Beginn der Ernte Ein Nachmittag auf dem Spargelfeld

Alpen · RP-Redakteur René Putjus half Landwirt Martin Wache auf dem Hof in Veen bei der Frühernte. Er lernte eine Spinne auf vier Rädern kennen und buddelte in Dämmen.

Rheinberg: Spargelstechen als Amateur - ein Nachmittag als Erntehelfer
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Spargelstechen als Amateur - ein Redakteur testet

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Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Hildegard Wache schüttelt mit dem Kopf. Die Kundin, die sie im ganzjährig geöffneten Hofladen bedient, möchte auch Spargel kaufen. „Jetzt wächst er noch nicht, wie er wachsen soll.“ An diesem Nachmittag ist die Auslage fast leer, zwei verlorene Stangen liegen noch in einer Holzkiste. Für die Ostertage sind bereits alle Bestellungen angenommen. „In diesem Jahr ist der Hunger über die Feiertage auf Spargel größer als in den Vorjahren. Das hat vielleicht damit zu tun, dass die Leute im Moment auf viel verzichten müssen“, sagt die 55-Jährige, die in dem Familienbetrieb für die Direktvermarktung zuständig.

„Wir sind noch nicht voll im Ertrag. So richtig los geht’s erst in zwei Wochen“, meint ihr Ehemann Martin Wache, der eilig um die Ecke gelaufen kommt. Der Landwirt stand noch an der Kartoffelsortiermaschine. Gemeinsam mit Jakob Giesen, seinem 93-jährigen Schwiegervater. Martin Wache ist auf dem Weg zum Spargelfeld. Hinter der Kartoffelhalle, neben dem neu gebauten Schweinestall wächst auf knapp einem Hektar das weiße Gold. Der 54-Jährige bleibt vor der Spargelspinne stehen. Die Erntehilfsmaschine, Batterie betrieben, hebt die Folien an und bietet Platz für zwei der Aluminium-Kisten, in die der gestochene Spargel abgelegt wird. Die blaue Spinne, die der Familienbetrieb Giesen-Wache vor rund zehn Jahren gekauft hat, steht einsatzbereit vor einem Damm. Auf etwa 45 Zentimeter ist die Erde angehäuft. Als Dämme werden die Reihen bezeichnet, in denen das Saison-Gemüse wächst. Das Feld besteht aus 25 Dämmen leicht lehmigem Sandboden. Alle um die 220 Meter lang.

Martin Wache drückt den Einschaltknopf. Langsam setzen sich die vier Räder in Bewegung. Sie rollen vorbei an Tunnelstäben, auf denen die Folie liegt. Der dreifache Familienvater spricht von einem Mini-Gewächshaus. Vorne hebt sich die Folie an. Der erste weiße Kopf ist zu sehen. Die Folie liegt jetzt auf Brusthöhe in einer Führungsschiene. Auf einer Länge von etwa vier Metern ist der Boden frei. „Aufgepasst“, sagt der Landwirt, hebt die rechte Hand und buddelt mit Zeige- und Mittelfinger die erste Stange frei. Er führt den Spargelstecher gekonnt ins Loch. Zack, der Landwirt hat die Stange in der linken Hand. „Wenn man zu tief sticht, wird der Wurzelstock beschädigt“, sagt er und reicht das Werkzeug weiter. „Und immer schauen, ob direkt daneben noch eine weitere Stange wächst. Die möglichst nicht berühren.“

Also los. In die Knie gehen, nach vorne beugen. Zwei Finger in den Boden, Erde wegschieben, Spargelstecher ansetzen. Aber wie tief nur? Der Fachmann arbeitet nach Augenmaß. „Optimale Länge sind 21, 22 Zentimeter.“ Wache schaut ganz genau hin. „Jetzt ansetzen und durchtrennen.“ Nichts passiert. Die Stange will nicht. Erst beim vierten Versuch gibt sie nach. Das untere Ende sieht zerfranst aus. „Das passt schon, fürs erste Mal gar nicht so schlecht.“ Seit 30 Jahren baut die Familie Spargel an.

Die Spargelspinne fährt weiter. Gijnlim nennt sich die frühaustreibende Sorte, deren Köpfe aus dem Boden schauen. Martin Wache war am frühen Morgen schon auf dem Feld. Nebenan hat er die Sorte Ramires gestochen. „Beide Sorten haben ein hohes Ertragspotenzial und sehr schön geschlossene Köpfe“, sagt er. Die Maschine hält an. Jetzt geht’s schon besser. Zack, zwei Stangen sind ab. Der Landwirt nickt. Nach ein paar Minuten ist klar, dass diese Arbeit auf den Rücken geht.

Wache wird womöglich in diesem Jahr allein für die Spargelernte zuständig sein. Der Saisonarbeiter aus Rumänien, der zwei, drei Monate auf den Hof nach Veen kommen wollte, sagte kurzfristig ab. „Seine Frau hatte wohl was dagegen“, weiß Kerstin Wache, die älteste Tochter, die sich um den Facebook-Auftritt des Hofladens kümmert.

 Selbst ist der Mann: René Putjus sticht seine erste Spargelstange aus dem Boden. Erst im vierten Versuch gibt sie nach. 

Selbst ist der Mann: René Putjus sticht seine erste Spargelstange aus dem Boden. Erst im vierten Versuch gibt sie nach. 

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )
 Die Spargelspinne ist eine große Arbeitserleichterung. Sie hebt die Folie an. 

Die Spargelspinne ist eine große Arbeitserleichterung. Sie hebt die Folie an. 

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )
 Martin Wache baut auf einem Hektar drei verschiedene Spargelsorten an.

Martin Wache baut auf einem Hektar drei verschiedene Spargelsorten an.

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )
 In so einen Aluminium-Korb passen zehn Kilogramm Rohware. 

In so einen Aluminium-Korb passen zehn Kilogramm Rohware. 

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Womöglich greifen zwei deutsche Arbeitskräfte Martin Wache unter die Arme. „Ich habe noch keine Zusage. Schön wär’s ja. Die Arbeit ist alleine fast nicht zu schaffen – trotz Spargelspinne.“ Ende April sind die ersten Erdbeeren reif, auch die Frühkartoffeln müssen bald vom Feld. Wache zeigt auf die hinteren Dämme. Backlim heißt diese Spargelsorte. Die soll nach dem 1. Mai geerntet werden. „Dann geht’s richtig los. Im Moment ist es noch wie Urlaub.“ Der Landwirt wirkt nachdenklich. Er weiß, dass bis Ende Juni sehr lange Arbeitstage auf ihn zukommen.

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