Fußball Wendt bleibt VfR-Präsident

Fußball · Überraschung bei der Jahreshauptversammlung des krisengeschüttelten VfR 06 Neuss: Ex-Profi Günter Thiele trat als aktueller Trainer bei der Präsidentenwahl als Kandidat gegen Amtsinhaber Reinhard Josef Wendt an. Wendt behielt im zweiten Wahlgang knapp die Oberhand.

 Vergangenen November begrüßte Reinard Josef Wendt (l.) begeistert Ex-Profi Günter Thiele als neuen Trainer des VfR Neuss. Am Dienstag trat Thiele überraschend bei der Präsidentenwahl gegen Wendt an.

Vergangenen November begrüßte Reinard Josef Wendt (l.) begeistert Ex-Profi Günter Thiele als neuen Trainer des VfR Neuss. Am Dienstag trat Thiele überraschend bei der Präsidentenwahl gegen Wendt an.

Foto: S. Büntig

Einem Jahr, das auch für die Verhältnisse des krisengeschüttelten Fußball-Bezirksligisten VfR Neuss als turbulent eingestuft werden darf, stand auch die Jahreshauptversammlung am Dienstagabend in nichts nach. In der fast vierstündigen Sitzung wurde lautstark, kontrovers und teilweise über den guten Ton hinaus diskutiert. Das Ergebnis: Reinhard Josef Wendt bleibt Präsident.

Bis es soweit war, musste der 66-jährige, der den Klub in Eigenregie vor der Insolvenz gerettet hatte ("Ich habe den Kopf hingehalten, als sich alle anderen weggeduckt haben"), aber einiges an Schelte über sich ergehen lassen: Nicht wenige fühlten sich von der direkten Art Wendts vor den Kopf gestoßen. Von "Schmeißen mit Schlamm", "Frechheiten" und gar "Betrug" war die Rede.

Überraschend kandidierte auch Trainer und Ex-Profi Günter Thiele für Wendts Posten und konnte dabei auf die Hilfe des eloquenten Achim Weber (102 Zweitligaspiele für Bochum, Oberhausen und Fortuna Köln) bauen, der ein gemeinsames Konzept erläuterte: Man wolle Kompetenz in den Verein bringen, Kooperationen mit Schulen und Profivereinen aufbauen, den VfR wieder zum Aushängeschild in der Stadt machen, seriös und mit klaren Strukturen arbeiten und nachhaltig wirtschaften. Sponsoren für die Umsetzung dieses sehr professionell anmutenden Plans habe man in der Hinterhand. Doch nicht nur der Ex-Präsident Jupp Kokesch reagierte skeptisch: "Was solche Zusagen angeht, bin ich ein gebranntes Kind."

Am Ende setzte sich Wendt im zweiten Wahlgang mit nur einer Stimme Vorsprung (27:26 bei drei Enthaltungen) denkbar knapp durch, wenngleich ein fader Beigeschmack bleibt: Es wurden 56 Stimmen abgegeben, obwohl zu diesem Zeitpunkt gemäß mehrmaliger Nachfrage nur noch 52 Wahlberechtigte anwesend waren. "Das hat so seine Richtigkeit", meinte Wahlleiter und Aufsichtsratsmitglied Michael Klinkicht. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Nuesser Rat stützte sich dabei auf den Umstand, dass er alle Wahlberechtigten beim Abholen der Stimmzettel auf einer Liste erfasst habe. Gegenkandidat Thiele, unterstützt von Achim Weber und dem schon häufiger beim VfR aktiven Daniel Ferfers, akzeptierte das Ergebnis. Doch direkt nach der Wahl suchte das Trio das Weite.

Allerdings hatte Thiele schon vorher betont, auch im Falle einer Niederlage Trainer bleiben zu wollen: "Ich bin Neusser und werde selbstverständlich weiterhin zur Verfügung stehen." Wendt will den Verein nach der im Vorjahr abgewendeten Insolvenz unbedingt in ruhige Fahrwasser führen: "Wir werden nur noch mit dem Geld arbeiten, das wir wirklich auf dem Konto haben. Gemeinsam mit meinem Vorstand werden wir den Neuanfang schaffen." Die Vergangenheit hat aber auch bei Wendt Spuren hinterlassen, den die Versammlung sichtbar mitnahm: "Ich habe mich gefragt, ob ich mir das noch antun muss. Ich war insgesamt 14-mal beim Insolvenzverwalter, wurde beschimpft und erpresst, habe sogar meine Kur für den VfR abgebrochen. Aber wenn der Verein mich braucht, werde ich weiterhin für ihn da sein." Auf die Frage, ob er das nervlich überhaupt durchhalte, mochte er freilich keine definitive Antwort geben.

(NGZ)
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