Einer von 800 in Europa Wie ein Wegberger zur EU nach Straßburg kam

Wegberg/Straßburg · Klaus Gurniak aus Wegberg-Beeck nimmt an einem von vier Bürgerforen zur Zukunft Europas teil. 800 Menschen aus allen EU-Mitgliedsstaaten entwickeln gemeinsam Ideen. Im Januar geht es zur dritten und letzten Sitzung nach Warschau.

 Dieses Foto hat Klaus Gurniak von seinem Platz im Parlamentssaal in Straßburg gemacht.

Dieses Foto hat Klaus Gurniak von seinem Platz im Parlamentssaal in Straßburg gemacht.

Foto: Klaus Gurniak

Klaus Gurniak ist nicht nur einer von 80 Millionen. Er ist auch einer von 800. So viele Menschen aus allen 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nehmen derzeit an den vier Bürgerforen zur Zukunft Europas teil. Die dritte und letzte Sitzungsreihe findet seit Anfang Dezember zu verschiedenen Themen-Schwerpunkten in Dublin, Florenz, Warschau und Maastricht statt.

Angefangen hat alles mit einem Telefonat im Frühjahr. „Wir rufen im Auftrag der Europäischen Union an“, habe die Stimme am anderen Ende der Leitung gesagt, erinnert sich Klaus Gurniak. „So beginnen gerne Verkaufsgespräche, deshalb wollte ich das Telefonat schnell wieder beenden.“ Dann allerdings habe sich herausgestellt, worum es eigentlich ging: Europaweit sollten Menschen ausfindig gemacht werden, die das Projekt Europa aktiv mitgestalten wollen, ohne Berufspolitiker zu sein. Die Auswahl erfolgte rein zufällig, soll aber einen repräsentativen Querschnitt aller Altersgruppen, Ethnien, Geschlechter und Berufsfelder abbilden.

Anfangs sei er noch etwas skeptisch gewesen, gibt Klaus Gurniak unumwunden zu. Aber dann habe er sich ein Herz gefasst und seine Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert. Denn: „Man kann nicht immer über politische Entscheidungen unzufrieden sein und diese kritisieren, und dann, wenn man die Möglichkeit hat, sich selber einzubringen, diese Chance nicht wahrnehmen“, sagt der 60-jährige Finanzberater aus Beeck. „Kritik bedeutet ja auch zu versuchen, es besser zu machen.“ Klaus Gurniak hat versucht, es besser zu machen.

Er wurde dem Bürgerforum „Klimawandel, Umwelt/Gesundheit“ zugeordnet, das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels, Umweltfragen und der Gesundheit in der Europäischen Union befassen sollte. Die Herausforderungen sind zahlreich: Es geht darum, Antworten auf Gesundheitskrisen zu finden, Ideen für eine gesunde Lebensweise zu entwickeln oder die Bekämpfung von Krebs und die Anpassung an den Klimawandel voranzutreiben. Themen, die den Vater von drei erwachsenen Töchtern durchaus interessieren. Beruflich setzt er sich unter anderem mit Vermögensbildung auseinander, die auf den Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens beruhen. Er sagt aber auch: „Es reicht nicht, das eigene Geld nach ökologischen oder ethischen Kriterien anzulegen. Das Wichtigste ist, danach zu leben.“

 Klaus Gurniak aus Beeck ist einer von europaweit 800 Menschen, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden sind.

Klaus Gurniak aus Beeck ist einer von europaweit 800 Menschen, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden sind.

Foto: Klaus Gurniak

Die erste Sitzung des Bürgerforums „Klimawandel, Umwelt/Gesundheit“ führte Dieter Gurniak nach Straßburg geradewegs in den Plenarsaal des Europäischen Parlaments. Spannend sei es gewesen, sich mit Menschen aus Zypern oder Slowenien auszutauschen an einem Ort der Hochpolitik, den man sonst nur aus dem Fernsehen kenne. „Alle waren sehr kontaktfreudig“, sagt er. „Das muss man auch sein, wenn man dort mitmachen möchte.“ Die 200 Teilnehmer wurden in Gruppen mit zehn bis zwölf Mitgliedern unterteilt, um effizient arbeiten zu können. Synchron-Dolmetscher machten eine Verständigung untereinander überhaupt erst möglich. Drei Tage lang feilten die bunt zusammengewürfelten EU-Bürger täglich von 9 bis 18 Uhr an ersten Ideen. „Das war keine Vergnügungstour“, sagt Dieter Gurniak.

Mitte November stand dann die zweite Sitzung an, ein reines Online-Treffen, bei dem die Ideen der Teilnehmer weiter ausgearbeitet und in erste Konzepte gegossen wurden. Die dritte und letzte Sitzung ist vom 7. bis zum 9. Januar in Warschau geplant. Dort soll jede Gruppe 15 konkrete Vorschläge erarbeiten, die dann später von 20 Repräsentanten in der Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas vorgestellt werden. Die europäischen Institutionen haben sich verpflichtet, den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören und ihren Empfehlungen zu folgen. Dieter Gurniak hofft, dass es nicht allein bei bloßen Handlungsempfehlungen bleibt, sondern Taten folgen. „Wenn ich merken würde: Du hast dort drei Wochenenden verbracht und es hat zu nichts geführt, dann könnte man sich das auch sparen.“

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