterhaltsam die Premiere seines neuen literarisch-musikalischen Programms in der Schrofmühle in Wegberg.

Foto: Ruth Klapproth/RUTH KLAPPROTH

Wolfgang Wittmann frönt seiner Leidenschaft: Als Rezitator und Komponist, Sänger, Gitarrist und Programmschreiber ist er immer wieder auf der Suche nach Themen, die er mit bekannten und unbekannten Texten aus der klassischen und modernen Literatur in Kombination mit Liedern und Melodien aufbereitet kann. Bereits sieben Bühnenprogramme hat er mit Gitarrist Robert Scholtes präsentiert, jetzt stellt er sich als Solist mit „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlääächt“ vor; ein Titel, der nicht ohne Grund  aus George Orwells „Animals Farm“ zu finden ist.

„Ich bin tieraffin“, bekennt er bei der Premiere in der Schrofmühle, „unser Kater hat uns adoptiert.“ Der Kulturverein Wegberg und der Förder- und Museumsverein Schrofmühle hatten Wittmann eingeladen. Über dem Programm schwebt die Frage: Ist das Tier der bessere Mensch oder ist der Mensch das schlechtere Tier? Bereits seit 2017 beschäftigt sich Wittmann mit seinem „tierischen Programm“. Nach dem Besuch einer Ausstellung in Hamburg ist er auf die Idee dazu gekommen. Die Pandemie hat dazu geführt, dass der literarisch-musikalische Rundgang fast zwei Jahre in der Schublade liegen blieb, bis er an die Öffentlichkeit gelang. Wittmann nimmt alle mit bei seiner Aufarbeitung des Verhältnisses zwischen Mensch und Tier; den Hundefreund ebenso wie den Katzenliebhaber, den Großwildjäger ebenso wie den Sammler ausgestopfter, glasäugiger Tierköpfe, den Freund des Stierkampfs ebenso wie die Königstochter, die sich vor dem Frosch ekelt.

„Alles Übel entspringt der Tyrannei des Menschen“ als Lehre aus Orwells Animals Farm war als damalige Abrechnung mit der russischen Revolution entstanden, ist aber aktueller denn je.  Wenn John Steinbecks Ansichten zur Jagd im krassen Widerspruch stehen zu Ernest Hemingways Glorifizierung des Stierkampfs, macht Wittmann in seinen Rezitationen deutlich, wie sehr sich der Mensch von der Natur – und seiner Menschlichkeit – verabschiedet hat. Katze und Hunde, Pferd und Frosch, Kalb und Schwein, alle kommen in den literarischen Texten vor und sie alle haben eine Botschaft: Lasst uns Tiere sein. Selbst das vermeintliche niedliche, lustige „Ene Besuch im Zoo“ wird zur Anklage wie Peter Alexanders Lied von den süßesten Früchten, die nur von den größten Tieren gefressen werden.

Die Tiere müssen herhalten für menschlichen Verhalten und Fehlverhalten, wie es in vielen Fabeln erzählt wird. Der Mensch wird zum Tier, das sich willenlos und beherrscht zur Schlachtbank führen lässt wie in Bert Brechts Kälbermarsch, er wird zum Freund wie in Adelbert von Chamissos „Der Bettler und sein Hund“ oder er wird zum Erkenner des tierischen und menschlichen Wesens wie in Friedrich Schillers Ballade „Der Handschuh“. Witmann findet Texte zuhauf, die nachdenklich stimmen und die in einem Satz münden: „Wer dir in deiner Not geholfen hat, den sollst du nicht verachten.“ Eine Frage gibt Wittmann den Besuchern mit auf den Nachhauseweg: Wer gehört nicht auf die Arche Noah?

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