Pfarrerin Kirsten Düsterhöft begibt sich mit jedem ihrer Konfirmanden-Jahrgänge auf eine Reise in die dunklen Zeiten der neueren deutschen Geschichte. Nacht der Erinnerung

HEILIGENHAUS · In der Alten Kirche wird am Freitag der Opfer der Pogromnacht mit Texten, Liedern und Lichtern gedacht.

 Im Haus der Kirche eröffneten Silke Eisenblätter (Stadt Heiligenhaus), Ruth Ortlinghaus und Pastorin Kirsten Düsterhoft die Ausstellung von Arthur Jakobs.

Im Haus der Kirche eröffneten Silke Eisenblätter (Stadt Heiligenhaus), Ruth Ortlinghaus und Pastorin Kirsten Düsterhoft die Ausstellung von Arthur Jakobs.

Foto: Blazy, Achim (abz)

„Ein Teil der jungen Leute weiß heute nichts oder viel zu wenig vom Holocaust. Dabei ist es unsere Aufgabe heute, wachsam für die Zukunft zu sein.“ Pfarrerin Kirsten Düsterhöft begibt sich mit jedem ihrer Konfirmanden-Jahrgänge auf eine Reise in die dunklen Zeiten der neueren deutschen Geschichte. „Und es ist immer wieder ganz große Betroffenheit, die ich bei den jungen Menschen erlebe, wenn sie sich mit dem Thema beschäftigen.“ Aber nicht nur bei ihnen, auch die Pfarrerin spürt immer wieder diese Betroffenheit: „Ich habe den Film ‚Heil Heiligenhaus‘ bestimmt schon zehn Mal gesehen und jedes Mal nimmt er mich wieder mit.“

Am Freitag, 9. November, jährt sich ein Datum zum 80. Mal, das wie kein anderes für den Holocaust steht: die Reichspogromnacht.Auch in Heiligenhaus wüteten die willfährigen Handlanger des NS-Regimes, das Hass und Vernichtung zur Staatspolitik erklärte. „Ein Jugendlicher brachte das in unserer Jugendgruppe einmal sehr traurig auf den Punkt, wie schlimm es gewesen sein muss, zu spüren, dass der Staat die Gewalt nicht nur guthieß, sondern auch noch unterstützte“, sagt Jugendleiterin Silke Eisenblätter.

„Und da es so wichtig ist, das Thema Gedenken immer wieder in Erinnerungen zu rufen, laden wir zu einer Nacht der Erinnerung ein“, erklärt Ruth Ortlinghaus.

Die Sprecherin des Stadtmarketing-Arbeitskreises „Kultur“ ist eine Kennerin der jüdischen Kultur, sie hat sich unter anderem in vielen Texten dem jüdischen Leben während der NS-Zeit gewidmet. „In Heiligenhaus haben wir das Glück, das vieles sehr gut dokumentiert ist. Beispielsweise die Lebenswege der Familie Jacobs.“

Vor etwa 30 Jahren habe sie Luise Jacobs kennengelernt, eine Überlebende. Auch diese Geschichte wird am Freitag, 9. November, in der Alten Kirche erzählt, wie auch das von 23 weiteren Opfern.

Ab 19 Uhr wird es eine Ausstellung in den Räumen des Hauses der Kirche geben. Ab 20 Uhr erfolgt eine Gedenkstunde in der Alten Kirche, die von Texten begleitet wird und von Liedern des Gospelchores „Singing People“. „Wir wollen an jeden von ihnen erinnern, ihre Geschichten erzählen und ein Erinnerungslicht anzünden“, sagt Pfarrerin Düsterhöft.

Anschließend gibt es die Möglichkeit, den von Heiligenhauser Gesamtschülern gedrehten Film „Heil Heiligenhaus“ zu sehen.

Anlässlich des Gedenkens führt Ruth Ortlinghaus am Samstag, 10. November, 15 Uhr, über den jüdischen Friedhof am Görscheider Weg. Treffpunkt ist vor dem Tor (Parken ist nahe dem Haus Quelle möglich. Die Fußgänger, die über den Panoramaradweg kommen, müssen ihn am Ausgang 28 verlassen).

Dort kann man auch die Ruhestätte von Karl und Rosa Aron besuchen. Sie verschwanden am 9. November 1938 aus der Stadt, nachdem ihr Ladenlokal zerstört worden war. Am 23. November wurde das Paar zusammengekettet aus der Ruhr geboren. Angeblich Selbstmord, so die Aussage der NS-Verwaltung.

Die Ausstellung kann noch bis zum Volkstrauertag, montags und freitags, 18 bis 19 Uhr, besucht werden.

Führungen für Privatleute und Schulklassen bietet Ruth Ortlinghaus an (Telefon 02056/68246).

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