Vortrag in Rheinberg Der Annaberg und seine Geschichte

Rheinberg · Stadtarchiv und VHS luden zur Reihe historischer Vorträge ein. Werner Kehrmann ließ die Geschichte des Annabergs aufleben.

 Die St.-Anna-Kapelle auf dem Annaberg.

Die St.-Anna-Kapelle auf dem Annaberg.

Foto: Armin Fischer (arfi)/Fischer, Armin (afi)

Gut gefüllte Reihen beim historischen Vortrag über den Rheinberger Stadtteil Annaberg. Referent und profunder Kenner der Stadtgeschichte Werner Kehrmann hatte erneut in der Alten Kellnerei alle Register gezogen, die historischen Wurzeln dieses Ortsteils offenzulegen. Sein Detailwissen zur militärischen und kirchlichen Vergangenheit hat er bei seinen verschiedenen Besuchen des Rheinberger Stadtarchivs vertieft.

Stadtarchivarin Sabine Sweetsir leistet dabei wertvolle Unterstützung, so dass Geschichte und Geschichten zum „Annaberg, westliche Wohnstatt“ weitergegeben werden und sich – wie in diesem Fall – durch Funde wie auch in jüngster Zeit durch Luftbildaufnahmen zur Verteidigungsanlage Rheinbergs vervollständigen. Die Rede war in diesem Vortrag von „USA“, Kürzel der Insider für „Unser schöner Annaberg“, wie Kehrmann schnell aufklärte. Markante Stadtteilmarke ist die St. Anna-Kapelle, die sich über dem Friedhof, angelegt als Parabelform, auf einer ehemals römischen Warte erhebt. 1555 wird die Kapelle erstmals urkundlich erwähnt, 1633 folgte durch „marodierende oranische Soldateska die Zerstörung“, so Kehrmann. Erst 1773 sollte sie wiederaufgebaut werden, da ein Nachfahre den testamentarischen Wunsch des damals beteiligten Soldatenhauptmanns umsetzte, nämlich den Wiederaufbau der St.-Anna-Kapelle. Bürgermeister Gatzweiler beaufsichtigte den Bau. Abt Dionysius Genger segnete die Kapelle 1774 ein und weihte sie erneut der Heiligen Anna. Bemerkenswert ist bis heute der Eingangsbereich, so Kehrmann. Große Kugeln, die damals über Wurfwaffen, die Bliden, im Kampf gegen den Feind abgeschleudert wurden, dienen heute als Schmuckelemente. Sie sind zugleich ein Indiz für die strategisch gut gelegene Stadt als Exklave des Kurfürstentums Köln. Dass man die Kapelle Anna, der Großmutter Jesu und Mutter Marias weihte, entsprach nach dem Konzil von Trient der Zeit. „Bereits zum Ende des 15. Jahrhunderts wurde eine Bruderschaft nach ihr benannt“, so Kehrmann. Die Heilige war zugleich Patronin der Mütter, Witwen, der Armen und Arbeiterinnen, der verschiedenen Berufsstände wie Schneider, Weber, Tischler und Drechsler.

Die St.-Anna-Kapelle Rheinberg, die auch dem Viertel ihren Namen gab, wurde Zunftkapelle der Weber. Sie diente damals als Rats-, Gerichts- und Beschwerdesaal. „Dort wurden auch neue Gesetze verlesen“, so Kehrmann. 1833 erfolgte aus Platzgründen die Verlegung des Friedhofs der Pfarrkirche St. Peter an die St.-Anna-Kapelle. Auch als Wallfahrtskirche machte sich die Kapelle einen Namen. „Heute hat sie den Status nicht mehr“, so Kehrmann. Auch sei das Wunder vom Annaberg nicht genau gesichert. Seit 1983 ist die Kapelle mit Heiligengrotte, Friedhofskreuz und Grabstellen Baudenkmal mit eigener weitreichender Geschichte. Flurbezeichnungen im Stadtteil Annaberg wie Groote Gert und Kleine Gert offenbaren die Zugehörigkeit zum Kamperhof und dem Zisterzienserorden vom Kloster Kamp, so Kehrmann über damalige und noch heute gültige Einteilungen. Straßennamen wie Nikolaus Palm oder Gerhard van Clef erinnern an Ehrenbürger.

Mit Joachim Knop, Inhaber des Rheinlandtalers, kam in den letzten Jahren ein Fundstück ans Tageslicht, das auf einer über einen Meter langen Rolle an die Anfänge des Friedhofs erinnert, so Kehrmann. Mit Wolfgang Schmitz rettete er weitere Bücher hinüber aus feuchten Kellern in die Gegenwart. Sie enthalten Friedhofspläne von 1865, so dass die Geschichte des historischen Friedhofs noch weiter vervollständigt wurde. Der Annaberg ist mit seinem Kriegsgefangenenlager nach 1945 zugleich auch Schauplatz von Elend, Hunger und Tod. Jährlich wird am 26. Juli das Patronatsfest mit einer Lichterprozession gefeiert. Die Anna-Schützen ziehen mit ihrem Königspaar zur St.-Anna-Kapelle.

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