Heiligenhaus Stadtwandel: "Nicht die Kunst vergessen"

Heiligenhaus · Fünf Jahre art house im Rathauscenter. Am Sonntag gibt es dazu eine Ausstellung. Sorge herrscht um die Ausstellungsorte.

 Diese Künstlerinnen bestreiten die Ausstellung im art house.

Diese Künstlerinnen bestreiten die Ausstellung im art house.

Foto: Achim Blazy

"Was ist Kunst?" Diese Frage ist ebenso alt wie ungelöst, beschäftigt Dichter und Denker seit vielen Jahrhunderten. Die witzigste und zugleich tiefgründigste Aussage stammt vom spanischen Multitalent Pablo Picasso: "Wenn ich es wüsste, würde ich es für mich behalten." Und der Philosoph Jean Paul meinte Ende des 19. Jahrhunderts, als die Kunst einer großen Wandlung unterworfen war "Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens". Diese Aussage ist für viele zu lapidar, denn Kunst ist immerhin ein Spiegel der Zeit. Und die Mitglieder des Stadtmarketing-Arbeitskreises Kultur und Gesellschaft sind der Auffassung, dass Werke der bildenden Künstler zum Innehalten, Nachdenken, Irritieren, Diskutieren anregen sollen, Denkanstöße im weitesten Sinne geben müssen.

Der Arbeitskreis hat die Förderung dieses Mediums auf seine Fahnen geschrieben. So griffen die Verantwortlichen schnell zu als ein Leerstand im Rathauscenter zur Benutzung angeboten wurde. Sie gründeten eine kleine Kunstgalerie, genannt "art house". Und diese Kunststätte feiert beim Martinsmarkt am Sonntag, 10. November, das fünfjährige Bestehen mit einer Vernissage unter dem Thema "Alles bewegt sich".

"Das Motto ist an den augenblicklichen Wandel der Stadt angelehnt, bezieht sich aber auf den Terminus Bewegung", betont die Fotokünstlerin Irene Drehmann. "An diesem Tag soll der Himmel im art house voller Überraschungen hängen" erzählt Ilona Peter. Das heißt jede der neun zurzeit ausstellenden Kunstschaffenden gestalteten ein hochwertiges Mobile, welches das Thema der Vernissage von der Decke hängend real symbolisiert. "Alles bewegt sich" war aber auch die Auf-gabe zu einer Bildgestaltung jeder Künstlerin. Nebeneinander werden die frisch kreierten Werke an der Frontwand der Galerie zu sehen sein. Was und wie jede dieses Thema gestaltet, ist noch ein Geheimnis und wird erst zur Vernissage gelüftet. Das erzeugt Spannung und wird die charakteristische Individualität der "Arthäusler" sichtbar machen mit romantischen, realistischen, impressionistischen, expressionistischen und avantgardistischen Stilelemente. So wie in den bisherigen Präsentationen dürften sie auch in der neuen Werkschau jeder Einzelnen am Sonntag erkennbar sein.

Die zwei Fotokünstlerinnen Irene Drehmann und Ulrike Krewitz bewegen sich unterschiedlich im Spiel mit der Kamera. Während Erstere einen fantasie- und kunstvollen, manchmal visionären, Hang zum fantastischen Realismus hat, zeigt Letztere eine herrliche Tendenz zur romantisierenden Bildgestaltung realer Objekte. Ilona Peter gestaltet vorwiegend ausgefallen abstrahierte Aquarelle mit graphischen Akzenten. Doris Peters beherrscht das Spiel mit Licht und Schatten vor allem in ihren Landschaftsbildern meisterlich. Ute Prochnow liebt das großflächige Farbenspiel. Anne Pahl begibt sich gerne auf avantgardistische Pfade, während Brigitte Mosch gekonnt abstrahierte Menschenbilder innerhalb herrlicher Farbkompositionen umsetzt. Kunsthandwerkerin Marianne Watty verwandelt reale Figuren in märchenhafte Wesen. Im Experimentieren mit Formen und Farben gelingen Birgitt Haak in figürlicher Gestaltung aussagekräftige Plastiken, auffallend die grazil eleganten Figuren. Alle diese Kunstschaffenden haben dem Leerstand im Rathauscenter ein farbiges Gesicht gegeben und die City bereichert. Doch die Vorbereitungen zur gewerblichen Nutzung laufen auf Hochtouren. Das wäre für den Handel ein Plus, für die Kunstszene ein Wermutstropfen. Denn Heiligenhaus ist reich an Künstlern, aber arm an Ausstellungsorten. Die meisten Kunstschaffenden — unter ihnen die Uecker Meisterschülerin Doris Halfmann und der Cragg-Meisterschüler Matthias Lanfer — leben und arbeiten vor Ort.

Präsentation und Auseinandersetzung mit ihren Werken aber finden in den Foren anderer Städte statt.

Der Arbeitskreis appelliert daher an die Stadtplaner "Vergessen Sie beim Stadtwandel nicht die Ausstellungsmöglichkeiten für bildende Künstler."

(ror)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort