Neuss Finanzämter machen Druck

Neuss · Der Steuerberater Michael Kalus macht eine verschärfte Gangart der Finanzverwaltung im Umgang mit den Steuerklärungen aus. Fristverlängerungsanträge werden häufiger abgelehnt.

 Michael Kalus: Verlängerungsantrag plausibel begründen.

Michael Kalus: Verlängerungsantrag plausibel begründen.

Foto: L. Berns

Neuss Für alle Steuerpflichtigen ist heute ein wichtiger Stichtag, denn bis Mitternacht müssen die Steuererklärungen beim Finanzamt sein. Und die sind stärker als in den Vorjahren erpicht darauf, so hat der Neusser Steuerberater Michael Kalus beobachtet, dass diese Frist auch eingehalten wird.

Herr Kalus, schlimm, wenn Lohnsteuer- oder Einkommenssteuererklärung heute noch nicht fertig sind?

Michael Kalus Zunächst: Die Frist 31. Mai gilt für alle Bürger, die ihre Steuererklärungen alleine, also ohne Hilfe eines Steuerberaters erstellen. Werden die Erklärungen durch einen Steuerberater erstellt, dann gibt es eine allgemeine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember des Folgejahres. Wenn eine Erklärung nicht fristgerecht eingeht, kann das Finanzamt sehr unangenehme Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören Festsetzung von Zwangsgeldern, Verspätungszuschlägen und Erlass von Schätzungs-Steuerbescheiden mit in der Regel überhöhten Zahlungsverpflichtungen.

Bislang konnte man doch immer ganz gelassen sein und um eine Fristverlängerung bitten. Geht das nicht mehr?

Kalus Leider werden in Nordrhei-Westfalen die Fristverlängerungen nicht mehr so großzügig gewährt wie in der Vergangenheit. Man hat festgestellt, dass die Finanzämter in NRW auf einer bundesweiten Rangliste beim Stand der Steuerveranlagungen ganz am Ende stehen. Dies führt nicht nur zu Ablehnung von Fristverlängerungsanträgen, sondern auch in vielen Fällen zu vorzeitiger Anforderung von Steuererklärungen.

Eine zu spät abgegebene Steuerklärung ist doch — wenn man von einer Erstattung ausgeht — eher ein zinslosen Darlehen an die Finanzverwaltung von Bund und Land. Warum sieht man das in den Behörden nicht so und macht nun so Druck?

Kalus Die Finanzämter sind durch die zunehmende elektronische Datenverarbeitung und die häufige Abgabe von Steuererklärungen über das Internet (sog. ELSTER-Verfahren) tendenziell schneller geworden, so dass in manchen Veranlagungsstellen schlicht die Arbeit ausgeht, wenn die Erklärungen nicht fristgerecht eingehen. Außerdem möchte die Finanzverwaltung die alten Jahre abschließen.

Was sollte man tun, um künftig Ärger mit dem Finanzamt zu umgehen?

Kalus Auf jeden Fall sollte man rechtzeitig vor Fristablauf eine Verlängerung beantragen. Und das am besten mit Angabe von plausiblen Gründen (Krankheit, Pflege von Angehörigen, bestimmte Unterlagen liegen noch nicht vor etc.).

Gesetzt den Fall, jemand will an seiner alten Angewohnheit der Fristüberschreitung festhalten. Was kann ihm im schlimmsten Fall blühen?

Kalus Die wohl unangenehmste Folge ist die Festsetzung von Verspätungszuschlägen. Das Finanzamt kann bis zu zehn Prozent der festgesetzten Steuerschuld für die Verspätung fordern. Und das sogar, wenn man eine Erstattung bekommt. Beispiel: Wird durch den Steuerbescheid eine Jahressteuer von 50 000 Euro festgesetzt und hat man 53 000 Euro Lohnsteuer bezahlt, dann erhält man 3000 Euro als Erstattung. Der Verspätungszuschlag kann jedoch trotz der Erstattung bis zu zehn Prozent der 50 000 Euro also maximal 5000 Euro betragen.

Ein ganz schöner Batzen!

Kalus Nach meinen Erfahrungen wird dieser Höchstbetrag aber nicht bereits bei der ersten Fristüberschreitung festgesetzt. Da begnügt sich das Finanzamt in der Regel mit deutlich niedrigeren Beträgen.

Wa tut man, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt?

Kalus Auch gegen die Festsetzung von Verspätungszuschlägen kann Einspruch eingelegt werden.

Info Michael Kalus ist Partner beim Neusser Beratungsunternehmen KBHT

(NGZ)
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