Jubiläumsfest Lebenshilfe vereint die Gesellschaft

Lennep · Die Lebenshilfe Remscheid hat am Samstag mit einem großen Fest in der Lenneper Altstadt ihr 60-jähriges Bestehen gefeiert. Viele kamen, um gemeinsam zu feiern – Menschen mit und ohne Handicap.

 60 Jahre Lebenshilfe: Die hauseigene Band „Lennys“ mit dem langjährigen und stets gut gelaunten Frontsänger Michael kommt bei den Besuchern des Festes in der Lenneper Altstadt hervorragend an.

60 Jahre Lebenshilfe: Die hauseigene Band „Lennys“ mit dem langjährigen und stets gut gelaunten Frontsänger Michael kommt bei den Besuchern des Festes in der Lenneper Altstadt hervorragend an.

Foto: Jürgen Moll

Niemand strahlt so wie Michael. „Hallo Susanne“, ruft er von der Bühne aus durch das Mikrofon, als er eine Bekannte im Publikum  entdeckt, winkt aufgeregt und lachend zu ihr hin, „Wie gehst dir Susanne?, ruft er noch hinterher. Dass dies alles mitten in seiner musikalischen Performance von „Que sera, sera“ passiert, nimmt ihm niemand übel. Auch nicht, dass der Refrain bei „Ich war noch niemals in New York“ manchmal nicht so ganz in den Rhythmus passt.

Michael ist Leadsänger der hauseigenen Lebenshilfe-Band „Lennys“ und geistig behindert. Die unbändige Freude, mit der er auf der Bühne steht, ist so berührend, dass jegliche großen und kleinen Unebenheiten, die von der musikalischen Perfektion abweichen, völlig nebensächlich sind - im Gegenteil.

„Der macht das super“, schwärmt eine Frau im Publikum,  „seine Lebensfreude ist beeindruckend“. Vor der Bühne wird gemeinsam getanzt, jung und alt, mit und ohne Handicap: Kinder mit geschminkten Schmetterlingsgesichtern, Menschen im  Rollstuhl werden im Takt der Musik von Freunden, Eltern und Partnern bewegt, ein Mann mit Down-Syndrom tanzt Foxtrott  mit einer Besucherin. 

„Die Akzeptanz von Menschen mit Behinderung ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen“, bestätigt Lebenshilfe-Geschäftsführer Jerrit Bennert mit Blick auf die vielen Menschen auf dem  Alter Markt –  vor der Bühne, an den Bier- und Wurstständen, auf den zahlreichen Bierbänken. „Man sieht ja, wie voll es ist und dass, obwohl wir gar nicht soviel Werbung im Vorfeld gemacht haben, weil wir ja auch nicht wussten, wie sich alles entwickelt.“

Genau vor 60 Jahren, im November 1962, wurde der Verein „Lebenshilfe für das geistige Kind – Ortsvereinigung Remscheid“ von 26 Eltern ins Leben gerufen, bereits ein Jahr später die erste Werkstatt an der Blumenstraße eröffnet. 1969 folgte die erste heilpädagogische Kindergartengruppe. Heute macht die Lebenshilfe rund 800 Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen Angebote – von der Frühförderung über das Berufsleben bis hin zu seniorengerechten Wohnformen. “In unseren Werkstätten bieten wir 29 unterschiedliche Berufsbereiche an, wir gelten bei unseren Industriekunden als zuverlässige Partner, Unternehmen bieten uns betriebsintegrierte Arbeitsplätze. Wir sind auf dem absolut richtigen Weg, was die Teilhabe der Menschen mit Handicap in unserer Gesellschaft betrifft“, erklärt Bennert, sieht aber noch viel Verbesserungspotenzial und Handlungsbedarf. „Dass jedes Kind mit Förderbedarf seit 2009 ein Recht auf einen Platz an einer Regelschule hat, war sicher ein guter Gedanken seitens der Politik. Sowas muss aber durchdacht sein und kann nur funktionieren, wenn die Schulen entsprechend ausgestattet werden. Was soll ein blindes Kind in einer Schule, die nicht auf dessen Bedarf ausgerichtet ist?“

Michael und seine Band haben  „Mit 66 Jahren“ angestimmt. Vielleicht extra für Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz, der an diesem Tag selbst seinen 66.sten gefeiert und nachmittags das Fest eröffnet hat. Dessen Worte, so sieht  es Jerrit Bennert, hätten die Entwicklung der Lebenshilfe in den Jahren wunderbar auf den Punkt gebracht. „Früher wurden die besonderen Menschen einfach nur betreut, heute werden sie gefördert.“

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