Mönchengladbach Russischer Meisterroman auf der Bühne

Mönchengladbach · Mit einem gewaltigen Kraftakt startet das Theater in die neue Spielzeit. Die armenische Regisseurin Zara Antonyan hat dafür den Kultroman „Der Meister und Margarita“ des russischen Autors Michail Bulgakow als Schauspiel eingerichtet.

 Die armenische Regisseurin Zara Antonyan hat das Stück „Der Meister und Margarita“ inszeniert. Das Foto zeigt sie im Bulgakow-Museum in Moskau.

Die armenische Regisseurin Zara Antonyan hat das Stück „Der Meister und Margarita“ inszeniert. Das Foto zeigt sie im Bulgakow-Museum in Moskau.

Foto: Zara Antonyan

Die Aufgabe ist riesig. Denn es geht um den neben „Doktor Schiwago“ bedeutendsten russischen Roman des 20. Jahrhunderts. Daher haben die Proben für „Der Meister und Margarita“ bereits acht Wochen vor dem Ende der zurückliegenden Theaterspielzeit begonnen. Seither arbeitet die armenische, in Moskau und Jerewan lebende Regisseurin Zara Antonyan in Rheydt an jenem Opus, an dem der Russe Bulgakow in Zeiten der stalinistischen Säuberungen zwölf Jahre, bis zu seinem Tod 1940, geschrieben hatte. Bis der Roman publiziert wurde, vergingen noch einmal 26 Jahre, 1968 erschien die erste deutsche Übersetzung.

Zara Antonyan hatte vor zwei Jahren am hiesigen Theater „Eine Schiffsladung Nelken für Hrant Dink“ (über den in der Türkei ermordeten armenischen Schriftsteller) inszeniert. Er selbst habe Zara als „eine ernsthafte Christin“ erlebt, betonte Schauspieldramaturg Martin Vöhringer bei der Vorstellungsmatinee von „Der Meister und Margarita“. Das hat Gewicht, lässt der Autor in seinem von Goethes „Faust“ beeinflussten Roman doch als zweite Handlungsebene das biblische Geschehen um die Passion Christi im Verhör durch Pontius Pilatus lebendig werden. Der erste Handlungsort jedoch ist die Hauptstadt Moskau in den 1920er- und 1930er-Jahren. Skurrile Pointen charakterisieren diese Roman-im-Roman-Strategie. „Nach der Kreuzigung kommt es nicht zur Auferstehung“, informiert Antonyan, und damit nicht zur Erlösung. Es geht um allegorisch verpackte Gesellschaftskritik, um philosophische Reflexionen, um die Befähigung zum Guten oder Bösen. Und all das in einem Land, dessen Regime Schriftsteller und Künstler jederzeit ins Lager verbannen oder gar ihr Leben beenden konnte.

Pilatus steht für den autoritären Staat, Sinnbild der sowjetischen Brutalregentschaft jener Jahre. „Es sind auch autobiografische Motive im Roman erkennbar“, sagt Zara Antonyan, „darunter jenes, dass Bulgakow aus einer streng religiösen Familie kommt.“ Weitere Motivquellen liefert Goethes „Faust“ mit der Mephisto-Erzählung. Der Personallinie entspringt auch die weibliche Titelperson Margarita (alias Gretchen). Auch im Roman und dem daraus entwickelten Theaterstück treten der Teufel und seine Spießgesellen auf. Davon handelte die Lesung, bei der die Schauspieler Michael Ophelders und Henning Kallweit im gut besuchten Theater-Café zwei Dichter vorstellten, die sich mit dem Thema Atheismus auseinandersetzen. Als lachender Dritter hört dies der Teufel (Paul Steinbach) nur allzu gern. Den Meister mimt Adrian Linke in der Produktion, die Samstag, 15. September, 19.30 Uhr, Premiere feiern wird. Die Margarita spielt Vera Maria Schmidt. Insgesamt treten zwölf Akteure auf.

Der Odenkirchener Kunstsammler Ernst-Dieter Kunert (80) zeigt aus seinem persönlichen Bestand in einer Ausstellung sieben Lithografien des Rheydter Künstlers Werner Labbé (1909-1989) im oberen Foyer des Theaters. Das Mappenwerk schuf Labbé 1973 mit direkten Bezügen zu Szenen in Bulgakows Roman.

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