Wirtschaftsgeschichte Bayer prämiert seit 110 Jahren gute Ideen

Leverkusen · Im Sommer 1909 fing alles mit einem Aushang am Schwarzen Brett der Bayer-Direktion unter Carl Duisberg an.

 Mehr Sicherheit in der Produktion, das ist bis heute ein Bereich, für den zahlreiche Ideen von Mitarbeitern in Bayers Ideen-Pool eingehen,  Vor 110 Jahren wurden dafür verschlossene Kästen im Werk angebracht.

Mehr Sicherheit in der Produktion, das ist bis heute ein Bereich, für den zahlreiche Ideen von Mitarbeitern in Bayers Ideen-Pool eingehen,  Vor 110 Jahren wurden dafür verschlossene Kästen im Werk angebracht.

Foto: Bayer

Schlosser Wilhelm Wolf war der Erste. Kaum hatte er die Nachricht am Schwarzen Brett gelesen, setzte er einen Brief auf: „Bezugnehmend auf den Anschlag betreffend Prämierung zu Unfall-Verhütungsvorschriften pp. erlaube ich mir eine Erfindung anzuzeigen, welche in einem selbstthätigen Entwässerungsventil für Dampfleitungen besteht“, schrieb er. „Der Zweck ist der, daß eine abgesperrte Dampfleitung sich selbstthätig entwässert und beim Anstellen des Dampfes die vorhandene Luft und das sich anfangs bildende Wasser entweicht sowie bei vollem Dampfdruck schließt.“ Die Ersparnis: Ein Heizer müsse nicht mehr die 400 Meter bis zum Entwässerungsventil zurücklegen, sich nicht erst überzeugen, ob das Ventil geöffnet ist, und „nach dem Aufdrehen braucht der Heizer nicht hinzugehen, um es abzusperren. Es kann passieren, daß durch Nichtöffnen des Entwässerungsventils Rohre oder Faconstücke auseinanderfliegen und hierdurch Unfälle und Betriebsstörungen veranlasst werden, was durch meine Erfindung vermieden wird.“

Das war im Juli vor 110 Jahren, als Bayer eine Idee in die Tat umsetzte, die sich bis heute bewährt hat: „Bares Geld für gute Ideen“. Die Direktion hängte damals  eine Bekanntmachung aus und veschlossene Kästen für die Mitarbeiterideen. „Diese Kästen werden jeden Samstag geleert und die eingegangenen Vorschläge alsdann von seiten des Allgemeinen Ausschusses der Arbeiter geprüft.“ Dieser sollte Vorschläge für die Prämierung an die Bayer-Direktion unter Carl Duisberg melden.

Im Fall Wolf hat das geklappt. Die Erfindung des Schlossers, die er in wohlfeilen Worten beschrieb, brachte ihm 100 Mark Prämie ein – in bar.  Duisberg hatte sich überlegt,  dass zwar der Urheber einer „schutzfähigen Erfindung, die zu einem Patent führt, und dem Unternehmen Vorteile gegenüber der Konkurrenz veschafft, beteiligt wird. Aber Urheber von nicht schutzfähigen aber fürs Unternehmen innerbetrieblich vorteilhaften Ideen  nicht“. 1907 hatte bereits ein Bayer-Mitarbeiter einen Verbesserungsvorschlag eingereicht – auch ohne Direktionsaushang.

 In feiner Handschrift reichte Wilhlem Wolf am 16. Juli 1909 seine Erfindung ein. 50 Jahre danach wurde auch eine Idee seines Sohnes prämiert.

In feiner Handschrift reichte Wilhlem Wolf am 16. Juli 1909 seine Erfindung ein. 50 Jahre danach wurde auch eine Idee seines Sohnes prämiert.

Foto: Bayer

Die Geschichte der Verbesserungsideen ist wechselhaft: 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, gab es nur drei Vorschläge, 1945 keinen. Von 100 Mark für Wolf vor 110 Jahren kletterten die Prämie in die Höhe. 1987 etwa lag die Höchstprämie für einen „Erfinder“ bei 30.200 DM.

Mehr als 20 Jahre später ist die Prämie weiter geklettert, die Vorschlagsvielfalt auch, 2018 führten die Mitarbeiter-Ideen im Bayer-Ideen-Pool zu 1977 Verbesserungsvorschlägen, etwa bei Arbeitsabläufen, Umwelt- und Gesundheitsschutz, Sicherheit. „Von den insgesamt 817 realisierten Verbesserungsvorschlägen wurden 380 Ideen zum Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz umgesetzt und prämiert“, sagt Bayer und geht von einem Gesamtnutzen von 4,2 Mio. Euro aus. „Insgesamt belohnte das Unternehmen Verbesserungsvorschläge mit Prämien und Anerkennungsbeträgen in einer Gesamthöhe von rund 596.000 Euro“, ergänzt ein Sprecher. „Die höchste im Jahr 2018 für einen Verbesserungsvorschlag ausgezahlte Prämie betrug 45.000 Euro.“

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