Serie Macht Eigentlich? Die Privataudienz beim Duzfreund Papst Benedikt

Es war die Not der Menschen, die in Michael Hertl den Gedanken wachsen ließ, sich für den Nächsten zu engagieren. In Neuss als Sohn eines Steuerbeamten geboren und in Bayern aufgewachsen, erlebte er, wie seine Eltern den Armen halfen, der Vater Blinde zur Kirche führte, die Mutter sonntags nach der Kirche hungrige Kinder mit nach Hause brachte und ihnen etwas zu essen gab. Im Krieg kam er 1963 in München, noch Gymnasiast, als Luftwaffenhelfer in eine Flakstellung, erlebte, wie Bomben die Menschen in Nöte brachten. "Da wurde mir schnell klar, dass ich Arzt werden wollte. Und dann habe ich mich sehr bald für die Kindermedizin entschieden", erzählt er.

Vier Söhne haben Professor Hertl und seine Frau, die Ärztin Dr. Renate Hertl, die er beim Studium in Marburg kennengelernt hat. Alle vier haben den Berufsweg der Eltern eingeschlagen: Sebastian ist selbstständiger Zahntechniker in Aachen, Martin Chirurg und Leiter einer Transplantations-Klinik in Chicago, Michael (junior) leitet die Universitäts-Hautklinik in Marburg. Und Dr. Stefan Hertl ist "Seniorpartner" einer Praxis für Orthopädie und Sportmedizin - und Borussias Mannschaftsarzt.

Zu den Freunden aus der Zeit in München gehört ein Mann, der wie Michael Hertl Luftwaffenhelfer war und auch mit ihm zum Gymnasium ging: Joseph Ratzinger - von 2005 bis 2013 als Papst Benedikt XVI. Oberhaupt der katholischen Kirche. Der Kontakt ist nie abgerissen, wenn er auch meist schriftlich ist. Vor sechs Jahren aber haben die beiden, immer noch Duzfreunde, sich noch einmal gesehen: im Vatikan, bei einer Privataudienz. "Ich hatte ihm geschrieben, dass ich mit meiner Frau bei einer Italienreise auch nach Rom kommen würde. Da hat er geantwortet, wir müssen uns treffen", erzählt Michael Hertl. Und so saßen sich die beiden und Dr. Renate Hertl dann im Vatikan gegenüber, bei einer wirklichen Privataudienz.

(oes)
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