Niederkrüchten Lauschangriff auf die Knoblauchkröte

Niederkrüchten · Im Naturschutzgebiet Lüsekamp lebte einmal die Knoblauchkröte. Doch das letzte Lebenszeichen liegt schon acht Jahre zurück. Sie quakt nur unter Wasser. 2020 soll eine neue Population aufgebaut werden.

 Wo quakt sie denn? Landrat Andreas Coenen, Umweltdezernent Andreas Budde, Ansgar Reichmann (Biologische Station), Reinhard Bräutigam (Untere Naturschutzbehörde) und Peter Kolshorn (Biologische Station) horchen.

Wo quakt sie denn? Landrat Andreas Coenen, Umweltdezernent Andreas Budde, Ansgar Reichmann (Biologische Station), Reinhard Bräutigam (Untere Naturschutzbehörde) und Peter Kolshorn (Biologische Station) horchen.

Foto: Birgit Sroka

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um im Naturschutzgebiet Lüsekamp und Boschbeek in Niederkrüchten die seltene Knoblauchkröte anzusiedeln? Das zeigten der Geschäftsführer der Biologischen Station Krickenbecker Seen, Ansgar Reichmann, und der stellvertretende Geschäftsführer Peter Kolshorn Landrat  Andreas Coenen (CDU), dem Kreis-Umweltdezernenten Andreas Budde und Reinhard Bräutigam von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises.

Die Teilnehmer des kleinen Spaziergangs tragen Gummistiefel, denn es geht von den Trockenwiesen zu den Feuchtwiesen. „Die Knoblauchkröte ist unser Sorgenkind. Anfang der 2000er-Jahre gab es den letzten Nachweis, vor acht Jahren tauchte sie wohl nochmal auf, und jetzt versuchen wir, ihr den Lebensraum zu optimieren“, erklärt Reichmann.

Die Wanderung beginnt an der Düne Lüsekamp, die auch durch ein Projekt freigestellt wurde. „Der offene Sandboden ist ein wichtiger Platz für die Sandeidechse“, so Reichmann, der auf den nährstoffarmen Boden hinweist. Eine Bank an diesem wundervollen Aussichtsplatz lädt zum Verweilen ein.

Mit Blick auf einen Roggenacker, der nur angebaut wurde, um Ackerkräuter zu erhalten, geht es weiter in das Naturschutzgebiet hinein. Der Lämmersalat wächst hier als Pionierpflanze auf offenen Sand- und Lehmböden. „15 Bodenpunkte hat man hier in dem Gebiet ermittelt. Im Kreis Viersen gibt es nichts niedrigeres“, berichtet Peter Kolshorn. Damit wird die Qualität einer Ackerfläche bewertet. „Vor 40 Jahren hat das Land NRW hier einen Bauernhof gekauft und dem Naturschutz zur Verfügung gestellt. Hier wird nicht gedüngt und nichts gespritzt. Das Gebiet soll nicht bewalden und wird durch eine Ziegen- und eine Schafherde beweidet. So erhalten wir ein vielfältiges Mosaik der Arten und Flächen“, sagt Reichmann und zeigt auf den Kleinen Sauerampfer, eine Pflanze mit kleinen roten Blüten aus der Familie der Knöterichgewächse – perfekt etwa für Schmetterlinge.

In den trockenen Bereichen des Gebietes gibt es das letzte Kreuzottervorkommen im Kreis Viersen. In den Tümpelgebieten hat sich das seltene Sumpfhartheu wieder ausgebreitet. Amphibien siedeln sich an, so kommt im Lüsekamp der Kammmolch vor. Gargelmoore haben sich hinter den Feuchtwiesen gebildet. Dort wurden Korridore für die Amphibien gemäht, die so Sonnenplätze erhalten, um Energie zu tanken. Die Knoblauchkröte zu finden, ist jedoch nicht so einfach.

Das Tier ist winzig und quakt nur nachts, und zwar: unter Wasser. Die Biologen müssen bei dem mindestens dreijährigen Monitoring schon einen besonderen Lauschangriff starten, um die Kröte zu finden. Nachts aufgestellte Lauschboxen erleichtern ihnen die Suche. „Einige Tiere gibt es aktuell noch im niederländischen Meinweg-Gebiet und im Rhein-Kreis-Neuss“, erklärt Ansgar Reichmann. In einer Zuchtstation im Münsterland werden aus diesen Beständen Kaulquappen groß gezogen, die im Juni 2020 im Lüsekamp ausgesetzt werden sollen, um eine neue Population aufzubauen.

Damit sich Amphibien ansiedeln, müssen eingebrachte Fische aus den Tümpeln entfernt werden. Im vergangenen Jahr ist der Grundwasserspiegel um zwei Meter gefallen. „Wenn im Sommer die Tümpel austrocknen, verschwinden zwar die Fische, aber wir hoffen nun doch auf mehr Regen, damit sich der Grundwasserspiegel erholt“, sagt Peter Kolshorn. Karge Böden werden angelegt, Bäume gefällt, um Tiere anzulocken. Viele Hektar Land werden von Landwirten gemäht und beweidet. „Das ist viel kostengünstiger, als wenn wir eigene Geräte anschaffen“, berichtet Reichmann, der die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten betont.

„Uns sind Biodiversität und Artenschutz wichtig. Zum Glück ist das Verständnis dafür jetzt auch in der Gesellschaft angekommen“, sagt Landrat Andreas Coenen. „Mit der Biologischen Station haben wir als verlässlichen Partner in Nordrhein-Westfalen ein besonderes Konstrukt: einen vom Land finanzierten und beauftragten Akteur.“ Das sei  eine gute Struktur, die im gutem Umgang mit einander gelebt werde. Er freue sich über das Engagement der Sparkassenstiftung des Kreises. „Mit ihrer Hilfe konnte hier Gutes getan werden.“ Der Landrat betont: „Ich finde es wichtig, dass wir Natur- und Umweltschutz um seiner selbst willen betreiben. Wenn es sich auch für den sanften Tourismus positiv auswirkt, sind wir auf einem guten Weg.“

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