Bericht des Jugendhilfeausschuss Jedes dritte Kind in Mönchengladbach ist arm

Mönchengladbach · Die Stadt hat den ersten Bildungs- und Jugendhilfebericht vorgestellt. Bei der Kinderarmut bewegt sich Mönchengladbach auf dem Niveau von Ruhrgebietsstädten wie Gelsenkirchen. Was nun passieren soll.

So verteilt sich Kinderarmut in Mönchengladbach, je dunkler das Grün umso höher ist der Anteil an Kinderarmut in Prozent. Die Zahlen in den Feldern geben die allgemeine Kennzahl des Stadtteils an.

So verteilt sich Kinderarmut in Mönchengladbach, je dunkler das Grün umso höher ist der Anteil an Kinderarmut in Prozent. Die Zahlen in den Feldern geben die allgemeine Kennzahl des Stadtteils an.

Foto: Stadt MG

Bildung beginnt nicht in der Kita und findet nicht nur in der Schule statt. „Wir wollen vom Kind her denken“, erklärt Sozialdezernentin Dörte Schall. Und deshalb soll das, was in Mönchengladbach bisher im Bereich Bildung und Schule und im Bereich Jugendhilfe stattfindet, in Zukunft besser miteinander vernetzt werden. „Wir wussten nicht alles voneinander“, stellt Harald Weuthen, Fachbereichsleiter Schule und Sport, mit Blick auf die für die Jugendhilfe zuständigen  Kollegen fest. Aber das hat sich mit der Erstellung des 1. Bildungs- und Jugendhilfeberichts geändert. Man rückt zusammen. „Entsäulung“  ist das unschöne Wort für einen sehr positiven Vorgang.

Grundlage für den verstärkten Austausch zwischen den Säulen Schule und Jugendhilfe ist die gemeinsame Arbeit am jetzt vorgestellten Bericht. Er solle kein Datenfriedhof werden, sondern die Grundlage für Bildungsarbeit sein, betont Schuldezernent Gert Fischer in der gemeinsamen Sondersitzung des Schul- und des Jugendhilfeausschusses.

Das mehr als dreihundert Seiten umfassende Werk ist eine Fundgrube für Daten und bestätigt an vielen Stellen, dass das, was Gladbacher Bildungspolitiker „aus dem Bauchgefühl heraus“ (Ulrich Elsen) wussten, auch belegbar ist. Karten zeigen, wo Kinderarmut massiv auftritt – zum Beispiel im Gladbacher Zentrum, im Westend und in Dahl mit mehr als 40 Prozent Kindern, die in SBGII-Bedarfsgemeinschaften leben. In diesen Stadtteilen gibt es auch besonders viele Alleinerziehende mit Kindern. Aber der Bericht dokumentiert auch, was alles getan wird – die Mönchengladbacher Präventionskette wird vorgestellt.

Von der Schwangerschaftsbegleitung über die Frühen Hilfen, die Familienzentren, die Angebote in Grundschulen und weiterführenden Schulen bis hin zur Berufsbildung wird alles zusammengetragen. Gleichzeitig wird die Vernetzung geprobt. Im Modellprojekt Rheydt Ost arbeiten die Fachkräfte seit August 2018 verstärkt zusammen.  Rheydt Ost umfasst  dabei die Stadtteile Schloss Rheydt, Bonnenbroich-Geneicken, Rheydt, Grenzlandstadion und Mülfort. Zu  den beteiligten Fachkräften gehören die Mitarbeiter des Home-Projekts und des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der wirtschaftlichen Jugendhilfe oder der kommunalen Schulsozialarbeit ebenso wie die der Kitas, Schulen, die Inklusionsbeauftragte oder der Flüchtlingskoordinator. Auch freie Träger, Kirchen und Initiativen werden eingebunden. Durch das Modellprojekt soll die Sozialraumorientierung intensiviert und die Prävention gestärkt werden.

Durch die schon laufenden Präventionsmaßnahmen ist es der Stadt gelungen, den Anstieg der Hilfen zur Erziehung auf hohem Niveau zu stoppen. 60 Millionen Euro fließen jedes Jahr in diesen Bereich – und das ist nur der finanzielle Aspekt. Immerhin konnte in Mönchengladbach die Situation stabilisiert werden, während in anderen NRW-Kommunen die Notwendigkeit, Hilfen zur Erziehung zu gewähren, weiter ansteigt. Zwischen den Hilfen zur Erziehung und der Armut gibt es einen Zusammenhang. „Je höher die SGBII-Quote bei den Jugendlichen unter 15 Jahren, desto höher sind auch die Hilfen zur Erziehung“, sagt Jugendamtsleiter Klaus Röttgen.  Und bei der Kinderarmut bewegt sich Mönchengladbach auf dem Niveau von Ruhrgebietsstädten wie Gelsenkirchen: Jedes dritte Kind in der Stadt ist arm.

Aus der Menge des vorliegenden Datenmaterials hat die Verwaltung begonnen, Handlungsperspektiven zu entwickeln: Der Ausbau der Kindertagesbetreuung gehört ebenso dazu wie die Sprachförderung in Kitas, sportmotorische Testungen in Grundschulen oder Gesundheitsförderung. „Wir werden alle noch sehr oft in diesen Bericht hineinsehen“, sagt Weuthen.

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