Auch im Petersdom durfte Jung-Organist Paul Sendt (14) schon spielen. Liebfrauenschüler an der Kirchenorgel

RATINGEN · Paul Sendt (14) spielt für sein Alter ein ungewöhnliches Instrument: Kirchenorgel. Meist in St. Marien, aber auch schon mal im Petersdom.

 Paul Sendt in St. Marien Tiefenbroich: Die Kirchenorgel ist sein Lieblingsinstrument.

Paul Sendt in St. Marien Tiefenbroich: Die Kirchenorgel ist sein Lieblingsinstrument.

Foto: Venn, J. (jven)

Vorausschauende Eltern bereiten ihren Nachwuchs schon während der musikalischen Früherziehung vorsichtig auf das Instrument vor, das der Familie und dem kleinen Musikanten am meisten Glück beschert, das die Nachbarn nicht zur Weißglut bringt und vielleicht auch rasche Erfolge beim Suchen der richtigen Töne zulässt. Familie Sendt in Lintorf blieb da völlig entspannt. Ihr Sohn Paul spielt Orgel. Und das, nachdem er erst am Klavier reüssierte.

Während sein Bruder mit der Gitarre zufrieden ist und sie gut spielt, hat er sich inzwischen für die Königin der Instrumente entschieden. Nun gut – Bequemlichkeit war auch nicht angesagt, als er das Klavierspiel erlernte: Ein Piano bekommt man bekanntlich auch nicht aufs Fahrrad, wenn man außer Haus spielen will. Und die Orgel – zumindest die Kirchenorgel – ist auch eher am meist kirchlichen Ort fest installiert.

Wenn also das Instrument nicht zum Musiker kommt, dann geht er eben zum Instrument. Gegenwärtig ist es die Orgel in St. Marien in Tiefenbroich. Hier wohnte Familie Sendt, bevor sie nach Lintorf zog, hier gibt es Kontakte zur Geistlichkeit und zu den übrigen geistlichen Mitarbeitern.

Aber für Paul, den 14 Jahre alten Schüler der Liebfrauenschule, muss es nicht unbedingt ein Instrument sein, das er schon kennt, bereits gespielt hat. In diesem Sommer machte die Familie Urlaub an der Nordsee in Hooksiel. Vorher erkundigte sich Paul nicht etwa nach Wetter und Strandkörben, sondern nach der Orgel. Und er durfte sie dann auch spielen.

Belastbare bundesweite Zahlen zu Orgelspielern gibt es der Gesellschaft der Orgelfreunde (GDO) zufolge nicht. Eine Tendenz sei dennoch deutlich erkennbar: „Das boomt relativ gut“, sagt GDO-Präsident Matthias Schneider. Der Professor für Kirchenmusik ist zudem erstaunt, dass es derzeit „ziemlich viele Initiativen“ gebe, um Kinder an die Orgel zu bekommen. Auch allgemein sei das Instrument wieder mehr im Gespräch.

„Filmmusik, Orgelmusik, gemischt mit Synthesizerklängen, Popularmusik auf der Orgel – gegenwärtig wird das neue Potenzial der Orgel entdeckt.“ Erst vor kurzem sind Orgelbau und Orgelmusik von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt worden. Das lässt hoffen, und nicht nur Paul Sendt kann vom neu erwachten Interesse profitieren.

In Ratingen leben vor allem die Orgelwelten rund um Kantor Ansgar Wallenhorst und seine begeisterte Kenner- und Fangemeinde. Und überhaupt: Bei Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen wirkt häufig ein Organist mit solistischem Orgelspiel, Begleitung von anderen Musikern sowie der singenden Gemeinde, bei der Trauerfeier in der Friedhofskapelle mit, häufig auf einem elektronischen Instrument oder einem Harmonium, dem Instrument zwischen Orgel und Akkordeon. Der 14-jährige Nachwuchs-Orgelspieler hat unlängst sogar bei einer Ministranten-Tour im Petersdom die Orgel spielen dürfen.

Die Mitschüler in der Liebfrauenschule finden es keinesfalls ausgefallen, dass Paul Orgel spielt, sie interessieren sich für seine Musik. Und sie machten auch keinen Aufstand, als er seinen Berufswunsch kundtat. Paul will Priester werden, was weiß Gott kein häufig geäußerter Plan in seinem Alter ist. Wie schön, dass er sich dann auch noch mit dem Orgelspiel auskennt.

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