Totschlag-Prozess am Landgericht Wuppertal „Sie war tot“ - Angeklagter bricht in Tränen aus

Update | Solingen / Wuppertal · Im September 2021 soll ein Solinger seine Lebensgefährtin getötet und ihren Leichnam nahe Freudenstadt im Schwarzwald verbrannt haben. Jetzt steht der 33-Jährige vor Gericht.

 Der Angeklagte beim Prozess am Landgericht Wuppertal: Der Solinger soll seine Lebensgefährtin getötet haben.

Der Angeklagte beim Prozess am Landgericht Wuppertal: Der Solinger soll seine Lebensgefährtin getötet haben.

Foto: Sabine Maguire

Vorgeführt wird er in Handschellen. Die lässt ihm Jochen Kötter gleich abnehmen, der Vorsitzende Richter sieht keine Fluchtgefahr beim Angeklagten. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den Solinger wiegen schwer: Im September 2021 soll der 33-Jährige seine Lebensgefährtin (36) in der gemeinsamen Wohnung getötet und den Leichnam nahe Freudenstadt verbrannt haben.

Damals auf der Fahrt in den Schwarzwald saß mit im Auto: der gemeinsame Sohn (3), der zur Tatzeit im Nebenzimmer schlief. Wie es zu der Tat gekommen sein soll? Darüber spricht der Angeklagte ohne Umschweife, immer wieder bricht er dabei in Tränen aus. Vor allem dann, wenn es um den Jungen geht, um den er sich offenbar rührend gekümmert hat. Auch dann noch, als er mit der Leiche im Kofferraum in den Schwarzwald fährt. Dorthin, wo man zuvor als Familie eine gute Zeit verbracht hatte. Dort will er die Tote vergraben – an einem Ort, von dem er glaubt, dass er ihr gefallen würde. Zuvor gibt er die Stadt im Navi ein, der Junge neben ihm im Kindersitz ist wach. Als dieser Hunger hat, holt er dem Dreijährigen am Nachtschalter der Tankstelle ein Brötchen.

Zwei Tage vorher hat er noch mit ihm im Solinger „Vogelpark“ Kindergeburtstag gefeiert. Er kümmert sich um die eingeladenen Kinder, seine Lebensgefährtin um die übrigen Gäste. Die Beziehung war da schon am Ende, nach zehn Jahren hatte man sich auseinandergelebt – aufgerieben inmitten von Berufstätigkeit und Kinderbetreuung.

Dann stirbt die Mutter der Frau. In Kisten verpackt landet deren Leben in der ohnehin „zugestellten“ Wohnung der Familie in Höhscheid. Wenn Besuch kommt, muss der sich Tage vorher anmelden. „Dann haben wir alles in ein Zimmer geworfen. Wir haben uns geschämt“, erzählt der Angeklagte nun vor Gericht.

Irgendwann trennt sich die Frau von ihm, sie hält den Stress nicht mehr aus. Auch Drogen sind im Spiel, beide verbringen die gemeinsame Zeit am Ende nur noch mit „kiffen“. Er spricht mit seinem Chef über die familiäre Krise und kündigt an, dass er vielleicht arbeitsfreie Zeit brauchen wird, um die Probleme Zuhause zu lösen. Er geht mit dem Sohn und einer Freundin in den Zoo. Der Junge erzählt das seiner Mutter, und die wirft wütend sein Handy auf ihn. „Ich habe das nicht verstanden, wir waren doch getrennt“, sagt er nun vor Gericht.

Am Abend des 6. September eskaliert die Lage in der Wohnung, in der beide auch nach der Trennung noch gemeinsam leben. Sie sagt ihm, dass sie ausziehen will. Er schläft schon lange auf der Couch, sie mit dem Jungen im Schlafzimmer. In der Nacht sieht er Licht im Flur. Und der Angeklagte sieht auch, dass sie noch mal weg will. Er will sie aufhalten, sie will den Jungen mitnehmen. Er will sie davon abhalten, den Sohn zu wecken.

Sie rangeln an der Schlafzimmertüre. Er legt von hinten den Arm um sie und zieht sie zurück. Sie röchelt, fällt auf die Knie und dann mit dem Gesicht nach vorn auf den Boden. Er bekommt Panik, versucht es mit Herzdruckmassage. „Sie war tot“, schildert der 33-Jährige nun vor Gericht, was sich in der Wohnung abgespielt hat. Er habe sofort gedacht: „Was ist, wenn mein Sohn seine Mutter so sieht?“

Er legt eine Decke über den Leichnam, später verschnürt er die Tote in der Folie eines Planschbeckens. Er bringt sie in den Kofferraum und legt sie zwischen Kisten. Dann weckt er den Jungen und sagt ihm, dass sie beide einen Ausflug machen. In seiner Firma in Hilden holt er einen Spaten, nach dem Zwischenstopp an der Tankstelle fahren sie weiter. Erst ohne Ziel, dann erinnert er sich an den Urlaub im Schwarzwald. 

Dort angekommen, steigen sie in der Nähe einer Kirche aus dem Auto. Sie gehen zusammen auf den Spielplatz und verbringen dort den Nachmittag. Bevor der Dreijährige im Auto einschläft, schauen Vater und Sohn noch seine Lieblings-Serie auf dem Handy. Dann fahren sie wieder los, er stoppt an einer Lichtung. Der Versuch, die Leiche zu vergraben, scheitert am harten Boden. Er holt einen Kanister aus dem Auto und zündet sie an. Dann fährt er mit dem Jungen zurück nach Solingen.

Vier Tage später fährt er wieder in den Schwarzwald an den Ort, wo er die Leiche verbrannt hat. Ein schwarzer Fleck, ringsum ein paar Reste von der Planschbecken-Folie. Und Flusen von der verbrannten Decke, in die er die Tote eingewickelt hatte. Er schlägt mit dem Spaten auf die verkohlte Leiche und versucht erneut, das Opfer zu vergraben. Als das nicht gelingt, zündet er die Überreste ein zweites Mal an.

Der Rechtsmediziner wird später Spuren stumpfer Gewalt am Kopf des Opfers feststellen. Er hält es für plausibel, dass die Kopfverletzungen mit einem Spaten erst Tage später zugefügt wurden. Der Tod der Frau könnte durch eine „Drosselung“ mittels Unterarm-Würgegriff eingetreten sein. Die Einlassung des 33-Jährigen hält der Sachverständige für plausibel.

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