Kreis Heinsberg Verteilung von Jodtabletten verzögert sich

Kreis Heinsberg · 700.000 Jodtabletten lagern im Heinsberger Kreishaus. Nach einem möglichen atomaren Störfall soll deren Einnahme die Bürger vor Schilddrüsenkrebs schützen. Doch weil das Verfallsdatum fehlt, dürfen sie vorerst nicht verteilt werden.

 Auf den Verpackungen der Jodtabletten im Kreishaus befindet sich kein Verfallsdatum. Darum dürfen sie vorerst nicht verteilt werden.

Auf den Verpackungen der Jodtabletten im Kreishaus befindet sich kein Verfallsdatum. Darum dürfen sie vorerst nicht verteilt werden.

Foto: Kreis Heinsberg

Die Sorge in der Region vor einem atomaren Störfall in dem als marode geltenden belgischen Atomkraftwerk Tihange, nur 60 Kilometer vom Kreis Heinsberg entfernt, ist groß. Der Kreis Heinsberg hat deshalb beschlossen, vorsorglich Jodtabletten an die zehn Städte und Gemeinden zu verteilen, um diese im Notfall schnell an die Bürger weitergeben zu können. Doch ob die 700.000 Jodtabletten, die vom Land NRW bereitgestellt wurden und nun im Heinsberger Kreishaus lagern, überhaupt für eine Vorverteilung verwendet werden können, ist fraglich: Auf den Verpackungen der Jodtabletten gibt es kein Verfallsdatum.

Die Jodtabletten sollten als vorbeugende Maßnahme zum Schutz gegen eine befürchtete Verstrahlung durch einen Atomunfall in Tihange an die Kommunen weitergegeben werden, zum Beispiel in die Rathäuser oder Feuerwehrwachen. Landrat Stephan Pusch informierte am Dienstagabend während der Sitzung des Kreisausschusses darüber, dass "seitens des Landes unter anderem noch Fragestellungen aus den Bereichen Medizin und Pharmazie geklärt werden müssen". Die ursprünglich avisierte Vorverteilung der Jodtabletten zum Ende des Jahres 2016 könne deshalb nicht mehr verwirklicht werden. Bislang sei eine Vorverteilung von Jodtabletten nur im Einzelfall und unter ganz bestimmten Bedingungen möglich, unter anderem, dass die Einnahme nur mit einem Bezugsberechtigungsschein und nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Katastrophenschutzbehörde erfolgen dürfe. Das Konzept der Vorverteilung soll laut Landrat Stephan Pusch nun unter Berücksichtigung mehrerer Eckpunkte überarbeitet werden. "Derzeit wird davon ausgegangen, dass eine Vorverteilung der Jodtabletten in der Region Aachen in den ersten Monaten des Jahres 2017 erfolgen wird", sagte Pusch.

Der Landrat plant außerdem, für den Kreis Heinsberg beim Land NRW Feinstaubmasken zum Schutz von Kindern im Alter von sieben bis zwölf Jahren anzufordern. Sollte das Land dazu nicht bereit sein, müsste für den Kreis Heinsberg entschieden werden, ob diese auf eigene Kosten angeschafft werden. Atemschutzmasken für Erwachsene sind im Handel erhältlich. Die Kosten für den Kreis Heinsberg würden sich für die Altersgruppe sieben bis zwölf Jahre vermutlich auf rund 35.000 Euro belaufen (2,50 Euro pro Stück für rund 14.000 Kinder im Kreis Heinsberg). "Generell möchte ich mitteilen, dass das Krisenmanagement und die Gefahrenabwehrplanung im Kreis Heinsberg zur Bewältigung von Großeinsatzlagen und Katastrophen, wie zum Beispiel ein nuklearer Unfall am Kernkraftwerk Tihange, laufend überprüft und weiter ausgebaut werden", sagte Pusch. Als Beispiel nannte der Landrat die Einrichtung eines Bürgertelefons zur Bevölkerungsinformation bei Großeinsatzlagen und Katastrophen, mit welcher der Kreis Heinsberg zurzeit beschäftigt sei. Außerdem absolvierten bereits mehrere Mitarbeiter der Kreises Heinsberg aus dem Krisenstab ein Seminar an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Bad Neuenahr-Ahrweiler (AKNZ). "Die praktische Übung war ein nuklearer Unfall am Kernkraftwerk Tihange mit Austritt von radioaktivem Material. In diesem Zusammenhang wurde eine Teil-Evakuierung der Stadt Übach-Palenberg geübt, da die Wasserversorgung der Bevölkerung in Übach-Palenberg durch radioaktives Material in Gefahr war", teilte der Landrat mit.

Als Erkenntnis sei insgesamt festzuhalten, dass der Kreis Heinsberg für den Ernstfall gut aufgestellt sei. Pusch: "Ich möchte abschließend feststellen, dass alle beschriebenen Maßnahmen natürlich einen großen materiellen, technischen und personellen Aufwand verursachen, der zur erfolgreichen Bewältigung einer Krisenlage notwendig ist, auch wenn alle Beteiligten der Wunsch eint, dass - unabhängig vom Atomkraftwerk Tihange - eine Großeinsatzlage niemals eintreten möge."

(RP)
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