In Hockstein und Neuwerk Aufregung um Windräder

Mönchengladbach · Seit 2014 planten NEW und Niersverband den Bau von acht Kleinwindrädern in der Nähe von Hockstein und Neuwerk. Jetzt regt sich Widerstand von Anwohnern. Dabei ist das Projekt wohl längst Geschichte.

 Solche Kleinwindkraftanlagen mit einer Höhe von maximal 30 Metern sollten gebaut werden.

Solche Kleinwindkraftanlagen mit einer Höhe von maximal 30 Metern sollten gebaut werden.

Foto: NEW AG

Ein Windenergie-Projekt der NEW und des Niersverbandes aus dem Jahr 2015 sorgt derzeit bei Anwohnern in Hockstein für viel Ärger. Die Bürger fühlen sich übergangen, ohne ausreichend gehört worden zu sein, wie Werner Peters von der Interessengemeinschaft „Nicht Eine Windanlage“ mitteilte. „Wir sind nicht generell gegen den Bau von Windkraftanlagen, aber in dieser Form ohne Bürgerbeteiligung stört uns das sehr“, sagte Peters. Er und seine Mitstreiter haben am Wochenende 1000 Handzettel in Hockstein verteilt. Die Anwohner befürchten Lärm, da die Windkraftanlagen in einer Entfernung von rund 300 Metern zu ihrer Wohnbebauung geplant wurden, und sie erwägen eine Klage gegen die von der Stadt erteilte Baugenehmigung

Ob das überhaupt noch nötig ist, scheint allerdings fraglich. Denn die NEW AG wie auch der Niersverband sind von dem Vorhaben fünf Jahre nach der Planung inzwischen wieder abgerückt. Detlef Schumacher, Geschäftsführer der zuständigen NEW-Tochter Niederrhein-Wasser, sagte am Dienstag: „Wir werden die Anlagen an den geplanten Standorten nicht bauen.“ Ähnliches schrieb NEW-Aufsichtsrat und SPD-Politiker Felix Heinrichs den Bürgern in einer Mail als Antwort auf ein am Montag verschicktes Flugblatt: „Aufgrund verschiedener Aspekte nehmen die Vorhabenträger Abstand von den Planungen an diesem Standort.“ So sind diese Windräder ein Musterbeispiel dafür, wie kompliziert es politisch mit der Energiewende ist.

Was genau war eigentlich geplant? Die NEW und der Niersverband wollten in Neuwerk an der Kläranlage und im Wiedbusch südlich von Hockstein jeweils vier unterschiedliche Kleinwindräder bauen. Dabei handelte es sich um vier unterschiedliche Anlagen, deren Nabenhöhe laut der Planungsunterlagen bei 24 Metern liegt. Inklusive Rotor wäre die höchste Anlage auf gut 35 Meter gekommen. Mit diesen Kleinwindenergieanlagen wollten NEW und Niersverband einen Teil des Stroms erzeugen, der für den Betrieb der Kläranlage (in Neuwerk) und der Wasserpumpstation Reststrauch (Wiedbusch) benötigt wird. In einem auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekt sollte die Hochschule Niederrhein dann untersuchen, welches der Windräder am besten geeignet ist. Insgesamt sollten rund 800.000 Euro für alle Anlagen investiert werden.

Wann sollten die Windanlagen gebaut werden? Der Bau war für das Jahr 2016 vorgesehen. Doch dazu kam es nicht, weil die Baugenehmigung durch die Stadt nach Darstellung der NEW sich bis zum zweiten Halbjahr 2018 hinzog.

Reicht der Abstand zur Wohnbebauung? Für Großwindkraftanlagen gilt in Nordrhein-Westfalen inzwischen ein Mindestabstand von 1500 Metern zu den nächsten Wohnhäusern. Bei Kleinwindanlagen wie in diesem Fall sieht das allerdings anders aus. Nach Darstellung der NEW hätten 300 Meter Abstand so in diesem Fall ausgereicht – sowohl was Lärm als auch Schlagschatten und Eiswurf angeht.

Hat denn die Politik darüber nicht entschieden? Nein. Weil die Anlagen nicht viel größer als Bäume sind und die Investitionssumme ziemlich niedrig, brauchte es dazu auch keine politischen Beschlüsse. Es gab im Jahr 2015 in der Bezirksvertretung Süd und im Planungs- und Bauausschuss Anhörungen, in denen die NEW das Projekt vorstellte. Damals kam auch der Einwand auf, man müsse die Bürger beteiligen. Die Bauherren gingen von einem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren aus. Das dauerte allerdings deutlich länger, doch seit vergangenem Jahr liegt die Genehmigung durch die Stadt nun vor. „Es handelte sich im Grunde um die gleichen Prüfungen wie für den Bau von Großwindkraftanlagen“, sagte Detlef Schumacher. Für NEW und Niersverband ist seitdem klar: Möglich ist der Bau. Doch umgesetzt wird er wohl nicht.

Warum werden die Anlagen jetzt nicht gebaut? Ein wichtiger Grund dürften die Kosten sein. Die Kleinwindräder mit einer Nennleistung zwischen zehn und 30 Kilowatt sind nur schwer wirtschaftlich zu betreiben. Die NEW gibt noch einen weiteren Grund an: Im Bereich Wiedbusch sollen zwei neue Flachbrunnen gebaut werden. „Im sehr trockenen Sommer 2018 ist der vorhandene Tiefbrunnen an seine Grenzen gestoßen“, sagt Schumacher. „Deshalb planen wir derzeit den Bau weiterer Brunnen an der Stelle. Damit seien Windräder an der Stelle allerdings ausgeschlossen. „Das ursprüngliche Vorhaben von NEW und Niersverband, Wasserwirtschaft und regenerative Energieerzeugung zusammen zu bringen, halten wir für eine gute Idee“, sagt Heinrichs. „Wenn wir die Energiewende wirksam gestalten wollen, brauchen wir mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind.“

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