200 Kilometer von Ochtrup nach Wegberg Der lange Lauf zurück in die Kindheit

Wegberg · Irmgard Thiemann ist in fünf Tagen fast 200 Kilometer gelaufen. Für die 63-Jährige war es ein Lauf nach Hause, die Ochtruperin stammt aus Schwaam.

 Ein Blumenstrauß zur Begrüßung (von links): Renate und Johannes Timmermans, Irmgard Thiemann und Ehemann Bernd-Heinz.

Ein Blumenstrauß zur Begrüßung (von links): Renate und Johannes Timmermans, Irmgard Thiemann und Ehemann Bernd-Heinz.

Foto: Michael Heckers

„Die letzten Meter bin ich geschwommen“, sagt Irmgard Thiemann und lacht. Trotz Regenjacke sind ihre Sportklamotten klitschnass, in den Laufschuhen steht das Wasser. Knapp 200 Kilometer hat die leidenschaftliche Läuferin in den Beinen, als sie kurz vor dem Gasthof Timmermans im Wegberger Ortsteil Schwaam um die Ecke biegt. Es war ein langer Lauf nach Hause. Irmgard Thiemann wird von ihrem Bruder Johannes Timmermans und dessen Frau Renate, die den Gasthof in dem kleinen Örtchen mit den vielen Reetdachhäusern führen, herzlich begrüßt.

Knapp 200 Kilometer in fünf Tagen – diese stolze Distanz hat die 63-Jährige erfolgreich absolviert. Das Laufen ist für Irmgard Thiemann eine große Leidenschaft. Dabei spielen Bestzeiten für sie keine Rolle. „Ich laufe nicht gegen die Uhr, sondern für das Lauferlebnis in der Natur. Mir geht es um die Strecke“, sagt sie. Die Strecke zwischen Ochtrup und Wegberg-Schwaam hat sie in fünf Tagesetappen aufgeteilt. Die längsten waren mit jeweils 55 Kilometern die ersten beiden. „Am zweiten Tag hatte ich erhebliche Probleme mit meinem rechten Bein. Das hat sich aber zum Glück wieder gelegt“, sagt sie. Am dritten Tag stand einen Etappe von 44 Kilometern, am vierten von 30 Kilometern auf dem Programm. Die letzte Tagestour, von Brüggen-Bracht nach Wegberg-Schwaam, war mit 17 Kilometern die kürzeste. Allerdings regnete es an diesem Tag unaufhörlich.

Begleitet wurde Irmgard Thiemann während ihres Laufes von Ehemann Bernd Heinz, der im Wohnmobil fuhr und stets in ihrer Nähe war. „Er hat wunderschöne Campingplätze auf der Strecke ausgesucht“, erklärt Irmgard Thiemann. Dort haben die beiden dann übernachtet. Von Ochtrup im nordwestlichen Münsterland aus führte die Strecke nach Stadtlohn und Xanten am Niederrhein. In der Hansestadt Wesel fuhren die Thiemanns mit der Fähre über den Rhein. Über Geldern, Straelen und Herongen ging es an den Krickenbecker Seen bei Hinsbeck vorbei in den Brachter Wald. „Das war ein wunderschöner Teilabschnitt der Strecke“, sagt Irmgard Thiemann. Die 17 Kilometer nach Wegberg legte die 63-Jährige dann problemlos am letzten Tag zurück und wurde von ihrem Bruder Johannes Timmermans und dessen Frau Renate mit einem bunten Blumenstrauß herzlich empfangen.

 Irmgard Thiemann ist nach 197 Kilometern am Ziel in Schwaam.

Irmgard Thiemann ist nach 197 Kilometern am Ziel in Schwaam.

Foto: Thiemann

Zum Laufen gekommen ist Irmgard Thiemann im Jahr 2005. „Ich habe fast zehn Jahre mit Asthma zu tun gehabt. Nach zwei Kuren gab es dann keine Medikamente mehr für mich“, erklärt sie. Heute ist Laufen ihr wirksamstes Medikament gegen sämtliche Krankheiten und Wehwechen. Der Reha-Sport habe ihr damals sehr gut getan. Dann habe sie angefangen, abwechselnd zwei Minuten zu gehen und drei Minuten zu laufen. Mit der Zeit fiel ihr das Laufen immer leichter und es entwickelte sich zu ihrer Leidenschaft. „2007 habe ich den ersten Zehnkilometerlauf erfolgreich absolviert. Ich war stolz wie Oskar“, berichtet sie. Es folgten mehrere Wettkämpfe und viele längere Läufe.

Ihren 200-Kilometerlauf hat Irmgard Thiemann sorgfältig vorbereitet. Auf einer Karte hat sie die Laufstrecke von Ochtrup nach Wegberg-Schwaam eingezeichnet. Normalerweise verbringt sie mit ihrem Mann den Urlaub gerne an der Nord- und Ostsee, wo sie die frische Seeluft genießen. Doch dieses mal wurde es für Irmgard Thiemann ein langer Lauf zurück in die Kindheit in ihre alte Heimat Schwaam. Bei ihrem Bruder Johannes im Gasthof Timmermans ist Irmgard Thiemann regelmäßig zu Gast. „So weit ist es ja nicht von Ochtrup nach Schwaam.“

Was das Laufen angeht, hat die Rentnerin, die in ihrem Berufsleben vier Ausbildungen absolviert hat und unter anderem als Maschinenbauzeichnerin tätig war und bei Schlafhorst und K&L in Wegberg gearbeitet hat, noch große Ziele. „Das war ganz sicher nicht mein letzter langer Lauf“, sagt sie. Da sie eine reizvolle Landschaft beim Laufen liebt, kann sie sich gut vorstellen, demnächst mal einen längeren Abschnitt des Moselsteigs zu laufen oder entlang des 61,55 Kilometer langen Elbe-Lübeck-Kanals. Den Lauf zurück in die Kindheit hat sie ja nun schon absolviert.

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