Ehrenamt in Leverkusen „Anderen helfen? Das ist keine Frage“

Leverkusen · Drei Bayer-Mitarbeiter haben eine Initiative auf den Weg gebracht, die Kollegen miteinander vernetzt, die ehrenamtlich tätig werden wollen. Svenja Pierk gehört zum Gründungstrio, das im April 2018 loslegte.

 Svenja Pierk  ist Ehrenamtlerin aus Leidenschaft. Wenn andere sagen, mach mal langsam, winkt sie ab. Das, was man für seine Hilfe zurückbekomme, sei unbeschreiblich schön.   Foto: Uwe Miserius

Svenja Pierk  ist Ehrenamtlerin aus Leidenschaft. Wenn andere sagen, mach mal langsam, winkt sie ab. Das, was man für seine Hilfe zurückbekomme, sei unbeschreiblich schön. Foto: Uwe Miserius

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Fünf Worte reichten für eine erfüllte Freizeit neben einem Vollzeitjob aus: Haus, Garten, Yoga, Mann, Familie. Bei Svenja Pierk kommt ein Dreisilber hinzu, um das Privatleben vollkommen zu machen: Ehrenamt. Die Geschichte dazu entspinnt sich an einem Abend im April vor einem Jahr. Pierk sitzt mit ihren Kollegen Martin Eckardt und Ali Cengiz in einem Besprechungsraum in einem Chempark-Gebäude. Sie brüten über einer Präsentation. Brüten ist ein passendes Wort. Denn das Trio brütet nebenbei noch einen Gedanken aus: Wir könnten doch etwas tun, dessen Effekt man sofort sieht. Anders gesagt: Wir könnten etwas Gutes in unserer Umgebung tun. Noch anders gesagt: Wir wollen in der Freizeit anderen helfen. Svenja Pierk versprach den Kollegen, sie recherchieren, wurde so recht aber nicht fündig. Aufgeben? Das ist Svenja Pierks Sache nicht.

Sie suchte den Kontakt zu Daniela Neuendorf, Programm-Managerin bei den Bayer-Stiftungen. Dort gibt es ein Ehrenamtsprogramm, bei dem sich Mitarbeiter mit Projekten bewerben und so auf finanzielle Unterstützung hoffen können. Kurz drauf meldete sich eine Bayer-Mitarbeiterin bei Neuendorf, deren Kind die Arche Noah in Leichlingen besucht. Dort war Land unter im wahren Wortsinn. Das verheerende Unwetter im Juni hatte deutliche Spuren in der Kita hinterlassen. Neuendorf rief Pierk an. Die trommelte zehn Kollegen zusammen. „Dann haben wir an einem Samstag im August im Keller der Kita aufgeräumt und Regale zusammengebaut. Unser erster Einsatz“, erzählt Pierk, und ein Strahlen breitet sich in den Augen der 29-Jährigen aus. An dem Tag habe sie zum ersten Mal gesehen, wie unendlich dankbar Menschen seien, denen geholfen werde.

Sie blieb dran, knüpfte Kontakte. Eine ehemalige Bayer-Mitarbeiterin, die sich beim Freiwilligenzenturm Lupe engagiert, nannte Pierk, Eckardt und Cengiz etliche Projekte. „Welches wollt Ihr übernehmen? hat sei gefragt. Wir haben gesagt: Alle“, erzählt die junge Frau, die im Einkauf bei Bayer arbeitet.

Mittlerweile hat die „Prosi“-Initiative von Pierk und ihren Kollegen Früchte getragen. Eine Plattform ist entstanden, auf der sich Bayer-Mitarbeiter eintragen können, die an bestimmten Tagen Freizeit für ein Projekt zur Verfügung haben, die samstagsvormittags kräftig anpacken wollen oder sich unter der Woche in einer Flüchlingseinrichtung um Kinder kümmern. Pierk koordiniert Termine und Freiwillige, aktuell für das mittlerweile 34. Projekt. „Ich glaube, der letzte Mensch, an den ich denke, bin ich“, sagt Svenja Pierk. „Das zieht sich durch mein bisheriges Leben. Freunde sagen, mach mal langsam. Aber zu helfen, das ist keine Frage für mich.“ Sie macht es einfach.

Daniela Neuendorf weiß dieses Engagement zu schätzen: „Unser Ehrenamtsprogramm für Mitarbeiter  und Pensionäre gibt es weltweit. Eine Jury sucht die Projekte aus den Bewerbungen aus. Was gefehlt hat und durch Prosi gefüllt wird, ist diese Plattform wo Mitarbeiter sagen können: Am Samstag hab ich Zeit, wo kann ich helfen.“

 Manche Kollegen, erzählt Svenja Pierk, „sind bei den Projekten richtig aufgeblüht, es gibt eine ganz andere Art der Begegnung bei solchen Terminen.“ Gut eine Stunde pro Tag ist sie in ihrer Freizeit mit der Organisation beschäftigt. Oder sie backt Kuchen. Denn neben den aktiven Projekten initiierte Prosi auch noch eine Spendenaktion. Heißt: Kaffee und Kuchen gegen eine Spende der Mitarbeiter. Gesammelt wird dabei immer für ein konkretes Projekt, etwa für die Reittherapie eines Flüchlingskindes aus Eritrea.

Insgesamt seien so rund 300 Kollegen „irgendwie involviert. 60 Aktive bieten regelmäßig ihre Hilfe an. Bei vielen Einsätzen brauchen wir nur fünf bis sechs Leute“, sagt sie. Die Aktionen sind mitunter keine Eintagsfliegen. „Uns gucken die Leute erst immer komisch an, wenn wir sagen, dass wir wiederkommen.“ So besucht ein Prosi-Grüppchen regelmäßig den Freizeittreff für Menschen mit Behinderung in Manfort.

Nachdem sie angefangen hatten mit der ehrenamtlichen Hilfe, hat sich Svenja Pierk schlecht gefühlt, „weil wir mit unserer Hilfe noch nicht mal aus Leverkusen rausgekommen sind. Hier ist einfach so viel zu tun“, sagt sie und wünscht sich, das Netzwerk der Helfer von Bayer noch zu vergrößern. Und noch mehr Menschen zu treffen, denen das Herz aufgeht, wenn sie helfen können. Der Wert, den man bekomme, wenn man nur ein paar Stunden für andere gebe, sei unbeschreiblich. Umarmungen, selbst gemalte Bilder, Briefe, ein Lächeln. Wieder legt sich ein Strahlen in Svenja Pierks Blick.

Und die Projekte, die nicht übers Ehrenamtsprogramm finanziert werden? Bleiben nicht auf der Strecke. „Die machen wir trotzdem.“

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