Tiere im Kreis Mettmann Junikäfer torkeln durch die Gärten

Kreis Mettmann · Viele Menschen fühlen sich derzeit durch die Verwandten der Maikäfer belästigt. Die Insekten tauchen in der Abenddämmerung plötzlich auf und fliegen auch Menschen an. Biologe Wolfgang Gettmann sieht das entspannt.

Foto: pixabay/MelaniMarfeld

Abends in der Dämmerung sitzen Vanessa Lorenz und ihr Mann eigentlich gerne auf dem Balkon oder im Garten – doch in den vergangenen Tagen und Wochen ist das die Zeit, in denen sie ins Haus flüchten. Und damit sind sie nicht allein.

Das liegt nicht am bescheidenen Wetter, sondern an Insekten, die zwischen 21 und 22 Uhr besonders aktiv werden: der gerippte Brachkäfer, auch Junikäfer genannt. Die Insekten aus der Familie der Blatthornkäfer fliegen zu dieser Zeit massenhaft durch die Luft, um sich zu paaren. Dabei stellen sie sich jedoch nicht besonders gekonnt an – sie sind auch unter dem Namen Torkelkäfer bekannt. „Die Insekten sind wirklich eine Plage“, sagt Vanessa Lorenz. Sorgen macht sich die Hildenerin auch um ihren Rasen. Einige Anwohner in Mettmann, Erkrath und Wülfrath sprechen schon von einer regelrechten Plage.

Biologe und Insektenexperte Wolfgang Gettmann freut sich hingegen über die Käferschar, die in diesem Jahr besonders groß zu sein scheint – wie beim Maikäfer gibt es Jahre, in denen die Insekten besonders häufig vorkommen. „Es gibt nicht mehr so viele Insekten wie früher – da sollten wir froh sein, jetzt mal wieder ein paar mehr zu sehen“, sagt der ehemalige Direktor des Aquazoos in Düsseldorf. Seit mehr als 50 Jahren beobachtet der promovierte Biologe einen rapiden Rückgang an Insekten.

„Die Käfer legen ihre Eier in den Boden, die Larven fressen dann die Graswurzeln“, erklärt Gettmann. Erwachsene Insekten „laben sich an Blättern“, sagt er, vor allem an denen der Linde. Den Pflanzen mache das nichts aus, sie verkraften das. Wenn der Käfer schlüpft, hat er rund zwei Wochen für die Paarung Zeit. Dann stirbt er. „Er muss sich also beeilen“, sagt Gettmann. Sobald das Männchen das Weibchen befruchtet hat, stirbt es. Das Leben des Weibchens endet nach der Eiablage.

„Für Menschen sind der Junikäfer und seine Verwandten – der größere Maikäfer und der metallisch glänzende Julikäfer – nicht gefährlich“, sagt Gettmann. Sie könnten weder beißen noch stechen. Sie sind allerdings sehr groß und „torkeln“ auf der Suche nach einem Partner durch die Luft. Dabei halten sie sich vorzugsweise an Bäumen oder Häusern auf, teilweise zu Hunderten. Auf dem Weg von ihrem Versteck am Tag – in der Regel Hecken und Büsche – dorthin fliegen sie versehentlich auch Menschen an, landen auf ihnen oder auf den Gartenmöbeln. Wer das Insekt nicht kennt und wer nicht weiß, dass es ungefährlich ist, kann durchaus Angst bekommen. Aber: „Niemand muss in Panik verfallen“, sagt Gettmann.

Der Junikäfer und seine Verwandten sind laut dem Biologen ein wichtiges Glied in der Nahrungskette. Vögel, Fledermäuse und andere Insekten fressen sie. „Die Käfer liegen aber auch recht häufig auf dem See und werden dann von Fischen gefressen“, sagt Wassersportler Wolfgang Gettmann.

Sein Wunsch: „Die Menschen sollten die Käfer nicht jagen, sondern sich auf einen Stuhl setzen und sie beobachten“, sagt er. Den Kindern sollten sie dann alles erzählen, was sie über die Junikäfer wissen. „Wichtig ist, den Kindern zu erklären, dass das keine bösen Tiere sind.“ Verirrt sich ein Junikäfer mal ins Haus, sollten sie vorsichtig mit einer Kehrschaufel aufgenommen und wieder in die Natur entlassen werden. „Bitte auf keinen Fall Gift sprühen“, sagt Gettmann.

Wer Angst um seinen Garten hat, kann auch zu einem natürlichen Feind greifen: Entomopathogene Nematoden sind winzig kleine Fadenwürmer, die es im Fachhandel zu kaufen gibt. Sie werden in Wasser gelöst über die Gießkanne im Garten verteilt und töten die Käferlarven. Aber laut Wolfgang Gettmann überlebt der Rasen die Junikäfer-Larven, die so genannten Engerlinge, auch ohne größere Schäden.

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