Analyse Neusser Woche Gewerbeflächen-Management ist Sozialpolitik

Neuss · Rekord. 69.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Neuss, mit 5,7 Prozent eine relativ niedrige Arbeitslosenquote und überdurchschnittliche Gewerbesteuer-Einnahmen - wirtschaftspolitisch steht die Stadt Neuss gut dar, auch weil sie bisher dank einer klugen Vorratspolitik immer ausreichend Gewerbeflächen für ansiedlungswillige Firmen bereit hielt. Jetzt ist ein Streit darüber entbrannt, wie viel Flächenvorrat künftig noch erforderlich ist. Gehören gute Wirtschaftszahlen bald der Vergangenheit an?

 Ludger Baten Strichzeichunung als JPG Kleine Auflösung

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Foto: Phil Nihn

Landrat Petrauschke sagt, Menschen in Arbeit zu bringen und zu halten, sei beste Sozialpolitik. Die These verdient keinen Widerspruch. So gesehen ist die Sozialpolitik kreisweit erfolgreich. Mehr als 145.000 Menschen waren Ende 2017 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. So viele wie noch nie. Rekord auch in Neuss. In der größten Kreisstadt waren es Mitte 2016 allein knapp 69.000 und somit 7000 mehr als fünf Jahre zuvor. Eine Erfolgsgeschichte, die eine relativ niedrige Arbeitslosenquote und gleichzeitig Gewerbesteuer-Einnahmen über den Schnitt ermöglichen.

So weit, so gut. Wer das hohe Niveau halten will, der benötigt ausreichend Flächen für Neuansiedlungen und expandierende Unternehmen im Bestand. Fehlt Erweiterungsareal, sehen sich die Firmen andernorts um und werden fündig. Brata ist ein Beispiel. Dass Flächenvorrat zwingend ist, ist unstrittig. Strittig ist, wie groß das Flächenpotenzial sein sollte. Dieser Streit ist in Neuss voll entbrannt. Die IHK mahnt, großräumig und vorausschauend zu planen: 162,5 Hektar seien nötig. Die Lokale Agenda 21 tritt auf die Bremse: 95 Hektar seien genug. Die kleine Agenda besitzt einen großen PR-Hebel, den ihre wortgewaltigen Protagonisten gekonnt einsetzen: Roland Kehl (74, Bündnis 90/Die Grünen) und Heinz Hick (80, CDU) setzen sich als Nachhaltigkeitsvordenker in Szene. Derweil befindet sich die CDU in der Zwickmühle. Ihr wirtschaftspolitische Ausrichtung wird durch die Ratskoalition mit den Grünen gefesselt, ihre wirtschaftspolitischen Politiker - wenn sie den welche haben sollte - schweigen. In dieser Situation erweist sich einmal mehr die neue SPD-Führung als geschmeidig. Sie diskutiert am Mittwoch (13.) das Thema Gewerbeflächen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Die SPD ist eben doch noch die (Arbeiter-)Partei, die weiß, dass Beschäftigung die beste Sozialpolitik ist.

(lue-)
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