Interview Armin Marx Das JHQ reicht als Standort für Windräder

Mönchengladbach · NEW-Vorstand Armin Marx über regenerative Energien, das Busnetz in Mönchengladbach und Grundschüler, die schwimmen lernen sollen.

 In Mönchengladbach sei das Lazarettgelände im ehemaligen JHQ am besten als Standort für Windräder geeignet, sagt Armin Marx im Redaktionsgespräch.

In Mönchengladbach sei das Lazarettgelände im ehemaligen JHQ am besten als Standort für Windräder geeignet, sagt Armin Marx im Redaktionsgespräch.

Foto: Busch/Zillmann/Baum

Die NEW betreibt seit Jahren die Mönchengladbacher Schwimmbäder. Wie ist die Bäderlandschaft in der Stadt heute aufgestellt?

Marx Wir haben in den letzten zehn Jahren viel investiert und die Bäderlandschaft in Mönchengladbach komplett neu geordnet. Es gibt nur noch ein reines Freibad, das Volksbad. Beim Schlossbad Niederrhein wurde die Außenfläche halbiert, die Halle erweitert. Das Kombibad läuft heute sehr stabil, auch weil es witterungsunabhängig ist. Auch die städtischen Hallenbäder wurden neu aufgestellt: einige geschlossen wie die Bäder Berliner Platz, Odenkirchen, Hardt oder Morr, andere neben dem neuen Vitusbad umfangreich saniert wie das Stadtbad in Rheydt oder das Hallenbad Rheindahlen. Die Neuordnung ist geglückt, viele Kommunen, die in einer vergleichbaren finanziellen Lage sind, wären froh über eine solche Bäderlandschaft.

 In Mönchengladbach sei das Lazarettgelände im ehemaligen JHQ am besten als Standort für Windräder geeignet, sagt Armin Marx im Redaktionsgespräch.

In Mönchengladbach sei das Lazarettgelände im ehemaligen JHQ am besten als Standort für Windräder geeignet, sagt Armin Marx im Redaktionsgespräch.

Foto: Busch/Zillmann/Baum

Wie entwickeln sich die Besucherzahlen perspektivisch, und was erwarten die Kunden heute?

Marx Heute muss man mehr tun als nur Wasserfläche anzubieten. Man muss ein Bad attraktiv und im Gespräch halten. Dazu dienen unter anderem solche Veranstaltungen wie die Halloween-Party. Wenn man nichts anbietet, gehen die Besucherzahlen zurück. Wichtig ist es, Kinder und Jugendliche zum Schwimmen zu motivieren. Der Anteil der Kinder, die am Ende der Grundschulzeit nicht schwimmen kann, ist mit circa 20 Prozent alarmierend hoch. Wir bieten deshalb in diesem Jahr zum ersten Mal als Ferienaktion Intensivschwimmkurse für Grundschulkinder an. Auf dieses Angebot gab es eine Superresonanz: 250 Kinder haben sich angemeldet. Sie werden mit NEW-Bussen bei den Ogatas im Stadtgebiet abgeholt. Die Gebühr ist mit zehn Euro pro Kind bewusst niedrig gehalten, damit so viele Kinder wie möglich teilnehmen können.

Die Kosten für die Schwimmbäder sind hoch. Wie teuer müsste eine Karte eigentlich sein, wenn sie nicht subventioniert würde?

Marx Die Eintrittskarte müsste je nach Bad acht bis zehn Euro mehr kosten. Das würde dann auch so in etwa den Preisen in den privaten Spaßbädern entsprechen. Das wären aber Preise, die in Mönchengladbach niemand umsetzen möchte. Die Verluste, die die Bäder machen, werden über den steuerlichen Querverbund verrechnet.

In ihren Verantwortungsbereich fallen auch die regenerativen Energien. Welche Flächen in Mönchengladbach eignen sich für Windräder?

Marx Lassen Sie mich anders anfangen: Die Energiewende ist beschlossen, die traditionellen Kraftwerke gehen auf Dauer vom Netz. Die regenerativen Energien sind deshalb notwendig, irgendwoher muss der Strom ja kommen. Wir haben deshalb die NEW Re gegründet und bauen gerade unsere vierte Windkraftanlage in Übach-Palenberg. Mittelfristig werden wir 100 Millionen Euro in regenerative Energien investieren. In Mönchengladbach ist das Lazarettgelände im ehemaligen JHQ am besten als Standort geeignet. Hier könnten wir vier bis fünf, etwa hundert Meter hohe Windräder errichten. Wenn wir das umsetzen könnten, dann brauchen wir keine weiteren Standorte in Mönchengladbach.

Welche anderen regenerativen Energien sind in Mönchengladbach möglich und sinnvoll?

Marx Wir haben gerade die Palette unserer Contractingprodukte um Solardächer erweitert. Das ist ein interessantes Angebot, das bereits gut nachgefragt wird. Der Kunde stellt hier sein Dach zur Verfügung, wir lassen die Anlage errichten und wickeln alles ab. Der Kunde erhält die Energie und zahlt dafür einen festgelegten Pachtpreis. Wir erweitern das Angebot gerade für Mehrfamilienhäuser. Neue Biogasanlagen planen wir zur Zeit nicht. Sie sind schwierig zu betreiben und bei den aktuellen Einspeisevergütungen nicht interessant.

Wie sieht es mit Elektromobilität aus? Ist das ein Thema für die NEW?

Marx Wir behalten die Entwicklung im Auge. Am Blauhaus auf dem Hochschulcampus werden wir Car-Sharing mit Elektrofahrzeugen anbieten, die Studenten und Hochschulmitarbeiter für das Pendeln zwischen Krefeld und Mönchengladbach nutzen können.

Mit den klassisches Geschäftsfeldern Strom, Gas, Wasser lässt sich nicht mehr so viel Geld verdienen wie früher. Was ist die neue Geschäftsidee?

Marx Das Contracting, nicht nur bei den Solardächern, ist sehr erfolgreich. Wir stellen den Kunden Wärmepumpen in den Keller und kümmern uns um alles, der Kunde zahlt nur den Wärmepreis. Unsere Online-Angebote funktionieren sehr gut. Wir gewinnen damit deutlich mehr Kunden, als wir in unseren Grundversorgungsgebieten durch Wechsel verlieren. Fusionen und Kooperationen spielen eine immer größere Rolle. Je größer das Netz ist, desto wirtschaftlicher lässt es sich betreiben.

Heißt das, dass die NEW in Zukunft auch überregional agieren wird?

Marx Die Online-Angebote wirken überregional, aber grundsätzlich bleiben wir unserem Leitbild treu. Regionalität ist uns wichtig. Beim Vertrieb stellen wir uns breiter auf.

Das Kanalnetz und seine Sanierung sorgen für ständige Baustellen in der Stadt. Wo stehen wir heute?

Marx Wir haben von der Stadt ein 1350 Kilometer langes Kanalnetz übernommen, das in den letzten hundert Jahren entstanden ist. Die Sanierung ist deshalb ein permanenter Prozess. Wir investieren jedes Jahr circa 15 Millionen Euro. Das ist auch deshalb notwendig, weil der Gewässerschutz immer wichtiger wird und die EU-Wasserrichtlinie umgesetzt werden muss. Durch die Renaturierung des Bungtbaches ist nicht nur ein wunderbarer Landschaftsraum entstanden, sondern es gibt jetzt auch 50 000 Kubikmeter zusätzlichen Rückhalteraum.

Welche Bau- und Sanierungsmaßnahmen sind als Nächstes geplant?

Marx Im östlichen Stadtgebiet verläuft der Schmutzwasserhauptsammler entlang der Niers in Richtung Klärwerk Neuwerk. Er muss erneuert werden. Damit werden aber keine größeren Verkehrsbehinderungen verbunden sein.

Verkehr ist ein gutes Stichwort. Kann man das Busnetz in Mönchengladbach ganz anders aufstellen? Müssen alle Busse über Rheydt und Mönchengladbach fahren?

Marx Die Linienführung und -bündelung wird gerade überprüft. Es haben Befragungen stattgefunden und die Stadt entwickelt ihren Nahverkehrsplan. Bei der Linienführung gibt es sicher Verbesserungspotenzial. Aber ich glaube nicht, dass es eine komplett neue Netzstruktur geben wird.

Sprechen die Frequenzen und die Fahrgastzahlen für neue Linien und andere Taktungen?

Marx Es gibt sicher Linien, deren Führung und Taktung verändert werden muss. Es müssen auch nicht so viele Linien über den Alten Markt fahren. Aber das Ganze ist ein hochkomplexes System: Die Verknüpfungen und Anschlüsse müssen weiter passen. Und man muss die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. Die neue Anbindung des Gewerbegebiets Güdderath zum Beispiel kostet 500.000 Euro. Insgesamt entstehen beim ÖPNV Verluste von circa 16 Millionen Euro im Jahr, die mit den Gewinnen, die die NEW in anderen Bereichen macht, über den steuerlichen Querverbund wie die Bäder mit der Stadt verrechnet werden.

Sind mehr Elektrobusse ein Thema?

Marx Elektrobusse sind wirtschaftlich noch nicht darstellbar. Sie sind zur Zeit noch zwei- bis dreimal teurer als ein normaler Bus. Aber wir haben einige Hybridfahrzeuge im Einsatz.

Das Blauhaus, das gerade auf dem Hochschulgelände eröffnet wird, ist ein architektonisches Highlight. Wann ist es fertig?

Marx Das Gebäude ist Ende September baulich fertig gestellt. Die Eröffnung ist für den 6. November geplant und es spricht alles dafür, dass der Termin gehalten wird. Wir werden dann schon ein belebtes Gebäude präsentieren können. Im Showroom werden wir innovative Technologien zeigen können. Die Kooperation mit der Hochschule wird verstärkt und es wird Platz für Start-up-Unternehmen geben, die wir unterstützen.

RALF JÜNGERMANN UND ANGELA RIETDORF FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(arie)
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