Zehn Jahre Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss Der lange Weg zur Marke Neuss

Zehn Jahre Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss. Eine Bilanz.

 Eine gut gefüllte Neusser Innenstadt so wie beim Hansefest – ganz nach Wunsch der ZIN.

Eine gut gefüllte Neusser Innenstadt so wie beim Hansefest – ganz nach Wunsch der ZIN.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Neuss ist und bleibt die Einkaufsstadt im Rhein-Kreis. Im Handel wird 25 Prozent mehr Geld eingenommen, als in der Stadt selbst an einzelhandelsrelevanter Kaufkraft zur Verfügung steht. Von Kaufkraftzufluss spricht die IHK Mittlerer Niederrhein – und das seit Jahren. Aus Sicht der Innenstadt, laut Einzelhandelskonzept nach wie vor das wichtigste Versorgungszentrum in Neuss, ist das ein wenig schmeichelhaft. Denn die hohe Zentralitätskennziffer kaschiert den Effekt, den das modernisierte Rheinpark-Center (früher: Huma-Markt) und das Möbelhaus Höffner haben. „Zehn Jahre ZIN haben nicht zur Zunahme an Zentralität geführt“, sagt Jürgen Sturm, Geschäftsführer von Neuss-Marketing, mit Blick auf das Geburtstagskind der Stunde. Aber die Gegenfrage sei erlaubt: Was wäre passiert ohne diese „Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss“?

ZIN wird zehn Jahre alt. Gegründet wurde der Verein unter Druck von außen und in schwierigen Jahren. Tenkhoff Properties hatte – wie zuvor der Essener Konzern MfI – alle Pläne für ein innerstädtisches Einkaufszentrum aufgegeben. Und obwohl sich in jenen Jahren überall in der Republik Investoren daran machten, selbst kleinere Städte mit einem solchen Zentrum zu beglücken, stand fest: Neuss würde sich in der Konkurrenz der Städte anders behaupten müssen. Eine Herausforderung für die City, wo sich doch zeitgleich der Projektentwickler ECE daran machte, sein Rheinpark-Center auf der grünen Wiese zu modernisieren und den Ladenbesatz auf 160 Geschäfte zu verdoppeln. Zum Glück fand kurz nach der ZIN-Gründung im April 2009 ein Albtraum ein Ende: Die Sanierung des Hauptstraßenzuges wurde fertig, die Einkaufszeile präsentierte sich aufgehübscht. Da würde man was draus machen können, oder?

„Der Handel alleine hätte das nicht geschafft“, berichtet Christoph Napp-Saarbourg in der Rückschau gerne. Er ist ZIN-Vorsitzender seit mit diesem Versuch, neben dem Handel auch Dienstleister und Hauseigentümer für die Entwicklung der Kernstadt zu gewinnen, Neuland betreten wurde. Zum ersten runden ZIN-Geburtstag steht auf seiner To-do-Liste ganz oben, die „liebgewonnene kleine Großstadt Neuss“ im Umland bekannter zu machen. Doch die Liste ließe sich rasch verlängern.

Nicht eingelöst (und vielleicht längst aufgegeben) ist das Versprechen, verlässliche Öffnungszeiten durchzusetzen. Da handeln die Einzelhändler noch zu oft einzeln. Nicht geschafft wurde es zudem, unter der Dachmarke ZIN vier Quartiere mit einem klaren eigenen Profil zu positionieren. Die Immobilienbesitzer sind mit 28 von aktuell 206 Mitgliedern eine kleine Gruppe geblieben. Und auch wenn es ZIN vereinzelt gelingt, diese bei Neuvermietungen auf eine wertige Nutzung zu drängen, ist ein Trading-Down-Effekt, also ein sinkendes Niveau beim Angebot und damit ein Kaufkraftverlust, etwa an der Krefelder Straße, unübersehbar. Ob sich diese Entwicklung umdrehen lässt, wenn neue Akteure wie die  Bema-Gruppe (Woolworth-Haus) und die Mainzer „FSK 1. Real Estate GmbH“ (Meererhof) in die Innenstadtentwicklung investieren, bleibt die Frage.

Ein Geburtshelfer dabei könnte ausgerechnet der Möbelhaus-Investor Kurt Krieger werden, denn sein Millionendeal mit der Stadt machte Millionen für ein Innenstadtstärkungsprogramm frei. Das freie WLAN wurde so möglich (auch wenn der gemeinsame Internet-Auftritt  ein Torso blieb) und das Lichtkonzept, das in Anfängen fertig ist. Auch für das Reizthema Sauberkeit ist zusätzliches Geld da.

ZIN wird zehn – und hat es in dieser Zeit vor allem geschafft, sich als „die“ Stimme für die Innenstadt zu positionieren. Vermittelnd, als es um den Streit um verkaufsoffene Sonntage ging, fordernd, wenn die Politik mit mehr Einzelhandel vor den Toren der Stadt liebäugelte – und immer schon selbstbewusst.

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