Preisverleihung in Moers Literaturpreis für drei junge Autorinnen

Moers · Zum 22. Mal haben die Moerser Gesellschaft, die Volksbank Niederrhein mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Guido Lohmann und die Rheinische Post den Moerser Literaturpreis vergeben. „Falsche Freunde“ lautete das Thema.

  Die Vorsitzende der Moerser Gesellschaft Bozena Badura (v.l.), RP-Redaktionsleiterin Julia Hagenacker, die Preisträgerinnen Christin Habermann, Sabine Frambach und Anne Stolle sowie Volksbank-Chef Guido Lohmann.

Die Vorsitzende der Moerser Gesellschaft Bozena Badura (v.l.), RP-Redaktionsleiterin Julia Hagenacker, die Preisträgerinnen Christin Habermann, Sabine Frambach und Anne Stolle sowie Volksbank-Chef Guido Lohmann.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Wahre Freunde der Literatur haben sich am Sonntag im Moerser Martinstift getroffen, um den Siegergeschichten des diesjährigen Moerser Literaturpreises zu lauschen. Erfreulich viele Einsendungen habe es zum vieldeutigen Thema „Falsche Freunde“ gegeben, und wieder habe die Jury der Moerser Gesellschaft zur Förderung des literarischen Lebens sich viel Mühe gemacht, die besten drei Texte zu ermitteln, so die Vorsitzende Bozena Badura.

In Deutschland würden jedes Jahr 1200 Preise verliehen und so sei die Frage berechtigt, ob so ein Literaturpreis überhaupt einen Sinn habe, sagte Badura. Die Moerser Gesellschaft sei seit 22 Jahren davon überzeugt, dass es sich lohnt, junge Autoren zu unterstützen. Denn gute Texte reiften nicht über Nacht, nachdem die Schriftstellerin die Muse geküsst habe. Vielmehr sei das Schreiben ein Prozess, der einen langen Atem brauche und natürlich eine Leserschaft. „Dieser Preis ist eine Unterstützung für junge Stimmen, die gehört werden sollten“, so die Vorsitzende. Bevor die drei Preisträgerinnen persönlich ihre Texte vortrugen, hielt der Moerser Regisseur und Kulturagent Konrad Göke als diesjähriger Schirmherr der Veranstaltung eine Festrede. Das historische Datum des 10. Novembers in Kombination mit dem Thema „Falsche Freunde“ brachte ihn zum Nachdenken über die Verwicklung so manches großen Künstlers in gefährliche Ideologien. Der Austausch über Literatur, in der sich Einsamkeit und Sehnsucht ausdrücken, sei gerade heute ein wichtiger Raum der Begegnung, so Göke.

„Vollidiot“ ist der Titel der Kurzgeschichte der 28-jährigen Christin Habermann, für den sie den dritten Preis verliehen bekam. In der Ich-Erzählung geht es um Arne, einen Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen, der zweimal wöchentlich in den Ausländer-Deutschkursus muss, weil er fremdenfeindliche Parolen an Wände gesprüht hat. Inklusive Rechtschreibfehler. Bei der Aufgabe, nach „Falschen Freunden“ im linguistischen Sinn zu suchen, verändert sich seine Einstellung gegenüber den ausländischen Mitschülern. Wenn Wörter in verschiedenen Sprachen ähnlich oder gleich klingen oder geschrieben werden, aber ganz unterschiedliche Bedeutungen haben, spricht man von „Falschen Freunden“. Auch die Gewinnerin des ersten Preises hat diese Bedeutung des Mottos in ihren Text eingeflochten. Sabine Frambach aus Neuss schreibt in „Die Kopistin oder: Oktober, November; fallende Blätter“ aus der Sicht einer Frau, die scheinbar in ihrer eigenen Welt lebt, viel Zeit am Computer verbringt und sich mit dem Sprachphänomen „Falsche Freunde“ beschäftigt. Sie will sein wie Karo, eine Kunstliebhaberin, doch Karo will nicht kopiert werden. Mit dem Begriff „Listopad“ (fallende Blätter), der im Kroatischen „Oktober“, in anderen slawischen Sprachen „November“ bedeutet, wird die Stimmung der Erzählung anschaulich und spürbar.

Wie Frambach ist auch die Gewinnerin des zweiten Preises eine „Wiederholungstäterin“. Da die Jury die Texte ohne Hinweis auf den Autor liest, ist die erneute Auszeichnung ein Zeichen für hohe Qualität und Motivation. Anne Stolle hatte Erfolg mit der Geschichte „Wenn die Maden kommen“ über eine alte Dame, die aus Einsamkeit auf fremde Beerdigungen geht und dort unerwartet als „Falsche Freundin“ in der Lage ist Trost zu spenden. Alle Texte können auf www.moersergesellschaft.de nachgelesen werden.

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