Prozess gegen aggressive Jugendliche Angriffe in Remscheid – Haft gefordert

Remscheid/Wuppertal · Die Staatsanwaltschaft fordert für die Angreifer Jugendstrafen zwischen einem Jahr und sechs Jahren.

 Das Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.

Das Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.

Foto: dpa/Arne Dedert

Im Prozess gegen vier Jugendliche, die sich am Landgericht Wuppertal wegen eines Messerangriffs und zweier weiterer Angriffe mit Schraubenzieher und Schlagstock auf Passanten zu verantworten hatten, hat die Staatsanwaltschaft jetzt Jugendstrafen zwischen einem Jahr und sechs Jahren gefordert. Das Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.

Der Prozess gegen die vier Angeklagten, die im Schutz der Gruppe gemeinschaftlich Angst und Schrecken verbreitet hatten, ist ein Lehrstück in Sachen „Gruppendynamik“. Den zur Tatzeit 16- bis 19-Jährigen waren von der Anklage mit unterschiedlicher Beteiligung drei Taten vorgeworfen worden. Sie sollen am Hauptbahnhof, im Allee-Center, nach der Kirmes und an der Bismarckstraße mehrere Passanten gemeinschaftlich angerempelt und mit Faustschlägen und Tritten traktiert haben. Ein Opfer war mit dem Schlagstock verprügelt und durch einen Messerstich lebensgefährlich verletzt worden.

Der junge Mann hatte sich mit dem Messer verteidigen wollen, mit dem einer der Angeklagten ihm später dann in den Rücken gestochen hatte. Das Opfer hatte noch versucht, hilfesuchend einen Bus und ein vorbeifahrendes Auto anzuhalten – die Fahrer hatten die Situation damals allerdings verkannt. Einem weiteren Opfer wurden durch den Angriff mit einem Schraubenzieher unter anderem Stichwunden am Hals zugefügt. 

Dabei sollen erhebliche Mengen Alkohol und möglicherweise noch andere Rauschmittel der Treibstoff gewesen sein. Die Opfer waren der Gruppe eher zufällig über den Weg gelaufen. Die Angeklagten waren polizeibekannt, zwei waren bereits zuvor wegen ähnlicher Vorkommnisse zu Jugendstrafen verurteilt worden. Der 16-Jährige soll sich sogar damit gebrüstet haben, dass sich die Polizei wiederholt mit ihm befasst habe.

Aus den Einlassungen der Angeklagten und den Aussagen der Opfer und der Zeugen hatte das Gericht mühsam den Ablauf der Angriffe und auch die Rolle der einzelnen Gruppenmitglieder rekonstruiert. Wem war der lebensgefährliche Messerangriff an der Bismarckstraße zuzuschreiben? Wer schlug mit einem Schlagstock dort und am Abend vorher an der Kirmes auf die Opfer ein? Warum wurde ein Passant im Allee-Center mit einem Schraubenzieher attackiert?

Die Staatsanwältin rügte in ihrem Plädoyer das gemeinschaftliche Handeln der Gruppe, die das „Erlebnis suchte“ und dies nach wechselseitigem Aufschaukeln in der Eskalation mit Waffengewalt gefunden habe. Ganz anders dagegen die Verteidiger, die den Fokus auf die individuelle Schuld ihrer jeweiligen Mandanten legten und diese so gering wie möglich halten wollten.

Anti-Aggressionstrainings, deren Bitten um Entschuldigung und freiwillige Schmerzensgeldzahlungen sprächen für die Angeklagten. Deren Schlussworte sollten das bestätigen – bei den Eltern des mittlerweile 17-Jährigen, die für ihren Sohn sprachen, gingen trotzdem die Emotionen hoch. Da fühlte sich die Mutter durch die überfallartigen Ermittlungen von Beamten diskriminiert, die hätten sich geradezu „rassistisch verhalten“. Aber auch hier der vordringlich geäußerte Wunsch, dass der noch minderjährige Sohn eine Chance bekäme.

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