Prozess am Landgericht Wuppertal Sohn nach Beil-Attacke vor Gericht

Solingen / Hückeswagen · Wegen gefährlicher Körperverletzung ist ein 35-jähriger Hückeswagener angeklagt. Er soll seinem in Solingen lebenden Vater einen Schädelbruch zugefügt haben. Zu Prozessbeginn wirkt der Sohn teilnahmslos.

Die Vorfreude seines 70-jährigen Vaters auf das Weihnachtsfest wurde von seinem 35-jährigen Sohn voriges Jahres jäh zerstört. Feste Hiebe mit einem frisch gekauften Gipserbeil fügten dem Ahnungslosen einen offenen Schädelbruch zu, als er gerade ein Kabel in seinen Computer stecken wollte. Danach rief der in Hückeswagener die Polizei und meldete ohne jede Erregung: „Ich habe gerade meinen Vater getötet“.

Der Mitschnitt der Notrufzentrale, abgespielt beim Eröffnungstermin am Landgericht Wuppertal, erinnerte eher an ein geschäftliches Gespräch. Die Nachfrage, ob der Vater noch sprechen würde, wurde nüchtern beantwortet mit: „Nein, er atmet noch ein wenig“. Diese Distanz zur eigenen Tat irritierte auch die Polizisten, die zur Wohnung kamen. Dort erwartete sie der Angeklagte, der sich widerstandslos festnehmen ließ.

Er habe die Kontrolle verloren, Streit mit seinem Vater habe er noch nie gehabt. Dass das so nicht zutraf, wurde im Lauf der Vernehmungen klar. Sowohl seinen Vater hatte er vor Jahren schon einmal über der Augenbraue schwer verletzt. Auch die getrennt lebende Mutter war zweimal verprügelt worden, so dass sie durch eine einstweilen Anordnung jede Annäherung an ihre Wohnung verbieten ließ.

Der teilnahmslos wirkende Angeklagte ließ durch seinen Anwalt mitteilen, dass es ihm leid tue und dass es nicht wieder vorkommen solle.

Die vom Vater geschilderte Lebensgeschichte des nun wegen möglicherweise verminderter Schuldfähigkeit in einem Sicherungsverfahren angeklagten Sohnes zeigte auch eine beunruhigende Entwicklung. Ein guter Schüler sei er gewesen, Klassenbester bis zum Realschulabschluss. Probleme habe es keine gegeben, eine Ausbildung zum Fitnesstrainer habe sich angeschlossen. In diesem Zusammenhang habe es eine erste Reise nach Los Angeles gegeben, von der er nach einem halben Jahr zurückgekommen sei. Er habe fleißig weiter gearbeitet und sei dann mit fast 20 Jahren ein zweites Mal nach Los Angeles aufgebrochen. Diesmal lief irgendwas nicht nach Plan – er habe ihm neun Monate später den Rückflug bezahlen müssen, sagte der als Zeuge im Rollstuhl sitzende Vater. Danach sei nichts mehr wie vorher gewesen. Keine Arbeit, merkwürdige Wohnungen in Wuppertal und merkwürdige Beziehungen – zwischen­zeitlich Wohnen beim Vater.

Weil er dort laut mit nicht anwesenden Leuten gesprochen haben soll, wurden eine Psychose und eine schwere Depression festgestellt. Aufenthalte in der geschlossenen Abteilung der Klinik Marienheide folgten. Dass er vor Weihnachten vom Vater heimgeholt werden musste, lag an einem Schädlingsbefall in der Klinik. Ob nun möglicherweise eine fehlende Tablettengabe zur Tat geführt haben könnte, soll beim nächsten Termin geklärt werden.

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