Lehrer-Alltag in Mönchengladbach Eine Klausur ist oft 22 Stunden Arbeit

Mönchengladbach · Lehrern haftete jahrelang das Image an, sie seien faul. Unser Kolumnist zählt dagegen auf, was Lehrer alles zu tun haben – und macht klar, dass die Arbeit zu Hause noch lange nicht vorbei ist.

 Ein Schüler schreibt eine Klausur. (Symbolbild)

Ein Schüler schreibt eine Klausur. (Symbolbild)

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Heute möchte ich darüber schreiben, wie so ein Lehreralltag aussieht. Zunächst muss ich erwähnen, dass der Arbeitsumfang von vielen Faktoren abhängt: Anzahl der Kurse, Jahrgangsstufe, wie viele Klausuren man schreibt, ob man eine Klassenleitung hat oder eine der zahlreichen Aufgaben im Hintergrund, von denen kaum ein Außenstehender je erfahren wird. Es gibt in jeder Schule also mal deutlich mehr und hin und wieder weniger stark belastete Lehrer. Bei mir ist es so: Ich habe mit Mathe und Informatik zwei Korrekturfächer. Jede Klasse, die ich unterrichte, bringt also Korrekturen mit sich. Als Hauptfachlehrer ist man zudem fast immer in einer Klassenleitung mit drin – so ist es bei mir auch. Zirka einmal die Woche gibt es irgendeine Konferenz oder ein Treffen einer Arbeitsgruppe.

Da ich auf einer Ganztagsschule arbeite, komme ich manchmal um 13 Uhr nach Hause, häufiger aber erst um 16.30 Uhr. Zuhause warten schon zig Mails auf mich von Kollegen, Eltern, Schüler – und sie alle wollen von mir Antworten auf wichtige Fragen. Da sitze ich mindestens eine Stunde dran. Hin und wieder muss ich Kostenunterstützungs-Anträge für Nachhilfen oder Klassenfahrten ausfüllen oder zigseitige Fragenbögen von Psychologen zu Schülern beantworten. Währenddessen schaue ich immer wieder auf die zwei großen Klassenarbeitsstapel, die dort wie ein großes Damoklesschwert auf meinem Schreibtisch auf mich warten. Unter der Woche schaffe ich es meistens nicht, sie zu korrigieren. Hier hat jeder Lehrer seine eigenen Strategien. Manche korrigieren häppchenweise zwischendurch, auch in der Schule, andere Kollegen arbeiten nachts, wieder andere versuchen sie möglichst in den Ferien wegzukorrigieren und ich fahre die Strategie: Das Wochenende gehört der Korrektur. Ja, die Korrekturen gehören zu den nicht so schönen Aufgaben des Lehrerdaseins. Ich brauche zum Korrigieren ca. die Hälfte der Zeit, die die Schüler zum Schreiben brauchen. Bei 30 Schülern in der Klasse, die doppelstündig schreibt, sind das über 22 Stunden pro Korrektur. Je nach Fächern und Stundenanzahl hat man davon ein bis zwei pro Woche. Mein Hauptarbeitsplatz ist nicht die Schule, sondern mein Schreibtisch. Dafür habe ich etwas mehr Ferien als andere Urlaub.

Felix Nattermann ist Lehrer am Gymnasium am Geroweiher und Autor von „Gebt den Kindern die Verantwortung zurück“. Foto: Semmer

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