Gesundheit in Mönchengladbach Warum ein Gurkenkrokodil Kinderzähnen gut tut

Mönchengladbach · Mit dem Programm „Kitas mit Biss“ haben sich 13 Kindertagesstätten in Mönchengladbach verpflichtet, noch mehr auf die Zahngesundheit der Kinder zu achten. Dabei geht’s um mehr als Zähneputzen.

 Mindestens zwei Mal am Tag Zähneputzen – das gilt für alle Kinder ab zwei Jahren. Da Kinder oft viel Zeit in Kitas verbringen, soll dort vermehrt auf Zahngesundheit geachtet werden.

Mindestens zwei Mal am Tag Zähneputzen – das gilt für alle Kinder ab zwei Jahren. Da Kinder oft viel Zeit in Kitas verbringen, soll dort vermehrt auf Zahngesundheit geachtet werden.

Foto: Jörg Carstensen/dpa/Jörg Carstensen

Marmelade? Gibt es seit einigen Monaten in der Kita „Haus für Kinder“ in Rheydt nicht mehr. Auf den Frühstückstisch kommt jetzt nur noch zuckerfreier Brotbelag und auch in den Bechern der Kinder landet meist Wasser oder Tee. „Das mit der Marmelade war quasi das Einzige, was wir umstellen mussten“, sagt Claudia Sperath, Leiterin der Kita. Denn seit mehreren Monaten ist ihre Kindertagesstätte Teil des Prophylaxeprogramms „Kitas mit Biss“. Damit hat sich die Einrichtung dazu verpflichtet, auf die Zahngesundheit der ihr anvertrauten Kinder zu achten. Und die geht weit über den Verzicht auf Marmelade beim Frühstück hinaus.

„Kita mit Biss“ ist ein Aufklärungs- und Ernährungsprogramm für einen zahnfreundlichen Kita-Alltag, das es bereits in anderen Städten gibt – im Bereich Nordrhein sei die Stadt aber die erste, die mitmacht, sagt Zahnarzt Michael Weßeler. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (AG) Jugendzahnpflege, die sich als Zusammenschluss von Gesundheitsamt, Krankenkassen und Zahnärzten für gesunde Zähne von Gladbacher Kindern und Jugendlichen einsetzt. In Mönchengladbach wurde das Programm im November 2018 erstmals vorgestellt, seither setzten 13 Kitas in der Stadt die Vorgaben um. Ziel ist es, die frühkindliche Karies zu reduzieren – besser noch zu vermeiden – und die Mundgesundheit zu fördern. Denn während der zahnärztlichen Untersuchungen in den Kindertagesstätten zeigte sich, dass etwa ein Viertel der Vierjährigen bereits an Karies erkrankt war. Auch deshalb möchte die AG Jugendzahnpflege das Programm „Kitas mit Biss“ möglichst flächendeckend in Mönchengladbach ausbreiten. Erst kürzlich hatten sich drei weitere Kitas dem Programm verschrieben und tragen nun ein entsprechendes Schild am Gebäude. Mit dem Programm wurden Handlungsleitlinien für die Kitas entwickelt und Infoflyer für Eltern angefertigt.

Denn sobald der erste Zahn da ist, wird es ernst: Ab dann, rät der Flyer, sollten Eltern mit ihren Kindern in die Zahnpflege einsteigen. Bis zum zweiten Geburtstag des Kindes sollte einmal täglich, am besten abends vor dem Schlafengehen, geputzt werden – mit einem „Hauch“ fluoridierter Kinderzahnpasta. Ab dem zweiten Geburtstag kommt dann ein zweites tägliches Zähneputzen nach dem Frühstück dazu. Die Zahnpastamenge sollte dann „erbsengroß“ sein. Bis das Kind die Schreibschrift flüssig beherrscht, sollten Eltern es beim Zähneputzen unterstützen. Nicht nur in den „Kitas mit Biss“ wird das Putzen mit den Kindern geübt. Doch auch Eltern sollten Vorbilder sein, mahnt Weßeler.

Neben dem Putzen gibt es laut Weßeler aber noch weitere wichtige Punkte: „Wir plädieren für den zuckerfreien Vormittag“, sagt er. Denn nicht der einmalige Verzehr von Zucker sei schädlich für die Zähne, sondern die ständige Zufuhr davon. „Bei häufigem Zuckerkonsum sinkt der PH-Wert im Mund“, sagt Weßeler. Wenn der in einen sauren Bereich sinke, habe es die Karies leichter. Deshalb verpflichten sich die „Kitas mit Biss“ den Vormittag frei von Industriezucker zu halten. Fruktose im Obst hingegen sei okay, weil diese für Karies nicht so leicht verfügbar sei. Wenn die Nacht, der Morgen und der Vormittag dann zuckerfrei verlaufen seien, sei ein süßer Snack am Nachmittag auch nicht so schlimm.

 Die Kita „Haus für Kinder“ von Claudia Sperath war die erste in Gladbach, die am Programm teilnahm.

Die Kita „Haus für Kinder“ von Claudia Sperath war die erste in Gladbach, die am Programm teilnahm.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

In der Kita „Haus für Kinder“ richtet man sich nach den Vorgaben. Am Anfang jedoch, sagt Sperath, habe man durchaus befürchtet, dass das Weglassen der Marmelade zu Protest bei den Kindern führen würde. Doch dann hat die Kita den süßen Aufstrich ohne Ankündigung einfach mal weggelassen und siehe da: „Den Kindern fehlt das gar nicht“, sagt Sperath. Ausnahmen vom zuckerfreien Vormittag macht die Kita – und so erlaubt es auch das Programm – allerdings bei den Geburtstagen der Kinder. Oft bringen dann Eltern einen Kuchen für die Gruppe mit. In manchen „Kitas mit Biss“ werde der dann am Nachmittag verspeist. Auch im „Haus für Kinder“ halten die Erzieher die Eltern dazu an, statt eines Kuchens Sachen wie Obstspieße oder ein „Gurkenkrokodil“ mitzubringen – also ein aus Gurke und diversen anderen Zutaten wie Trauben und Käse gebasteltes essbares Monster.

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